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von Wolfram Lackner |
Dieser Frage soll hier in der Weise nachgegangen werden, daß das Bekenntnis der protestantischen Fürsten und Stände auf dem Reichstag zu Augsburg im Juni des Jahres 1530 der Enzyklika Johannes Paul II. REDEMPTOR HOMINIS von 1979 gegenübergestellt wird. Wie weit können diese beiden offiziellen Glaubenszeugnisse trotz ihres großen zeitlichen Abstandes Wegweiser für die Zukunft der Kirche sein? Wir können davon ausgehen, daß das Augsburger Bekenntnis vor allem dem Zweck dienen sollte, an der Einheit des Glaubens und der Kirche festzuhalten. Vorwort und Nachwort drücken diese Tendenz unmißverständlich aus. Der Papst hat während seiner Deutschlandreise die evangelischen Christen mehrmals auf die CONFESSIO AUGUSTANA angesprochen. Die Reformatoren versuchten, noch einmal alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die Einheit zu bewahren. Sie wollten auch Kaiser Karl V. beim Wort nehmen, der den Reichstag zur Wiederherstellung der Einheit in Reich und Kirche einberufen hatte. Dabei ließen sie sich vor allem von zwei Grundgedanken leiten. Sie betonten die Gemeinsamkeit durch ausdrückliches Festhalten an den Bekenntnissen der alten Kirche und durch die Konzentration auf das Wesentliche. Das Nizänische Glaubensbekenntnis steht am Anfang. In ihm geht es um den Glauben an den dreieinigen Gott und das Verhältnis der „Personen” Vater, Sohn und Heiliger Geist zueinander. Dieses Bekenntnis hatte im Jahre 325 die Streitigkeiten in der alten Kirche beendet und die glaubensmäßige Einheit der Kirche erneut begründet. In den ersten Artikel des Augsburger Bekenntnisses wird es aufgenommen. Dort werden noch einmal ausdrücklich die alten Ketzereien verworfen. Die Reformatoren wollten nicht in eine Reihe mit den alten Irrlehrern gestellt werden. Im Artikel II wird die grundlegende Lehre von der Erbsünde erneuert, welche die christliche Anschauung vom Menschen seit eh und je geprägt hat. Auch hierin wird der christliche Konsensus aufrecht erhalten. Der Mensch ist von sich aus „ohne Gottesfurcht und vom Begehren” besessen, zu sein wie Gott. Das ist die Grundsünde. Aus ihr gehen alle Einzelsünden hervor. Hier klingt die Lehre des Kirchenvaters Augustin durch, dessen Glaubensverständnis auch die Protestanten zum großen Teil bejahen. Schließlich wird im dritten Artikel der Hauptinhalt des Apostolischen Glaubensbekenntnisses wiederholt, das bis heute evangelischen und katholischen Christen gemeinsam ist. Im Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, wollten sich die Lutherischen von keinem Katholiken übertreffen lassen. Durch diese radikale Betonung des Glaubens an „Gott in Christus” reduzierte sich der Dienst der Kirche auf wenige entscheidende Punkte. Die Kirche war nun nicht mehr für die Lebensgestaltung der Menschen in allen Einzelheiten verantwortlich, sondern vor allem für die Predigt des unverfälschten Wortes Gottes, wie es in der Bibel stand und für die rechtmäßige Verwaltung der Sakramente von Taufe und Heiligem Abendmahl. Auch der kirchliche beschränkte sich auf den Kernbereich. Indem dieser Dienst von den Amtsträgern der Kirche redlich getan und von den Menschen dankbar angenommen wird, konstituiert sich die vom Heiligen Geist erfüllte „Gemeinschaft der Heiligen”. Der Geist Gottes teilt sich ihr durch Wort und Sakrament mit. In ihr ist Christus das eine notwendige „Wort Gottes”. Würden noch andere Normen und Gesetze für die Gläubigen verpflichtend gemacht werden, dann wäre die Gefahr der Manipulation der Seelen gegeben. Dann würden wieder anstelle des