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Dreieinhalb Jahre nach dem Brand
Hans Nickles/Jürgen Boeckh

LeerWer vor etwa 20 Jahren auf den Kirchberg fuhr, konnte selbst in nahe gelegenen größeren Ortschaften kaum eine Auskunft über den Weg erhalten. Heute weisen offizielle Straßenschilder dorthin, und am Bahnhof Horb steht oft ein VW-Bus mit deutlicher Aufschrift „Berneuchener Haus”.

LeerDurch ein schreckliches Ereignis, das doch wiederum „zum besten gedient” hat, kam das Berneuchener Haus auch einmal in die Tagesschau: Den Brand des großen Konventsgebäudes am 18. Mai 1979.

LeerHausgemeinde und Gäste ersehnen nun mehr oder weniger geduldig den Abschluß des Wiederaufbaus und beobachten täglich den Baufortschritt. Gerade noch rechtzeitig zum Beginn des Winters 1981 konnten die neuen Fenster eingesetzt werden. Eine Notheizungsanlage außerhalb des Baus ermöglichte den Fortgang der Innenarbeiten. Vor allem die Gipser profitierten vom geheizten Bau. Es war eine Freude, mitzuerleben, wie die im Rohzustand dämmerigen Gänge und Räume von Tag zu Tag heller wurden. Die Stukkateure haben die Decken von fünf Räumen des ersten Obergeschosses historisch getreu wiederhergestellt. Diese konnten in Folge der Löschwassereinwirkung nicht erhalten werden, wurden aber vor der Abnahme genau dokumentiert, so daß sie mit ihren barocken Girlanden und Blumenmustern samt einigen geistlichen Symbolen nun wieder Auge und Herz erfreuen können.

LeerBei der Sitzung der Großen Baukommission am 4. März d. J. gab deren Vorsitzender, Prof. Fecker vom Finanzministerium in Stuttgart, die Zusage, daß der Konventbau in der letzten Oktoberwoche 1982 beziehbar sei. Das war ein befreiendes Wort.

LeerIn der Woche nach dem Sonntag Jubilate konnten endlich die Bauarbeiten für die Heizzentrale im ehemaligen Ochsenstall (hinter dem Herrenhaus) begonnen werden. Auch die Organe des Vereins Berneuchener Haus haben das Ihre getan. Seit Oktober 1980 bearbeitete ein vom Beirat berufener Einrichtungsausschuß unter dem Vorsitz des Geschäftsführers, Dr. Dieter Meinke, in zwölf Sitzungen das sehr differenzierte Problem der Möblierung, Ausstattung und Beleuchtung der Gästezimmer, der Tagungsräume und der Flure. Anfang März stellte dieser Ausschuß drei voll eingerichtete, empfehlenswerte Musterzimmer vor, unter denen sich der Beirat fast einstimmig für den Möblierungsvorschlag des Michaelsbruders Gerhard Glüder, Berufsfachschuldirektor in Kaufbeuren, entschied. Eingedenk der alten Volksweisheit „allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann”, hoffen wir doch, daß sich unsere Gäste in den neu eingerichteten Räumen wohlfühlen worden. Es sei besonders darauf hingewiesen, daß wir dann auch über zwei Zimmer mit spezieller Einrichtung für Rollstuhlfahrer verfügen. Diese, wie auch die Gästezimmer im Konventbau, sind mit einer Naßzelle (Waschbecken, Dusche, WC) ausgestattet. Der Beirat hat beschlossen, als „Einführungsbonus” die Tagessätze bis einschließlich Pfingsten 1983 nicht zu erhöhen.

LeerBei den Überlegungen des Einrichtungsausschusses tauchte die Frage auf, ob etwa unter unseren Freunden jemand wäre, der uns einen originalen Barockschrank oder eine Barockkommode stiften könnte, die zu unserem Haus passen. Eine Spenderin hat uns hierfür den Betrag von DM 10.000 zur Verfügung gestellt. Es kommt auch immer wieder vor, daß altgewordene Menschen wegen Umzugs in eine kleinere Wohnung oder in ein Altersheim sich von ihren wertvollen Möbelstücken trennen müssen. Die Frage sei hiermit gestellt und erweitert auf bequeme, stilechte Sitzmöbel (z. B. Ohrensessel). Ein echter Barockschrank sowie ein entsprechender Tisch wurden dem Berneuchener Haus schon in den ersten Jahren gestiftet, und jedermann meinte, diese Möbel seien Überbleibsel aus der Zeit der Nonnen. Sie befanden sich im Lesezimmer und konnten beim Brand gerettet werden.

