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von Hans Carl von Haebler |
Die lange Pause zwischen der zweiten und dritten Session des Konzils stellt unsere Geduld auf eine harte Probe. Angesichts der noch bevorstehenden Entscheidungen, die sich zwar abzeichnen, für die aber noch viel Spielraum bleibt, haben unsere evangelischen Landeskirchen vor voreiligen Hoffnungen gewarnt und eine abwartende Haltung empfohlen. Warten wir also ab! Aber verstehen wir dieses Abwarten nicht so, als wenn wir inzwischen abschalten könnten! Gott läßt uns vermutlich warten, damit wir beten lernen. Soeben wurde ich mit zwei Büchern bekannt, deren Lektüre in hohem Maße geeignet ist, die gegenwärtige Wartezeit fruchtbar zu machen: Die bekannten Konzilstheologen Yves Congar O. P., Hans Küng und Daniel O'Hanlon haben aus den auf der zweiten Session gehaltenen Ansprachen diejenigen herausgegriffen und zusammengestellt, die im Geiste der Eröffnungsansprache Pauls VI. gehalten waren und sich mit dem Selbstverständnis und der Erneuerung der Kirche, mit der Wiedervereinigung der Christen und dem Dialog mit der Welt befaßten (Konzilsreden. Benziger Verlag, Einsiedeln 1964, 218 Seiten, 9.80 DM). Bischöfe aus allen Teilen der Welt kommen zum Wort und erörtern das Priestertum aller Gläubigen, das Diakonat, die Kollegialität der Bischöfe, die Verantwortung der Laien in der Welt, Kirche und nichtchristliche Religionen und viele andere brennende Fragen. Die konzentrierten Aussagen stehen auf einem hohen geistlichen Niveau. Das andere Buch, das auf der Klappe Porträts von Luther und Johannes XXIII. zeigt und die Überschrift Ende der Gegenreformation? trägt, ist von dem evangelischen Theologen und Publizisten Johann Christoph Hampe herausgegeben und mit Vorworten von Kardinal Döpfner und Kirchenpräsident Niemöller versehen (Kreuzverlag, Stuttgart und Matthias Grünewald-Verlag, Mainz 1964, 447 Seiten, 4.80 DM). Hampe schildert und kommentiert die Vorgeschichte des Konzils und den Verlauf der ersten zwei Sessionen und bringt wichtige Ansprachen der beiden Konzilspäpste, der Konzilsväter und ihrer theologischen Berater sowie Äußerungen evangelischer Beobachter und Gäste. Aber es wäre ja schon viel geschehen, wenn die vom Rat der EKD gemachte Beobachtung, daß im römisch-katholischen Bereich Impulse der Reformation spürbar sind, das weitere Verhalten unserer Landeskirchen bestimmen würde und wenn diese sich bereit fänden, sich - wie es vom Rat formuliert wurde - gemeinsam mit Rom in der Buße aus dem Geiste Gottes erneuern zu lassen. Können wir die EKD beim Wort nehmen? Dürfen wir darauf hoffen, daß unsere Landeskirchen ihre Reformbedürftigkeit in concreto überprüfen und sich dann auch wirklich erneuern lassen werden? Wir werden abwarten müssen, was auf der Tagesordnung unserer nächsten Synoden steht - oder auch der übernächsten, und wir werden gut tun, auch diese Wartezeit betend zu nutzen. Eine Postwurfsendung des Priesterkonvertiten Dr. Cleve, die allen evangelischen Pfarrämtern zuging, hat kürzlich vor dem „Unionsrummel” und vor einer „römischen Blutvergiftung” gewarnt. Der Teufel schwinge heute die Fahne der Einheit, um die Christen zu verwirren. Die Maßlosigkeit des Ausdrucks läßt auf persönliche, unverarbeitete Konflikte schließen, die zu einer Verbindung und Verhärtung katholischer Ressentiments und protestantischer Vorurteile geführt haben. Mit der Möglichkeit, daß der Heilige Geist die Kirche hier und dort aufs neue beleben kann, wird überhaupt nicht gerechnet. Es ist aber anzunehmen, daß das Flugblatt seine Leser finden wird. Deshalb sollte man sich damit befassen, freilich nicht in polemisierender Einseitigkeit, sondern in gemeinsamer theologischer Verantwortung. [Der Spiegel 1962 über Pfarrer Dr. Cleve] Quatember 1964, S. 127-128 |
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