allein seligmachenden Glaubens bestimmte Lebensschemata treten. Das aus Gott alleine hervorgehende neue Leben der Gläubigen würde dann wieder unzumutbar eingeengt werden. So sind weder besondere gute Werke noch Zeremonien und Traditionen für die Einheit der wahren Kirche notwendig. Das halten die Artikel V und VII fest. Durch diese Konzentration und Beschränkung auf das Wesentliche entstand eine wichtige gesellschaftspolitische Wirkung. Die Kirche hatte vor allem den Impuls des Glaubens an alle Menschen weiterzugeben. Wenn dieser Impuls aber in der Verkündigung des Wortes Gottes und durch die Gemeinschaft in den Sakramenten wirkte, dann waren die Gläubigen wirklich frei von kirchlicher Bevormundung und konnten in eigener Verantwortung handeln. Je ernster der Christ seine wahre Lebensgrundlage nahm, desto selbstverständlicher konnte er das tun, was zu tun war, freilich ohne den Seitenblick auf den eigenen Ruhm und seine Verdienste vor Gott und den Menschen. Er tat es wie der Knecht im biblischen Gleichnis, der zu seinem Herrn sagt: „Wir sind unnütze Knechte gewesen und haben nur das getan, was wir zu tun schuldig sind”. Der alte Vorwurf, daß die Lehre der Reformatoren die Menschen gleichgültig gegen die Notwendigkeit mache, auch etwas Gutes zu tun, trifft völlig daneben. Den Taten der Menschen wird nur ihr egozentrischer Beigeschmack genommen. Um den hier von alters her wuchernden Mißverständnissen zu wehren, ist der Artikel „Über die guten Werke” der ausführlichste des ganzen Augsburger Bekenntnisses (Art. XX). Es kann keine Rede davon sein, daß die Reformatoren das Handeln der Christen gering achteten oder gleichgültig machen wollten. Sie bestanden nur darauf, daß auch die besten Werke, so gut und fromm sie gemeint sein mögen, den Menschen nicht mit Gott versöhnen können. Hier ist zu unterscheiden zwischen der Notwendigkeit, gute Taten zu tun, um die äußere Existenz zu sichern, und dem Glauben an die eigenen guten Taten. Auch der von Natur aus „gute Mensch”, der nur durch dir Verhältnisse böse wird, hat in ihrer Anschauung keinen Raum. Nur der Mensch, „der weiß, daß er einen gnädigen Gott durch Christum hat, kennt also Gott und ist nicht ohne Gott wie die Heiden”. Wo diese grundsätzliche Unterscheidung fehlt oder undeutlich wird, da treten nach Meinung der Reformatoren alle jene Mißbräuche und falschen Sicherheiten auf, die die Menschen von Gott abbringen und ihre Gewissen unnötig belasten. Das wird in mehreren Artikeln dargelegt, die über Ehestand der Priester, das Messelesen, das Beichtehalten, die Speisevorschriften und Klostergelübde handeln. Was bei rechtem Gebrauch vielleicht für den einen oder anderen Menschen noch nützlich sein könnte, darf ihm keinesfalls als notwendig zum Heil der Seele auferlegt werden. In den protestantischen Kirchen stellt sich heute die Lage so dar: Einerseits hat sich eine Verwaltungskirche mit weltlicher Legislative und Exekutive gebildet, die die Kirche demokratisch-weltlich regiert, andererseits propagieren kirchliche Gruppen die Veränderung der Gesellschaft auch mit Gewalt als Hauptaufgabe der Christen in unserer Zeit. Die Konstellation der Reformationszeit ist also in verkleinerter und verweltlichter Form wiedergekehrt. Amtskirche und Revolutionskirche stehen sich gegenüber als die beiden Formen der Verfälschung des Evangeliums. Das Augsburger Bekenntnis ist darüber zur Randerscheinung geworden, seine Lehren sind vergessen oder gelten als überholt. Der religiöse Kern des Glaubens der Reformatoren ist ins Abseits gedrängt worden. An das Augsburger Bekenntnis von 1530 zu erinnern, heißt darum