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„Haus des Gebetes” der Kommunität „Freue dich”
von Ernst Hofhansl

LeerWer von Spittal an der Drau durch das Kärtner Nockgebiet nach Feldkirchen fährt, kommt auch durch die Gnesau im oberen Gurktal. Hier, auf fast 1000 m Seehöhe, haben die Schwestern der Kommunität „Freue dich” und ihr Rechtsträger, der Verein „Lätare. Zur Förderung kommunitären Lebens”, das Haus des Gebetes errichtet. Das Haus liegt an einem steilen Hang am Waldrand, und die umgebende Stille lädt den Besucher ein, hier zu verweilen und am Leben der Schwestern teilzunehmen. Die drei Frauen, Töchter ihrer Kärntner Heimat, verspürten schon früh den Ruf zum Dienst in der Kirche als einen besonderen Auftrag. Sie fanden im oberösterreichischen Diakonissenmutterhaus in Gallneukirchen zusammen. Dort aber beunruhigte der herkömmliche Stil, der den heutigen Notwendigkeiten nicht mehr ganz entsprechen kann. Es verstärkte sich der Wunsch zu einem kommunitären Zusammenschluß mit regelmäßigem Gebet und häufiger Feier der Eucharistie. In der Zeit des Suchens begegneten die Schwestern dem im August 1976 verstorbenen Pfarrer Dr. Walter Stökl, der nicht zögerte, ihnen auf dem nun schon beschrittenen Weg beizustehen und zu helfen. Die Hilfe bestand in regelmäßigen Besuchen und Retraiten für die Schwestern. Zeitweise geschah dies zusammen mit den Schwestern der ökumenischen Schwesterngemeinschaft in Eichgraben (Niederösterreich), deren Berufung Ende der Fünfzigerjahre und weitere Prägung auch auf Walter Stökl zurückgehen. Die Arbeit auf den Einkehrtagen sollte die Aufgaben und das Ziel kommunitären Lebens in der evangelischen Kirche klären. Besondere Beachtung fanden die drei evangelischen Räte: Gehorsam, Ehelosigkeit und Armut. Gehorsam verstanden als freie Annahme der Autorität, Einordnung in die Gemeinschaft zu Dienst und Opfer und die Aufgabe eines Lebens nach Einfall und Willkür. Nicht blinder Gehorsam soll geübt werden, sondern das rechte Beugen unter die reifere Einsicht. Da aber Gott mehr gehorcht werden muß, so geht es letztlich immer um ein gemeinsames Hören auf den Willen Gottes und sein Gebot. Die Annahme der Ehelosigkeit geschieht nicht wegen der zu verwerfenden Höherschatzung der Virginität, sondern um restlos zum Dienst um Christi willen zur Verfügung zu stehen. Durch die geistliche Hingabe werden die Kräfte zu verströmender Liebe zu anderen Menschen frei. Das Leben in Gebet und Eucharistie schenkt die Freiheit zur Ehelosigkeit, die der Kirche als Zeichen des Zukünftigen, wo nicht mehr gefreit werden wird, gelten mag. Die persönliche Armut führt zur völligen Gütergemeinschaft der Mitglieder der Kommunität. Auch hier wird eine bescheidene Lebensführung dazu beitragen, „den Weg durch die Welt ohne viel Gepäck” zu gehen. Das bedeutet nicht, daß auf wichtige Güter des täglichen Gebrauchs verzichtet werden muß; aber der Verzicht auf alles Unmäßige, alle Verschwendung und das einem christusgemäßen Leben Widerstreitende wird zur Mahnung für andere werden, die im überschwenglichen Genuß doch keine Freiheit finden.

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LeerDer äußere Weg führte die Schwestern zunächst nach Schladming (Steiermark), wo sie als Krankenschwestern am dortigen Diakonissenkrankenhaus arbeiteten und zugleich als kommunitäre Gruppe lebten, um sich in das „ora et labora” einzuüben. Danach kam die Arbeit im Elisabethstift in Oldenburg und in der Hochgebirgsklinik in Rietzlern im Kleinen Walsertal. Da nun die Schwestern von Pfarrer Stökls Wohnort her nur nach einer sehr mühsamen Reise zu erreichen waren, bat er den näherwohnenden Michaelsbruder Kirchenrat Herbert Goltzen († 1979), gelegentlich mit den Schwestern die Eucharistie zu feiern. In dem kleinen Mitarbeiterhäuschen der Klinik bildete der abgeteilte Gebetsraum die Mitte. Manche Gäste sind dort schon eingekehrt, auch Patienten, die die Stille und die Gemeinschaft des Gebetes fanden. Längere Besuche bei befreundeten Kommunitäten (Imshausen, Casteller Ring/ Schwanberg, Grandchamp und Cella St. Hildegard in Hamburg) trugen zur weiteren Reifung des Plans bei, in Österreich ein eigenes Haus für die Kommunität zu führen.

LeerIn Gnesau stellten die Eltern einer Schwester das Grundstück zur Verfügung, auf dem nun das Haus des Gebetes errichtet werden konnte. Dieses beherbergt im Untergeschoß die Kapelle, in der sich die Schwestern sowie Gäste des Hauses und auch des Ortes zum Tagzeitengebet und zu gelegentlich gehaltenen Eucharistiefeiern versammeln. Hinter dem Altar und an der einen Seite leuchten zwei Glasfenster. Eines stellt das Adventgeheimnis der Erwartung des Herrn dar, das andere das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt trägt. Ein Wohnzimmer, Zimmer für die Schwestern und Gäste, Nebenräume und unter dem Dach ein weiterer Klausurraum sind im Moment ausreichend für die Aufgaben der Kommunität.

