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Rom - Mekka - Dortmund
von Hans Carl von Haebler

LeerAus Rom hört man, daß nun auch ein Sekretariat für alle größeren nicht-christlichen Religionen eingerichtet werden soll. In der Einrichtung einer solchen Behörde könnte man ein Zeichen dafür sehen, daß der Vatikan keinen allzu großen Unterschied zwischen Nicht-Katholiken und Nicht-Christen macht: Beide bekommen ihr Sekretariat, damit die römische Kirche in ständigem Kontakt mit der Welt bleibt und auf sie Einfluß nehmen kann. Demgegenüber würde dann die Einung der Kirchen eine untergeordnete Rolle spielen. Aber auch wenn dem so wäre, müßten wir unsere konfessionellen Ressentiments überwinden. Offenbar versteht Johannes XXIII. sein Amt - mehr als alle seine Vorgänger, in Erkenntnis der geschichtlichen Stunde - als Amt an der ganzen Menschheit; vielleicht teilt er auch die Meinung ökumenisch denkender Theologen, wonach auch den Nicht-Christen Wahrheiten anvertraut sind und wonach es keine Wahrheit geben kann, die nicht von Christus kommt. Jedenfalls würde ein solches Sekretariat für Nicht-Christen deutlich machen, daß Jesus Christus gekommen ist, um die ganze Welt heimzuholen, und es würde vielleicht auch den Christen Linderung verschaffen, die in nicht-christlichen Ländern heute keine Protektion mehr genießen, sondern unerwünscht sind und stellenweise sogar unterdrückt.

LeerIch denke dabei zur Zeit an die christliche Negerbevölkerung im südlichen Sudan. Dem Islam, der sich dort als allgemeine Religion durchsetzen will und der doch andererseits die Freiheit in Anspruch nimmt, in christlichen Ländern zu missionieren - erst kürzlich wurde vom Bau einer Moschee in Aachen berichtet -, ist in diesem Heft ein kenntnisreicher Aufsatz (von Hermann Schneller) und eine Buchbesprechung gewidmet. Seiner ganzen Natur nach muß ihm die ökumenische Offenheit, die heute geboten ist, am schwersten fallen (während Christus uns, wie Wilhelm Stählin zeigt, Heiden sogar als Vorbilder vor Augen führen kann). Immerhin war bei der brüderlichen Agape, die anläßlich des Besuches von Kardinal Bea kürzlich in New York gefeiert wurde, auch ein Vertreter des Islam zugegen.

LeerDer Deutsche Evangelische Kirchentag, der vom 24. bis 28. Juli in Dortmund zusammenkommt, scheint, dem Programm nach, die ökumenischen Fragen ausgeklammert zu haben (abgesehen von dem jüdisch-christlichen Gespräch). Aber einige Themen könnten doch darauf hinführen, und jedenfalls wird dieser Kirchentag im Hinblick auf den modernen Säkularismus einige Antworten geben müssen. Dieser Säkularismus ist zwar keine Konfession oder Religion, aber er ist die weltweite, den Kommunismus einschließende, Häresie des 20. Jahrhunderts, die wir nur bewältigen werden, wenn wir das, was an ihr christlich ist, aufnehmen und verwirklichen, der Aufweichung des Evangeliums im Sinne eines bloßen Humanismus aber widerstehen.

LeerDer Ökumene in ihrer geschichtlichen Tiefendimension ist Karl Eichmeyers Studie über die Eucharistie bei den Kirchenvätern gewidmet, die dem Besucher der evangelischen Messe hilfreich sein wird, ferner Albert Buffs Beitrag über Heinrich Thiersch (in den Buchbesprechungen) und die eindrucksvolle Lebensgeschichte des großen holländischen Gelehrten Hugo Grotius, ein Vorabdruck aus dem 4. Bande der „Wolke der Zeugen” von Jörg Erb, den der Verfasser und der Johannes Stauda-Verlag uns in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt haben.

Quatember 1964, S. 144

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-12-02
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