gleichzeitig, sich der falschen Alternative der kirchlichen Situation von Amtskirche und Revolutionskirche zu entziehen. Wie sieht nun die Enzyklika des Papstes Johannes Paul II. REDEMPTOR HOMINIS die Zukunft der Kirche? Der Papst hat in dieser Enzyklika, mit der er seinen Pontifikat eröffnete, den katholischen Standpunkt unter den Bedingungen von heute deutlich gemacht. Er geht grundlegend davon aus, daß die göttliche und die menschliche Wirklichkeit allein in Christus zusammenfinden und daß das Bekenntnis zu diesem „universalen Christus” die Kirche trägt und ihre Einheit verbürgt: „Der Gott der Schöpfung offenbart sich als Gott der Erlösung, als Gott, der sich selbst treu ist . . . In der Menschwerdung Christi hat sich Christus gleichsam mit jedem Menschen verbunden.” So appelliert der Papst auch von dieser Position aus, wie einst die Reformatoren, an die Einheit der Christen. Dieser Appell zur Einheit taucht in der Enzyklika immer wieder auf und erweist sich als das Hauptanliegen dieses Papstes. „Ferner steht fest, daß sich in der gegenwärtigen geschichtlichen Lage der Christenheit und der Welt keine andere Möglichkeit zeigt, die universale Mission der Kirche ... zu erfüllen, als mit lauterer Absicht, mit Ausdauer, Demut und auch Mut, die Wege der Annäherung und der Einheit zu suchen.” Sein universales Verständnis der Menschwerdung Gottes befähigt ihn dazu, nicht nur die andere christliche Konfession anzuerkennen, sondern auch den Wahrheitskern in allen anderen Religionen. In der heutigen Situation sieht er die Front nicht mehr zwischen den Konfessionen verlaufen, sondern dort, wo der Mensch um Gott weiß und nicht sein eigener Erlöser sein will. Der Wille, ohne Gott zu leben aus reiner Selbstbestimmung, zeigt sich nach Enzyklika sowohl im glaubenslosen wirtschaftlichen Fortschrittsdenken als auch in den politischen Ideologien. Beide haben ihre Gottesfeindlichkeit und im Gefolge davon auch ihre Menschenfeindlichkeit im Laufe dieses Jahrhunderts enthüllt. Die Kirche ist darum heute weit über die Grenzen ihrer Institution hinaus „zugleich zu einem Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person” geworden. Denn es geht in ihr „nicht um einen abstrakten Menschen, sondern um den realen, den konkreten und geschichtlichen Menschen.” „Jeder einzelne Mensch ist gemeint.” Auch hier berührt sich wieder die Betonung der Einzelperson bei den Reformatoren mit der in der Enzyklika des Papstes. Letzten Endes steht die Kirche für die personale Menschenwürde aller Menschen ein, weil diese nur in Gott gefunden wird. Der Glaube an den universalen Christus sucht den Menschen als Menschen, nicht als Konfessionsangehörigen. Dieser Offenheit für alle Menschen steht die Warnung gegenüber, die Kirche „hinsichtlich ihrer Zuständigkeit und ihrer Aufgabe mit den politischen Gemeinschaften zu verwechseln.” Sie darf um ihrer Offenheit willen „an kein politisches System gebunden sein”. Ebenso betont die Enzyklika nach der anderen Seite, daß die Wahrheit der Kirche nicht aus einem modernen Freiheitsverständnis hervorgeht, dem die Selbstbestimmung des Menschen zugrunde liegt. Offenheit und Freiheit der Kirche haben eine andere Grundlage, nämlich die in der Wahrheit des Glaubens. Diese Wahrheit ist dadurch „authentische Wahrheit”, daß sie nichts für sich will, sondern dem Menschen dient. Die Wahrheit entspringt nicht aus der Freiheit, sondern die Freiheit kommt aus der Wahrheit. Die Freiheit des Christen vollendet sich nicht in der Selbstbestimmung, sondern in der Liebe Christi. Auch hier wird deutlich, wie nahe die Position des Papstes der Position Luthers