|
von Heinrich Kahl |
Lirum, larum, Löffelstiel,Nach diesem Kinderreim heißt fasten sich aller oder bestimmter Speisen zu enthalten. Erkundigten wir uns bei Menschen unseres Umkreises, was sie unter Fasten verstehen, so würden wir wohl ähnliches hören: Fasten hieße Essen einschränken als Mittel zur Buße und inneren Einkehr; Genuß einschränken oder ganz darauf verzichten, vor allem Fleisch (zeitweise) meiden; Fisch dagegen sei während der Fastenzeit durchaus erlaubt. Nach dem Sinn solchen Fastens gefragt, bekäme man vielleicht als Antwort: Um der Askese willen - zum Kasteien - zum Abtöten „böser Fleischeslust” und damit bis zu einem gewissen Grade Identifizierung mit der Passion Christi. Jedoch hat das Wort „fasten” von der Wortbedeutung, von der Herkunft und Sprachverwandtschaft her einen ganz anderen Sinn: Laut Duden/Etymologie ist das Tätigkeitswort „fasten” abgeleitet von dem Eigenschaftswort „fest”. Das deutsche Wort „fasten” entspricht dem mittelhochdeutschen „vasten”, dem englischen „to fasten” = befestigen, festmachen, festbinden, dem schwedischen „fasta”. „Pasta” bedeutet im Gotischen zunächst soviel wie „(fest)halten, beobachten, bewachen”. Der Duden/Etymologie schreibt dazu: „Wahrscheinlich ist der wichtige christliche Begriff der Enthaltsamkeit zuerst von der ostgotischen Kirche in dieses Wort gelegt worden.” Im Sinne von „an den Geboten festhalten”, meint dieses Wörterbuch, sei der Begriff zuerst verwendet worden. Abgeleitet ist das Tätigkeitswort „fasten” von dem Eigenschaftswort „fest”, und dies wiederum ist nachzuweisen in der großen indogermanischen Sprachverwandtschaft von Indien über Armenien bis hin nach Westeuropa (niederländisch „vast”, englisch „fast” = neben „schnell” auch „fest, befestigt, unbeweglich”) und Nordeuropa (schwedisch „fasta”). Das Wort „fest” ist indessen nicht verwandt mit dem deutschen Hauptwort „Fest”, welches vom lateinischen „festum” und „feriae” stammt. - Schön wär's ja, wenn die Fastentage auch noch die Bedeutung von „Festtage” hätten; dann wäre die letzte Zeile des obigen Reimes auch nicht ironisch zu verstehen. Aber dies ist zu schön, um wahr zu sein! Aber auch ohne diese Verwandtschaft wird doch nun deutlich, welchen Sinn wir unserem Fasten geben können: Wir fasten, um fest zu werden: fest im Glauben, fest in der Bindung an das Heilige und in der Verbindung zum Göttlichen. So verstanden, könnte man auch durchaus im Sinne des Kinderreimes vom „lustigem Leben” sprechen. Ein erfahrener Faster sagte kürzlich: „Die Leute werden (beim Fasten) immer fröhlicher.” FastenliedQuatember 1987, S. 11-12 |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 12-11-15 Haftungsausschluss |