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Brief Friedrich Wilhelms IV.
von Horst Schumann

LeerDieser Tage fand ich in einem Buch einen Brief Friedrich Wilhelms IV., der mich überraschte, weil er Gedanken ausspricht, die in unserem Jahrhundert fast genau so von Berneuchen und der Michaelsbruderschaft wieder ausgesprochen worden sind. Ich haben den Brief vom 10. Juni 1857 abgeschrieben aus: Ernst Lewalter, „Friedrich Wilhelm IV.” (Verlag Kiepenheuer) und würde meinen, daß manchen diese Berneuchener Stimme lange vor Berneuchen erfreuen oder nachdenklich machen wird: „Ich habe ein tief inneres, mit meinem Wesen verwachsenes Bekenntnis über das heilige Geheimnis der Eucharistie, welches ich niemand aufdringen darf und will, welches aber niemand zu erschüttern vermag. Die Ausdrücke, die das römische, das griechische, das augsburgische und das reformierte Bekenntnis gewählt haben um den Unterschied ihrer Auffassungen zu bezeichnen, sind vor meiner Logik nichts anderes als „vergebliches, fruchtloses Zappeln” in den Grenzen, die Gott der Herr dem menschlichen Verstande gesteckt hat. Es sind so viel Versuche, das, was nach Gottes Ordnung unaussprechlich ist, auszusprechen, was unerforschlich sein soll, auszuforschen, was unbegreiflich ist, zu begreifen, was kraft einer göttlichen Einsetzung ein heiliges Geheimnis sein muß, auf den Weltmarkt der Erklärung zu bringen. Ich glaube fest und gewiß mit der rechtgläubigen Christenheit aller Zeiten, im heiligen Nachtmahl des Leibes und Bluts des Herrn wahrhaftig teilhaftig zu werden - denn also sagt's der Herr; und daran deutle ich nicht. Wie die Operation des Geheimnisses vor sich geht (ob durch totale oder teilweise Wandlung der Substanz? Ob von außen nach innen oder umgekehrt? Ob vom Himmel zur Erde oder umgekehrt?) weiß ich darum nicht, weil, wenn man's wissen könnte, das Geheimnis aufhören würde. Wir können und sollen es also nicht wissen. Der heilige Glaube aber hilft zuversichtlich empfangen und im Dankopfer selig verstummen. Dabei bekenne ich furchtlos und auf die Gefahr hin, von protestantischen Eiferern für einen Teufelsbraten gehalten zu werden, daß ich weder an eine reformierte Kirche, noch an eine lutherische Kirche, noch an irgendeine besondere Kirche glaube. Ich glaube allein an „die Kirche”, welche ich mit der Christenheit in jedem Gottesdienst bekenne, nämlich an die eine, heilige, apostolische Kirche, deren Stiftung wir am letzten Mai dieses Jahres wiederum gefeiert haben.

LeerEs ist der handgreifliche Wille und laut tönende Ruf des Herrn an die evangelischen Kirchengemeinschaften, Seine Kirche, soweit Menschen es können, nicht bloß von römischen Heu und Stoppeln zu reinigen, sondern von jedem Unrat, den Beschränktheit, Unverstand und Sünde auf sie gespült haben. - Nicht trennen jetzt, sondern einigen, durch Glauben in Liebe.”

Quatember 1974, S. 63

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-12-12
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