in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen” gekommen ist. In dem Hauptteil der Enzyklika hat die Glaubensspaltung der christlichen Konfessionen keine Grundlage mehr. Der Papst betont den Dienst der Priester, an den er nicht rühren möchte im Sinne einer Verdemokratisierung der Kirche. Der Priester versieht für ihn ein „königliches Amt”, weil er dem Erlösungswerk Christi dient und damit in einer dialektischen Weise zugleich zum „Herrschen und Dienen” bestimmt ist. In diesem Sinne ist das Priestertum eine besondere Ausprägung jenes Dienstes, der allen Christen aufgetragen ist. Dem Prinzip der Demokratisierung stellt die Enzyklika das Prinzip der Berufung und Verantwortung aller Christen gegenüber. Diese Berufung verlangt von jedem Amtsträger besondere Treue entsprechend seiner speziellen Verantwortung. Er ist „wie eine Braut Christus angetraut”. Damit wird gleichzeitig der Zölibat der Priester hervorgehoben als die besondere Form ihres Dienstes. Gerade an diesem Punkte scheint die Ostblockerfahrung des Papstes durchzuschlagen. Es ist die gleiche Erfahrung, die in der frühen Kirche zum Zölibat hinführte. Denn in der Verfolgungszeit mußte es Menschen geben, die sich mit ihrem Auftrag ganz besonders identifizierten. Wir erinnern uns, daß auch das Augsburgische Bekenntnis die besondere Form des Dienstes durch die Predigt des Wortes Gottes und die Verwaltung der Sakramente hervorhebt. Auch die Idee des Priestertums aller Gläubigen hat ihren Grund in der besonderen Berufung und Verantwortung des Predigtamtes und nicht in einem demokratischen Gleichheitsprinzip. Die Position der Reformatoren und die des Papstes sind auch an diesem Punkte näher beieinander als die demokratisierte Kirche und das reformatorische Bekenntnis. Der Papst verbindet den Gedanken des priesterlichen Dienstes mit dem Gedanken der Unantastbarkeit des Lebens des Einzelnen. So wie der priesterliche Dienst die Unantastbarkeit der menschlichen Person festhält, so muß jede Person vor dem Zugriff geschützt werden. Hier hat der Widerstand der katholischen Kirche gegen die staatliche Sanktionierung der Abtreibung seine Wurzeln. Auch bei dieser von vielen Zeitgenossen als fortschrittsfeindlich empfundenen Position steht bei dem Papst die Erfahrung mit den modernen Kollektiven dahinter, die entweder totalitär oder mehrheitlich über das Leben anderer Menschen verfügen. Dennoch bleibt die Marienfrömmigkeit eine Frage an den Protestantismus, ob er die Liebe Gottes wirklich so umfassend gesehen hat, daß in ihrer Ganzheit alle Liebe nach Leib und Seele und Geist aufgehoben ist. Nur so kann die Kirche das sein, was die Enzyklika von ihr fordert: „Gleichsam das Sakrament, d. h. Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit des ganzen Menschengeschlechtes”. Wiederum wird in dieser Formulierung die Erfahrung des Papstes aus Polen deutlich. Er ist ein Sohn jenes Volkes, das seinen Bekennermut vor allem seiner Bindung an die Kirche verdankt. Nach den Worten der Enzyklika wird die Kirche auferbaut durch die sakramentale Vereinigung der Menschen mit Christus. Hier hebt die Enzyklika besonders zwei Sakramente heraus: Die Eucharistie und die Buße. In diesen beiden Sakramenten sieht der Papst den Quellgrund einer Verbundenheit des Einzelnen mit Christus. In Buße und Vergebung kommt das Schicksal des Einzelnen zur Sprache. So entsteht immer wieder die konkrete und lebendige Gemeinschaft der Gläubigen. Die Kirche „muß sich eng an die göttliche Wahrheit anschließen und sie als den angemessenen Gottesdienst in ihrem Leben ausprägen.” Die Enzyklika betont immer wieder die