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Ökumenischer Arbeitskreis in Kirchberg
von Reinhard Mumm

LeerWas tut die Michaelsbruderschaft in ökumenischer Hinsicht? Diese Frage, oft gestellt, läßt sich nicht mit einem kurzen Bericht beantworten. Wohl aber ist es angebracht, mit einer knappen Übersicht Rechenschaft zu geben von der Jahrestagung des ökumenischen Arbeitskreises.

LeerWir gehören in diesem Kreis verschiedenen Berufen und Lebensaltern an und wohnen in verschiedenen Landschaften. So hatten wir unterschiedliche Erfahrungen auszutauschen: Die International Ecumenical Fellowship (IEF) wird von mehreren Mitgliedern unserer Bruderschaft aktiv getragen. Sie entfaltet in ihren geistlichen Tagungen, dieses Jahr in Jugoslawien, ein geistliches Leben, das mit dem der Bruderschaft nahe verwandt ist. In der bayrischen Landeskirche haben sich Querverbindungen und Gemeinsamkeiten mit Kommunitäten und Bruderschaften durch die Arbeitsgemeinschaft für kirchliche Erneuerung (AKE) ergeben. Durch die Mitarbeit mancher Brüder sind heute Trauungen unter Mitwirkung von evangelischen und katholischen Pfarrern offiziell möglich geworden. An vielen Stellen fördern Brüder die theologische und die praktische Gemeindearbeit im ökumenischen Sinn. Das galt besonders für den Kirchentag in Düsseldorf. Das Zentrum der Kommunitäten und andere liturgische, ökumenische und seelsorgerliche Dienste wurden von Michaelsbrüdern mitgetragen und gestaltet. Dies alles stellt nur einen kleinen Ausschnitt dar von dem, was an vielen Orten auf mannigfache Weise geschieht.

LeerDie Michaelsbruderschaft hat sich oft an gesamtkirchlichen Aufgaben beteiligt. Zur Zeit sind die reformatorischen Kirchen in Europa mit der Frage befaßt, ob sie die zweite und nunmehr endgültige Fassung der „Leuenberger Konkordie” annehmen sollen. Die Bruderschaft kann auf den Wortlaut keinen Einfluß mehr nehmen. Sie kann aber darauf aufmerksam machen, daß eine wachsende geistliche Gemeinschaft zwischen lutherischen, reformierten und unierten Kirchen nicht absehen darf von der Katholizität der Kirche, zu der wir uns im dritten Artikel unseres Glaubens bekennen. Das heißt konkret, die Zusammenhänge von Amt und Gottesdienst, zumal die Feier der Eucharistie, müssen bedacht und in das allgemeine Bewußtsein gehoben werden. Wer nur über theologische Lehren verhandelt, ohne das geistliche Leben der Gemeinde zu berücksichtigen, redet leicht an der Wirklichkeit vorbei. Hier hat die Bruderschaft eine ihr durch ihre Regel gewiesene Aufgabe, die sie in aller Bescheidenheit, aber mit Nachdruck wahrnehmen sollte.

LeerWir haben uns ein Bild von dem verschafft, was zur Zeit über die Zusammenhänge von Eucharistie und Amt in Europa und sonst in der Welt erarbeitet worden ist. In dieser Richtung ist Erfreuliches in der Ökumene geschehen. Durch die genannten Dokumente werden die verfaßten Kirchen herausgefordert, die eucharistische Gastbereitschaft in der Form einer begrenzten gegenseitigen Zulassung zum Tisch des Herrn zu erklären. Erste Schritte dazu sind hier und da getan. Wir haben uns zu überlegen, wie wir diese Entwicklung in einer theologisch verantwortlichen Weise fördern können. Dabei verbergen wir uns nicht, wie schwach und mangelhaft es oft in unseren eigenen Reihen und anderwärts aussieht. Aber wir sehen Zeichen der Hoffnung, die wir aufnehmen und weitergeben dürfen. Dazu gehört, daß wir über theologische Erklärungen hinaus praktische Hilfen anbieten, Pfarrer und andere, die im Gottesdienst ein Amt übernehmen, in den Gesamtvollzug einzuführen.

LeerSeit Jahren haben wir „Kirchberger Gespräche” mit unseren alt-katholischen, römisch-katholischen, orthodoxen und freikirchlichen Freunden geführt. Diese Gespräche haben, anfänglich unter der Leitung von K. B. Ritter, die Themen des II. Vatikanischen Konzils begleitet. Im kommenden Jahr möchten wir diese Gespräche fortsetzen. Dabei kann es nicht unsere Aufgabe sein, für die Kirchen selbst sprechen zu wollen; dazu haben wir kein Mandat. Wohl aber können und sollen wir aus der Eigenart unserer und der uns befreundeten Gemeinschaften etwas beitragen, was Frucht bringen kann für das geistliche Leben in der Christenheit. Jede Kirche bringt in ihrer Tradition einen speziellen Reichtum spiritueller Gaben mit. Diese Gaben sollten wir kennenlernen und einander mitteilen. So kann die ökumenische Gemeinschaft in der Christenheit wachsen im gegenseitigen Nehmen und Geben.

Quatember 1973, S. 176-178

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-24
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