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Eucharistische Gemeinschaft
von Sigisbert Kraft

LeerIn den Gesprächen über das Problem der Interkommunion werden, so scheint es, allzu selten Gesichtspunkte berücksichtigt, die zwar „außertheologischer” Art, aber deshalb doch nicht ohne Gewicht sind. Was gemeint ist, wird deutlich, wenn wir bedenken, daß jedes sakramentale Zeichen nicht von den Zusammenhängen losgelöst gesehen werden darf, die für seinen nichtsakramentalen Eigenstand gelten. Zeichen der Eucharistie ist das Mahl. Wir müssen deshalb, wenn wir über die eucharistische Gemeinschaft sprechen, alles das im Blick behalten, was sonst für die festliche Tischgemeinschaft gilt. Dazu gehört, daß die Tischgenossen nicht nur gleichzeitig die dargebotenen Speisen und Getränke zu sich nehmen, ein jeder für sich, sondern auch zu einer Tischgemeinschaft untereinander bereit sind. Bei der „Zusammensetzung” (im wahrsten Sinne dieses Wortes) achtet man darauf, daß die einzelnen auch einigermaßen miteinander harmonieren.

LeerSchließlich erwartet man, daß sich die Teilnehmer auch auf den Grundtenor des Zusammenseins einstimmen. Wer fröhliche Geselligkeit und witzige Unterhaltung sucht, ist bei einem Beerdigungsmahl fehl am Platz, ebenso wie der Griesgram bei einer Hochzeitsfeier und der Antialkoholiker bei einer Weinprobe . . . Genau das ist gemeint, wenn Karl Rahner im Blick auf die Voraussetzungen eucharistischer Gemeinschaft von der „fundamentalen Selbigkeit” einer „menschlichen gemeinsamen Handlung” als unabdingbarer Notwendigkeit spricht.

LeerAuf die eucharistische Gemeinschaft angewendet heißt das: Es kann nicht nur jeder einzelne „für sich” die heilige Speise nehmen, die Feier des Herrenmahls also als eine Gelegenheit ansehen, bei der er selbst Gemeinschaft mit dem Herrn findet - ohne „Rück-Sicht” auf die Gemeinschaft mit anderen. Da wäre dann eben nicht mehr vom Mahl zu sprechen, sondern eher der Vergleich mit der Nahrungsaufnahme in der Selbstbedienungscafeteria oder am Kiosk angebracht. Unter dieser Rücksicht auf den Gemeinschaftscharakter des Herrenmahls (Communio = Gemeinschaft mit Christus und untereinander) scheint die anonyme Teilnahme an der Kommunionfeier einer anderen Konfession, ohne daß diese den Christen anderen Bekenntnisses einlädt, ebenso fragwürdig, wie die Überlegung, man könne auch dort interkommunizieren, wo sich die Abendmahlsauffassung der betreffenden Konfessionskirche nicht mit der eigenen decke, weil man das durch den eigenen Glauben „zurechtrücken” könne. Erst recht wäre es bedenklich, wenn eine vorwärtsdrängende Gruppe die Interkommunion, unter Umständen sogar gegen den ausdrücklichen Willen des Zelebranten, erzwänge oder wenn man zum Beispiel bei Erstkommunion- und Konfirmationsfeiern, als Christ der anderen Konfession, ohne zu reflektieren, im Sog einer konventionellen Handlung mit nach vorne liefe.

LeerErinnern wir uns: Alles das hat noch nicht unmittelbar mit theologischen Unterscheidungslehren zu tun, sondern läßt sich aus den Gesetzen ableiten, die für die rechte Art und Weise eines gemeinsamen Mahles gelten. Wo man diese Voraussetzungen übergeht und übersieht, muß man sich nicht wundern, wenn sich die so erreichte Gemeinsamkeit nicht als lebensfähig erweist. Andererseits kann das gemeinsame Herrenmahl, das aufgrund ausdrücklich gewährter eucharistischer Gastfreundschaft, in einer „gemischten Gesellschaft”, die sich aber zu einer „fundamentalen Selbigkeit” in der gemeinsamen Feier der Stiftung Jesu bekennt, in der sich einer auf den anderen einläßt und von dieser Voraussetzung her den Herrn einläßt, nicht nur zu einem beglückenden Fest werden, sondern auch zur Ursache, Trennungen zu überwinden und nicht nur zu überspielen. Ort solcher Erfahrung war das 9. Kirchberger Gespräch, April 1974, bei dem von „Spiritualität und Gebet als Hilfe für die Menschen unserer Zeit” die Rede war und wo solche Hilfe gerade in der dreimaligen Feier der Eucharistie (nach der Ordnung der evangelischen, römisch-katholischen und alt-katholischen Messe) gewonnen wurde.

Quatember 1974, S. 188-189

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-12-12
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