religiöse Dimension des Auftrags der Kirche in einer Zeit, in welcher Religionslosigkeit und Atheismus vorherrschen. Der religiöse Auftrag der Kirche ist heute auch zum Zielpunkt des Angriffs durch progressive Gruppen in beiden Kirchen geworden. Die Gewißheit des Heils für alle Menschen hängt auch mit der Veränderung der Welt zu mehr Gerechtigkeit und Frieden zusammen. Das Heil ist nicht nur das Heil der Seele, sondern umschließt auch das Wohl der Menschen. Ein wahrer Fortschritt auf diesem Gebiete kann aber nur dann geschehen, „wenn eine wahre Umkehr der Mentalität, des Willens und des Herzens stattfindet”. Hier wird in der Enzyklika gegen die „verschiedenen Materialismen” in unserer Zeit Stellung genommen. Der Papst richtet seine inständige Bitte an Ost und West, die Menschenrechte auch wirklich zu gewähren und nicht nur zu proklamieren. Er legt den Finger auf den Widersinn von Erklärungen über Menschenrechte, die heute zum allgemeinen Standard gehören, und deren fehlender tatsächlicher Durchsetzung. „Wenn die Menschenrechte in Friedenszeiten verletzt werden, ist dies besonders schmerzlich und stellt unter dem Gesichtspunkt des Fortschritts ein unverständliches Phänomen des Kampfes gegen den Menschen dar, das auf keine Weise mit irgendeinem Programm, das sich selbst als humanistisch bezeichnet, in Einklang gebracht werden kann”. Der Papst ist der Überzeugung, daß allein der Glaube der Kirche dem Menschen das konkrete Angebot macht, Mensch zu sein und zu bleiben. Nur die Liebe Christi vermag es, den Menschen zu lieben, wie er ist. So stellt die Enzyklika immer wieder die Frage nach der Würde des Menschen in den Mittelpunkt. Der Papst bemüht sich, die Tradition seiner Kirche so weit zu fassen, daß in ihr das Grundmotiv des universalen Christus und der Ruf nach mehr Menschlichkeit zugleich Platz haben. In der Enzyklika wird deutlich, daß es Johannes Paul II. nicht um die Unterwerfung aller anderen Standpunkte geht, sondern um die Frage, die auch ein Hauptanliegen der Reformation war: die der Heilsgewißheit für die Gläubigen. Nach der Meinung der Reformatoren sollte sich diese Heilsgewißheit, die der Mensch im Leben und im Sterben nötig hat, nicht auf menschliche Werke oder Personen gründen, sondern allein auf Gottes Gnadenwort in Jesus Christus. Sonst würde der Mensch doch nur wieder an sich selbst glauben. In der Geschichte des Protestantismus hat es sich aber dann als besonders schwierig erwiesen, dieses biblische Grundanliegen auch wirklich festzuhalten, weil ja die Heilsgewißheit durch Menschen an Menschen weiter vermittelt werden muß. Das Gnadenwort Gottes spricht ein Mensch dem anderen zu. Wenn man dieses Problem der rechten Vermittlung der Heilsgewißheit sieht, dann konzentriert sich der Streit um die Unfehlbarkeit des Papstes auf die Frage nach der rechten Vermittlung der Heilsgewißheit inmitten der Ungewißheiten des modernen Lebens. Der Glaube an Gott muß um der einen Menschheit willen eine umfassende Gestalt haben. Auch die Enzyklika betont: „Gott will, daß allen Menschen geholfen werde und sie zu der Erkenntnis der Wahrheit kommen”. Das Augsburgische Bekenntnis wollte gerade dadurch, daß es den Glauben an Gott groß machte, das Heil Gottes für alle Menschen offenhalten. Gottes Wahrheit ist immer größer als alle Menschenwahrheit, auch als jedes kirchliche Dogma. Daher ist es unvermeidlich, daß jede historisch entwickelte Konfession nur über einen Teilaspekt dieser ganzen Wahrheit Gottes verfügt. Gott wäre nicht Gott, wenn es anders sein sollte. Quatember 1982, S. 15-24 |
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