Symbol   Quatember

Startseite
Inhalt
Inhalt 1988
Autoren
Themen
Stichworte

Fastenbesinnung unter dem Christus-Weg
von Heinz Grosch

In „Quatember” 3/1987 wurde das Meditationsbild des Nikolaus von der Flüe in der Gestalt des Holzschnitts aus dem „Pilgertraktat” von 1487 abgedruckt. Mit Meditationen für das Fastenopfer der Schweizer Katholiken und für die Aktion Brot für die Brüder, aber auch in einigen anderen Veröffentlichungen ist das Bruder-Klausen-Bild als Hilfe zur Selbstbesinnung gedeutet worden. Die hier wiedergegebenen Anregungen zur Gewissensprüfung folgen der Beziehung zwischen den einzelnen Bildern und zentralen biblischen Worten.

Und Gott segnete den Menschen

LeerMein Leben ist - wie jedes Leben - Schöpfung und Gabe Gottes. Aus seiner Hand habe ich es empfangen, unter seiner segnenden Hand will es zu dem werden, was er ihm zugedacht hat.

LeerTue ich alles, was mir möglich ist, um auch dem Leben neben mir zur Entfaltung zu verhelfen? Wo hindert mich mein Recht-behalten-Wollen oder meine Angst (auch die Angst um meinen „guten Ruf” unter den Menschen), liebend ja zu sagen zu einem Leben, das anders ist als mein eigenes oder als die mir vertrauten Vorstellungen und Bilder?

Ihr werdet finden das Kind

LeerChristus Jesus wurde arm und obdachlos, um uns Menschen nahe zu sein. Als Kind - ganz und gar angewiesen auf andere - kam er in die Welt. Aus Liebe ließ er seine göttliche Macht los. Kann ich - aus Liebe - loslassen? Auf seinem Weg zu den Menschen war ihm nicht die Frage wichtig: „Was besitzt du? Worüber verfügst du?” Er fragte nur: „Wer bist du?” Wie frage ich, wenn ich meinen Mitgeschöpfen, meinen Mitmenschen begegne?

Gegrüßet seist du, Maria

LeerMaria bekam eine wunderbare Botschaft von Gott. Gott schweigt nicht. Auch uns redet er an. Heute. Auf vielerlei Weise: mit dem Wort der Heiligen Schrift und in ihrer Auslegung durch Mitchristen; durch Menschen, die uns beglücken; in denen, die uns brauchen ... Wo redet er mit mir? Welche Antwort fordert er heraus, indem er mich anredet? Ich erinnere mich an Menschen, durch die er zu mir sprechen wollte, und ich habe es überhört. Ich prüfe, wo ich im Laufe der letzten Zeit unsicher darüber war, was er von mir erwartet. Ich will der Stille nicht entfliehen, sondern sie suchen. Hinhören will ich - wie Maria, die Mutter Jesu. Ich will versuchen, ihr Gebet nachzusprechen: „Mir geschehe, wie du gesagt hast.”

Nahm er das Brot, dankte und brach's

LeerJede Feier der Eucharistie, aber auch jede „gewöhnliche” Mahlzeit, für die wir Gott danken, kann uns daran erinnern, daß wir unser Leben nicht den eigenen Kräften verdanken. Wir leben, weil andere Geschöpfe da sind, weil sie ihre Kräfte hingaben und noch immer hingeben. So begreifen wir, daß nach Gottes Willen auch unser eigenes Leben für andere zum Segen - zum täglichen Brot - werden soll.

LeerEsse und trinke ich wenigstens jeden Tag einmal so bewußt und dankbar, daß ich mit Klaus von der Flüe sagen kann: „In einem jeden Brot ist die Gnade Gottes des Allmächtigen verborgen?”

LeerJedes Stück Brot, das ich mit einem anderen teile, ist ein Stück geteilter und geschenkter Gnade Gottes. Wo habe ich mich im Herzen, mit Worten oder durch mein Tun geweigert, das Brot (mein Leben) wirklich mit anderen zu teilen? Wo war ich nicht bereit, mich von anderen mit ihrem Brot (ihren Gaben und Erfahrungen) beschenken zu lassen?

Vater, vergib ihnen

Leer„Wir hielten ihn für einen, der von Gott geschlagen wurde. Aber wegen unserer Bosheit mußte er leiden . . .” So sagt Jesaja vom leidenden Gottesknecht.

LeerEs gibt gewiß schicksalhaftes Leid. Es gibt ein Leid, das uns nach dem unergründlichen Grund zu fragen zwingt: nach dem verborgenen Gott. Es gibt aber auch die Schuld. Das Leiden der Unschuldigen kann uns erinnern an die Schuld der Menschen. Es läßt uns zugleich nach unserer eigenen Schuld fragen. Durch Jesus wissen wir, daß Gott uns von der Last unserer Schuld befreien will. Darum dürfen wir sie aussprechen: vor ihm, dem Vater - vor einem Mit-Christen - vor demjenigen, an dem wir schuldig geworden sind. lch bedenke, wo ich selber damit anfangen kann.

Stecke, dein Schwert in die Scheide

LeerSo sagt Jesus bei seiner Gefangennahme zu seinem Jünger und heilt den verwundeten Tempelpolizisten. Aber nicht nur mit Waffen fügen wir Menschen einander Leid zu. Judas verrät den Herrn mit Worten, Petrus tut es durch Verleugnen und Verschweigen.

LeerIch besinne mich, wo ich durch meine Worte oder durch mein Tun anderen Leid und Schmerzen zugefügt habe. Lasse ich mich von den Verletzungen, die andere mir beibringen, mutlos oder aggressiv machen? Ich prüfe, wie ich in meinen Gedanken mit „Feinden” oder mit Andersdenkenden umgehe.

Ich bin die Tür

LeerImmer wieder einmal werden uns Augenblicke geschenkt, in denen wir entdecken, daß wir auf der Suche sind: nach einer Tür, die nicht wieder zufallen kann - nach einem Glück, das beständig ist - nach sinnvollen Zielen - nach einer Mitte für unser unruhig kreisendes Leben.

LeerJesus hat diese Mitte gezeigt: den guten Vater, den Gott, „der unser Bruder worden ist”. Dieser Gott spricht zu uns, wenn wir Jesus und seinen Weg ansehen. Er spricht zu uns, wenn wir Jesu Wort hören. Er spricht zu uns, wenn wir uns von Jesus an den Bruder, an die Schwester weisen lassen, die sein Antlitz tragen, denn „nach seinem Bilde” hat er uns geschaffen. Immer wieder begegne ich ihm. Aber wie oft weiche ich ihm aus: warum?
O Herr, nimm von mir,
was mich wendet von dir.
O Herr, gib doch mir,
was mich führt zu dir.
O Herr, nimm mich mir
und gib mich ganz zu eigen dir.
Quatember 1988, S. 16-18

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-02
Haftungsausschluss
TOP