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Die Jesus-Bruderschaft
von Gerhard Jan Rötting

Vorbemerkung des Webmasters: Dieser Artikel hat historische Bedeutung hinsichtlich der Entwicklung evangelischer Kommunitäten im deutschsprachigen Raum. Aktuelle Informationen zu der Jesus-Bruderschaft finden Sie unter www.jesus-bruderschaft.de

LeerZu den Kommunitäten, die im vergangenen Dezember in Kirchberg zusammenkamen, gehörte auch die Jesus-Bruderschaft, die viele Leser nur vom Hörensagen her kennen werden. Wer sich genau unterrichten will, findet in Lydia Prägers Buch Frei für Gott und die Menschen gute Auskunft. Danach ist die Jesusbruderschaft aus Begegnungen Jugendlicher hervorgegangen, die von 1955 bis 1957 in evangelischen Gemeinden als „Wochen unter Gottes Wort” gehalten wurden. Aus diesen Begegnungen, die zu Erweckungen führten, ging ein Gebetskreis hervor, der sich 1961 zu einer Bruderschaft zusammenschloß. Kürzlich hat ihr Leiter Gerhard Jan Rötting nun auch in einem Brief an die Freunde der Jesus-Bruderschaft eine Selbstdarstellung gegeben, der wir nachstehende Auszüge entnehmen:

Leer„1961 begann diese bruderschaftliche evangelische Bewegung. Ledige Männer und Frauen, aber auch junge Familien zählen zu ihren Mitgliedern. Während die Familien einander überregional zugeordnet sind, leben die Brüder und Schwestern jeweils zu dritt Wohn- in und Lebensgemeinschaften, den sogenannten Kommunitäten. (Solche Brüder-Kommunitäten gibt es z. Z. in Ludwigshafen, Hamburg, Gent [Belgien] und Dübendorf [Schweiz], Schwesterkommunitäten in Ludwigshafen, Hamburg und Bern. Anm. d. Schriftleitung)

LeerAm Arbeitsplatz werden wir sie nicht an äußeren Dingen erkennen. Wie ihre Kollegen leben und arbeiten sie in Industrie-Betrieben, in kaufmännischen, sozialen und pädagogischen Berufen, als Ingenieure, technische Zeichner oder als Studenten, Angestellte oder Arbeiter. Sie haben ein Motto, das deutlich macht, wie sie ihren Auftrag verstehen:
Rede nur, wenn du gefragt wirst, aber lebe so, daß man dich fragt!
LeerSchon seit Monaten arbeitet ein Bruder in seiner Abteilung, ohne daß seine Mitarbeiter um dessen eigentlichen Auftrag wissen. Still steht er dazwischen, wenn Spannungen zwischen Kollegen oder zum Abteilungsleiter die Atmosphäre vergiften. Die Kollegen wissen, daß sie mit ihren Anliegen ernst genommen und verstanden werden. Da und dort geht ein Kollege oder Kommilitone aus seiner letzten Reserve heraus und fragt zentral. Er sucht Leben aus Gott.

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LeerDie Dynamik dieser jungen evangelischen Ordensleute liegt nicht in ein wenig Mit-Menschlichkeit. Sie haben sich der Liebe Gottes geöffnet, und diese Liebe hat ihr Leben radikal verändert.

LeerSie wollen nicht nur ein wenig Liebe haben, sondern Liebe sein. Neben ihrer Präsenz in der Welt wissen die jungen evangelischen Brüder und Schwestern um ihren Auftrag in der Kirche. Dort versuchen sie die Liebes-Einheit zu leben. Als Lutheraner, Reformierte und Unierte, aber auch als Glieder evangelischer Freikirchen möchten sie eine Einheit sein, die das Evangelium nicht nur miteinander hört: sie wollen es leben. Diese Liebes-Einheit wollen die Brüder und Schwestern der Jesus-Bruderschaft auch über die Grenzen der evangelischen Kirchen und Gruppen hinaustragen. Montags bis freitags, während die Brüder und Schwestern zur Arbeit gehen, ist es schwierig, Gäste aufzunehmen, außer am Abend, wo immer wieder Fremde und Bekannte kommen, um auszutauschen oder seelsorgerlichen Rat erhalten. Aber zu den Wochenenden laden sie Gäste, die am geistlichen Leben der Brüder und Schwestern teilhaben wollen, zu Retraiten, Tagen der Stille ein. In der Stille überdenken sie ihren Stand neu und gewinnen im Hören auf Gott eine Initiativ-Schau für ihr Leben.

LeerJunge Männer und Frauen können in einem einjährigen Seminar, der Lebens-Schule, das gemeinsame Leben der Brüder und Schwestern, seine Spannungen und Freuden, ihr Geld und ihre Zeit miteinander teilen. Die Schüler und Schülerinnen arbeiten halbtags. Vormittags nehmen sie am Unterricht teil, der die Fächer Kirchengeschichte, Bibelkunde, Dogmatik, Ethik, Seelsorge, Sport und Hauswirtschaft (auch für junge Männer) umfaßt. Die Lebens-Schule befindet sich im Zentrum der Bewegung in Gnadenthal bei Limburg an der Lahn. Im wechselnden Rhythmus von Arbeit und Unterricht ist die Schule ein Jahr der Vorbereitung für den Auftrag an Kirche und Welt. Nicht Wissensvermittlung steht im Mittelpunkt der Ausbildung, vielmehr Einführung und Einübung in das geistliche Leben. Nach dem Lebensschuljahr haben die Schüler und Schülerinnen Gelegenheit, das Erlernte, Erlebte in ihren Gemeinden und Kreisen zu praktizieren. Was in der Schule gelernt und geübt wurde, will zur Neuformierung der Kirche und zur Neuorientierung des Lebens fruchtbar werden.

LeerStets neue Anfragen nach Rundbrief-Nachdrucken und Nachbestellungen von Grafiken führten zur Gründung des Präsenz-Verlages. Neben Faltkarten bringt er auch eine Tiefgang-Buchreihe heraus mit Beiträgen aus den verschiedenen bruderschaftlichen Gruppen und Bewegungen in Deutschland.

LeerGnadenthal, ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster aus dem 13. Jahrhundert und heute Zentrum der Jesus-Bruderschaft, will ein Seelsorge- und Stillezentrum sein: ein Ort der Sammlung und der Sendung mitten in die Welt hinein.

LeerHeute werden Männer und Frauen gebraucht, die eine Schau gewonnen haben:

LeerNicht wie wir uns die Welt denken und wünschen, sondern wie Gott sie sieht und formieren will! Das ist unser Auftrag.”

Quatember 1971, S. 123-125

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-11-07
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