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Glauben und Parapsychologie
von Karl Knoch

LeerFür den Evangelischen Kirchentag von 1973 ist innerhalb der Gruppe „Glauben” auch eine Untergruppe „Parapsychologie” vorgesehen. Damit ist eine dringende Aufgabe ins Auge gefaßt: die Klärung des Verhältnisses zwischen Parapsychologie und Glauben. In den vorbereitenden Schriften heißt es: „Unser Ziel ist, dem heutigen Menschen eine Brücke zum Glauben zu bauen, indem der Glaube durch Wissen untermauert wird.” An anderer Stelle heißt es: „Wir wollen den Menschen damit zusätzliche Hilfe geben, um entweder ihren Glauben an Gott, an Christus, an das Jenseits zu festigen (so bereits ein solcher Glaube vorhanden ist) oder um leichter zum Glauben in diesem Sinne zu kommen.” Schon diese wenigen Worte zeigen, daß das Wort „Glaube” nicht dem entspricht, was die Heilige Schrift im tiefsten Sinne unter „Glauben” versteht. Das Wort „Glaube” ist im Laufe der Zeit sehr vielschichtig geworden. Wenn es sich aber darum handelt, zu einem Glauben im biblischen Sinn zu führen, dann muß zunächst deutlich werden, was die Bibel darunter versteht.

LeerWenn Abraham der „Vater des Glaubens” genannt wird, dann deswegen, weil an ihm erkennbar wird, was mit „Glauben” gemeint ist, der durch nichts begründete Glaube, das Vertrauen auf Gott schlechthin ohne jede „Untermauerung”. Abraham traute Gott zu, daß seine Zusage erfüllt werde, obwohl menschlich gesehen alles dagegen sprach, daß er mit seiner betagten Frau noch der Vater eines großen Volkes werden könne.

LeerIm Neuen Testament wird ebenso zum Glauben an Gott aufgerufen: „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben.” Dann aber geht es um den Glauben an Jesus selbst als den von Gott gesandten Erlöser: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.” Nach Jesu Tod und Auferstehung geht es darum, daß die Menschen aufgefordert werden, an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn zu glauben. So bekennt der „Kämmerer aus dem Mohrenland”: „Ich glaube, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist.” Immer handelt es sich um die Aufforderung, so oder ähnlich das zu „glauben”, - obwohl kein Beweis, kein Zeichen und kein Wunder als Grundlage für den Glauben geschehen ist.

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LeerAuf der anderen Seite wird immer wieder auch ein Glaube erwähnt, der eben eine solche Grundlage verlangte. „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht.” Und dem „ungläubigen Thomas” wird vom Auferstandenen gesagt: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.”

LeerDiese wenigen Stellen mögen genügen, zu zeigen, daß die Bibel, vor allem das Neue Testament, unter „Glauben” ein durch nichts begründetes „Vertrauen” meint, - das „Wort” Gottes, die Botschaft von Gottes Liebe in seinem Sohn ist die einzige Quelle des Glaubens.

LeerWenn nun die Vertreter der Parapsychologie den Widerspruch der Theologen erfahren, dann ist dieser berechtigt, sofern die Parapsychologie „Beweise” bringen will, oder sofern sie eine „Grundlage” für den Glauben vermitteln will. Denn damit ist unter „Glaube” jener Glaube verstanden, den die Bibel ablehnt, weil er „Zeichen und Wunder” sehen will. Darum sollte die Parapsychologie ganz darauf verzichten, sich als Weg und Hilfe für den Glauben zu verstehen. Sie will sich ja ausdrücklich als „Wissenschaft” verstanden sehen, auch wenn sie es mit einem Gebiet zu tun hat, das jenseits unserer dreidimensionalen Welt liegt. Dieses Gebiet aber gibt es. „Die Naturwissenschaft, besonders die Kernphysik, hat Erkenntnisse gewonnen, die über diejenigen der klassischen Physik weit hinausgehen.”

LeerDarum ist es die dringend notwendige Aufgabe der Parapsychologie, unsere Erkenntnisse auszuweiten, nicht anders, wie die Tiefenpsychologie uns wertvolle Erkenntnisse über unser Seelenleben vermittelt hat. Gewiß, dadurch werden manche Berichte der Bibel über „Wunder”, über „Engel” und andere seltsame Erlebnisse verständlich und müssen nicht mehr abgetan werden als „unmöglich nach unseren Naturgesetzen”. Denn es gibt nun einmal ein weites Gebiet, das jenseits unserer Naturgesetze liegt. Dieses zu durchleuchten und zu durchforschen, ist die wichtige Aufgabe der Parapsychologie. Dazu wird es auch gehören, herauszustellen, wo Mißbrauch und Mißverständnis sich zeigen.

LeerDaß beim Kirchentag versucht wird, „einem großen Hörer-Kreis diese parapsychologischen Phänomene bewußt und deutlich zu machen”, ist eine notwendige Aufgabe. Nur sollte dabei auf den Versuch verzichtet werden, diese Erkenntnisse als „Brücke” zum Glauben oder gar zur Grundlage des Glaubens zu machen.

Quatember 1973, S. 59-60

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-01
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