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LeerNun sind die Stichworte „Spenden und Stiftungen” genannt, und sie sind Anlaß, wieder herzlich zu danken für alle Liebe, die dem Hause fortwährend, auch in Geldopfern, widerfährt. Nicht immer reicht die Zeit, einer Spendenbescheinigung auch einen persönlichen Gruß und Dank beizufügen. So sei es auf diese Weise getan. Ist nicht das für manche Ohren altmodisch klingende Wort „Wohltäter” noch immer die schönste Bezeichnung jener, die unsere Arbeit auf dem Kirchberg durch ihre Opfer mittragen? Erwähnt seien hier auch einmal diejenigen, die mit „Bausteinen” helfen. Sie fertigen aus ihren schönsten Farbfotos Briefkarten an, sie umhäkeln Taschentücher, stricken Baby-Schuhe, basteln Spieltiere, stiften Schallplatten und kommen in erfinderischer Liebe auf immer neue Ideen. Die letzte ist ein versilberter Metallanhänger in der Größe eines Fünfmarkstückes mit dem Bild des Erzengels Michael auf der einen und dem Schlußwort des Reisesegens auf der anderen Seite. All diese mit Liebe geschaffenen Dinge erweitern den Büchertisch zu einem Basar, in dem die Gäste gerne einkaufen. Dank für alle Bausteine!

LeerLeser des Quatember, die mit unserem Werk noch nicht persönlich verbunden sind, sollten sich die Frage stellen, ob für sie nicht ein Beitritt zum Verein Berneuchener Haus e. V., Kirchberg, 7247 Sulz/Neckar (Mindestbeitrag monatlich DM 8,-) in Frage käme. Für die kontinuierliche Führung des Hauses und für langfristige Planungen ist es wichtig, zu wissen, mit welchen Spendenmitteln gerechnet werden kann. Am Schluß der Beiratssitzung vom 28. November 1981 konnte der Vereinsvorsitzende, Harald Erichsen, den Namen des mit Spannung erwarteten 1000. Vereinsmitgliedes bekanntgeben: Fräulein Annegret Braun, Krankenschwester in Stuttgart. Es war wohl mehr als ein glücklicher Zufall, daß sie, die Gewinnerin eines einwöchigen Freiaufenthaltes in Kirchberg, zu unserem Hause schon eine alte Beziehung hat. Absolvierte sie doch 1977/78, nach ihrem Abitur, bei uns ein Diakonisches Jahr und war in der Hausgemeinde eine hilfreiche Mitarbeiterin. Als ob mit der Zahl 1000 eine Hemmschwelle überschritten worden wäre, erfolgten anschließend laufend weitere Vereinsbeitritte, so daß wir im Juni einen Mitgliederstand von 1030 hatten. Wir sind sehr dankbar für diese Stärkung unserer Arbeit und hoffen, daß sich diese Entwicklung fortsetzt.

LeerInnerhalb der vielen kirchlichen Tagungsstätten in unserem Lande und anderswo erfüllt das Berneuchener Haus Kloster Kirchberg einen besonderen Dienst. Wer das Angebot unseres Jahresplans, der auszugsweise immer in Quatember abgedruckt wird, prüft, findet dort vieles, was auch in anderen Häusern angeboten wird: Bibelwochen, Familienfreizeiten, Pfarrkonferenzen, ökumenische Begegnungstagungen, kirchliche Fortbildungsveranstaltungen. Besondere Schwerpunkte unserer Arbeit sind: die Fasten-Wochen im Frühjahr und im Herbst, die Einkehrtage des Berneuchener Dienstes, die Konvente und Michaelsfeste der Bruderschaft, die Bruderschaftswoche im Zeichen von „Ora et labora”, die Meditationswochen und die intensive Begehung der Hauptfeste des Kirchenjahres. Aber das Eigentliche und Wesentliche, das unserem Haus seine unverwechselbare Prägung gibt, spielt sich im Ablauf eines jeden Tages ab: es sind die vier Gebetszeiten am Morgen, am Mittag, zum Beginn des Abends und zum Abschluß des Tages. Hier schlägt das Herz unserer Arbeit. Von hier empfängt jeder Tag Richtung, Ordnung und Maß.

Quatember 1982, S. 235-237

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-08-29
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