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Gethsemane
von Walter Uhsadel

LeerGethsemaneDie Gethsemanedarstellung der Holztür von St. Maria im Kapitol in Köln gehört zu den eindrucksvollsten, die wir auf deutschem Boden kennen. Sie mag das Auge, das an formenreichere Darstellungen gewöhnt ist, zunächst befremden. Aber je mehr man sich in sie vertieft, desto stärker wird man von ihrer inneren Macht ergriffen. Hier ist auf alles Beiwerk, auf alle malerischen Motive verzichtet. Kein Baum und Strauch, kein zerklüfteter Fels, kein Gartentor mit Fackelschein. Nur die menschlichen Gestalten auf der nackten Erde. Und auch diese Gestalten fast nur angedeutet, wie mit der Erde verwachsen oder grob aus ihr geformt. So werden diese Gestalten und die Erde, auf der sie ruhn, zu Zeichen. Der nächtliche Vorgang von Gethsemane wird ins Zeitlose erhoben.

LeerWie schwer lastet der Leib Christi aus der Erde, der er sich so ganz anschmiegt, als ob sie ihn in sich hineinsöge. Wie bleiern diese Hingabe an das Erdenlos des Todes. Und doch welch eine Geschlossenheit dieses Leibes. Keine Spur verzweifelnden Ringens mehr, keine unruhige Verzagtheit. Dieser stumme Mund hat bereits das befreiende Wort gesprochen. Der Mund dieses Leidenden konnte Vater sagen. Und weil er aus tiefster Seele Vater sagen konnte, konnte er auch fortfahren: Nicht wie ich will, sondern wie du willst. Der schwerste Kampf, der je in einem Menschenherzen durchkämpft wurde, ist hier beendet. Darum diese große Ruhe der Gestalt Christi.

LeerUnd darunter in scharfem Gegensatz die Jünger. In unruhigem Schlaf an den Abhang gelehnt. Es ist ein Schlaf, der Flucht vor der Entscheidung des Kampfes ist, an dem sie teilhaben sollten. Ihre Gesichter ganz abgewandt von dem Leidenden, über den Friede gekommen ist. Auch sie an die Erde hingegeben, aber nicht so mütterlich von ihr getragen, sondern als hätten sie teil an einem Bröckeln und Gleiten und Dahinsinken. Die Angefochtenen, die Bedrohten, die nicht ahnen, was mit ihnen geschieht. Verloren an die Schwäche des Fleisches, des Irdischen, statt zu wachen und gerüstet zu sein im Gebet.

LeerEin Bild unseres Lebens und unseres Sehnens, der Verlorenheit und des Friedens.

Evangelische Jahresbriefe 1937, S. 59-60

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-07
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