LeerAm 4. September 1977 wurde das Haus eingeweiht. Am Morgen dieses Tages feierten die Schwestern, Gäste und Nachbarn die erste Eucharistiefeier in der Kapelle. Am Nachmittag fand dann die Hausweihe durch Rektor Hülser vom Diakoniewerk Waiern statt. Die Grußworte des Leiters des Berneuchener Hauses in Kirchberg, des Gnesauer Vikars und der befreundeten Schwesternschaften zeugten von den vielfältigen Verbindungen der Kommunität. Ihre Aufgabe sehen die Schwestern im Dienst an Menschen, die Stille, Einkehr und Gebet in ihrem Haus suchen, dann aber auch in ihrer Kirche im diakonischen Einsatz an Alten und Kranken und schließlich in der Mitarbeit in der eigenen Gemeinde durch Kurse, Kindergottesdienst und „Hilfe, wo nötig”.

LeerIm Oktober 1977 hielt Kirchenrat Herbert Goltzen die Rüstzeit für die Profeß der Schwestern, die nach siebenjährigem gemeinsamen Leben sich nun endgültig für ihren Dienst des Gebetes und der Diakonie in diesem Einkehrhaus binden wollten. Im Bekenntnis des Apostels Paulus im Philipperbrief wurde der Ruf gehört, alles für gering zu achten gegenüber der überschwenglichen Erkenntnis Christi Jesu als des Herrn, alle Gerechtigkeit nicht aus dem eigenen Ich zu suchen, sondern aus der Treue Christi, im Blick auf die Gemeinschaft seiner Leiden und in der Hoffnung auf seine Auferstehung zu leben. Vor der Illusion eines „Standes der Vollkommenheit” bewahrt sein Bekenntnis: „Nicht daß ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei, ich jage aber nach - nachdem ich von Christus Jesus ergriffen bin - dem Siegespreis der Berufung Gottes in Christo Jesu.” Und der Aufruf „Freuet euch in dem Herrn allewege! Der Herr ist nahe! Sorget nichts! Lasset eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden,” soll über dem gemeinsamen Leben der Kommunität stehen, deren Leitspruch von dem Psalm „Freue dich, Jerusalem. . .” (122) genommen ist.

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LeerIn der Bitte der alten Suscipe-Antiphon (nach Psalm 119,116), die seit den Tagen Benedikts Ausdruck der Lebenshingabe an den Herrn war, wollen Dienst und Gemeinsamkeit des Lebens stehen:
„Christus, mein Leben, auf den ich schaue, /
den ich liebe, dem ich mich vertraue. /
Nimm mich auf, Herr, nach Deinem Wort, /
daß ich lebe /
und laß mich nicht zuschanden werden /
über meiner Hoffnung.”
LeerNach den Tagen der Vorbereitung fuhren die Schwestern dann zum Michaelsfest der alpenländischen Konvente der Evangelischen Michaelsbruderschaft, das vom 13. bis 16. Oktober 1977 in St. Pölten gefeiert wurde. Während in der Bruderschaftsmesse des Festes einige Brüder in den Konvent der Bruderschaft aufgenommen wurden, fand am letzten Tag des Festes in der Eucharistiefeier unter dem Zeichen St. Michaels die Profeß der Schwestern der Kommunität statt. Nach dem Evangelium wurde vor dem Konventsältesten und der versammelten Gemeinde bezeugt, daß die vorgestellten Schwestern nach sieben Jahren gemeinsamen Lebens nun zur endgültigen Bindung an ihren Weg und Dienst bereit sind. Nach der Antwort auf die Fragen nach ihrer Bereitschaft zum Dienst und Leben in der Kommunität übergaben sie ihre Profeßurkunden und sangen ihr „Suscipe”: „Nimm mich auf, Herr. . .”. Der Konventsälteste, der zugleich ihr Visitator in der österreichischen Kirche ist, legte ihnen zum Segensgebet, zusammen mit zwei Assistenten, die Hände auf. Dann empfingen sie den „Ring der Treue”, als Zeichen der Bindung an den Herrn, der „seine Braut, die Kirche, liebt” und das Tagzeitenbuch der Kirche - als die Handreichung zu dem Dienst des Gebetes und der Fürbitte, der ihnen besonders anbefohlen ist. Mehrere Einkehrtage, Rüst- und Freizeiten haben im Haus der Schwestern schon stattgefunden. Darüber hinaus steht das Einkehrhaus in der Gnesau bereit für Menschen, die in der Stille und Weite der Kärntner Wald- und Berglandschaft nicht nur leibliche Erholung suchen, sondern auch einige Zeit am geordneten Tagesablauf der Kommunität teilnehmen wollen. Wenn die Michaelsbrüder am Samstag Abend für diejenigen beten, welche „mit uns um die Erneuerung und für die Einheit der Kirche Gottes beten und arbeiten”, dann gehört auch diese Stätte des Gebetes dazu.

LeerFür alle, die gerne mit den Schwestern in Verbindung treten wollen, sei hier noch die Adresse der Kommunität mitgeteilt: Kommunität „Freue dich”. Sr. Anni Priemessnig. A-9563 Gnesau Nr. 2 / Kärnten.

Quatember 1983, S. 104-106

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-09-03
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