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Die zwei Altäre
von Hans Carl von Haebler

LeerOffenbarung 6Die nebenstehenden Bilder, die einer umfangreichen und ausführlichen Illustration der Apokalypse aus der Zeit um 1200 angehören, zeigen zwei Altäre. Das erste Bild schildert, dem 6. Kapitel der Offenbarung folgend, wie das Lamm das fünfte Siegel auftut und der Seher Johannes die Seelen der Märtyrer unter dem Altar erblickt. Nackt und bloß strecken sie ihre Arme aus und schreien mit großer Stimme: „Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rächst unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?” Sie tun keine Fürbitte, sondern verlangen danach, daß sich Gottes Gerechtigkeit erfüllt, und der Engel, der am Altar steht, weist sie nicht zurück, sondern trägt ihre Gebete zu Gott empor. Gott hat Verständnis für ihre Klage und Anklage. Sie werden mit einem weißen Gewand überkleidet, und es wird ihnen gesagt, daß sie noch eine kleine Zeit ruhen sollen, „bis daß vollends dazukämen ihre Mitknechte und Brüder, die auch sollten noch getötet werden gleich wie sie”.

LeerOffenbarung 13Noch übt der Teufel seine Herrschaft auf Erden aus. Im 13. Kapitel, dem Thema unseres zweiten Bildes, erfahren wir, daß er einem Tier die Macht gegeben hat. Dieses Tier, das sieben Häupter und zehn Hörner hat und einem Panther mit Bärentatzen und Löwenrachen gleicht, ist zwar tödlich verwundet, aber durch ein Wunder wieder lebendig geworden. Es ergeht sich in Gotteslästerungen und verfolgt die Heiligen. Man wird bei ihm zunächst an Nero zu denken haben, von dem eine Sage ging, daß er nicht gestorben wäre, sondern an der Spitze eines Heeres wiederkehren würde. Aber Nero ist nur das Bild für den Antichrist, dem es gegeben ist, die Geduld und den Glauben der Heiligen auf die Probe zu stellen.

LeerUnsere Darstellung zeigt noch ein zweites Tier, von dem die Apokalypse sagt, daß es, gleichwie das Lamm, zwei Hörner hat, dabei aber wie ein Drache redet (13, 11). Dieses zweite Tier verführt die Menschen dazu, das erste abzubilden und anzubeten, ja es vermag sogar dem Bild Leben einzuflößen, so daß es reden und bewirken kann, daß diejenigen getötet werden, die ihm die Anbetung verweigern. Gott nachäffend nimmt der Teufel trinitarische Züge an: Der Drache selber, der dem ersten Tiere die Macht und den Thron gegeben hat und der durch das zweite Tier redet, macht sich zum Gegenspieler des Schöpfergottes; das erste Tier, das tödlich verwundet war, aber wiederkehren wird und in seinem Bilde angebetet sein will, ist der Antichrist; und im zweiten Tier, das den Antichrist auf dem Altar des Teufels inthronisiert und seinen Kult einführt, erkennen wir den Widerpart des Heiligen Geistes.

LeerDie Ungeduld der Märtyrer ist begreiflich. Wie könnten sie ihrer Seligkeit froh werden, solange das Schreckensregiment der teuflischen Trinität anhält! Aber am Tage des Gerichts, wenn der Altar des Lammes sich in den Thron des Richters verwandeln wird, wird auch das Geheimnis des Bösen seine Erklärung finden.

Quatember 1963, S. 145

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-06
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