Symbol   Quatember

Startseite
Inhalt
Inhalt 1988
Autoren
Themen
Stichworte

Vor 30 Jahren: Oskar Planck beginnt in Kirchberg
von Hans Nickles

LeerAm 21. Februar 1988 wäre Oskar Planck, einer der Stifterbrüder der Evangelischen Michaelsbruderschaft und der erste Leiter des Berneuchener Hauses Kloster Kirchberg, einhundert Jahre alt geworden. Er starb vor achtzehn Jahren am Johannistag 1970 in Korntal, nahe seinem Geburtsort Stuttgart. Wer ihm persönlich begegnet ist, wird Gestalt und Wesen dieses begnadeten Menschen zeit seines Lebens nicht vergessen. Das Wissen um sein Wirken für die Kirche, die Bruderschaft und den Berneuchener Dienst sollte über diesen Kreis hinaus lebendig erhalten werden.

Leer„Ich bin nicht zum Regieren geboren, aber ich diene gern”, schrieb Oskar Planck einmal an Wilhelm Stählin, den Weggefährten und Freund seit den Berneuchener Konferenzen der zwanziger Jahre und Mitstifter der Bruderschaft 1931. In der Tat, eine „Führerpersönlichkeit” im herkömmlichen Sinn war dieser so bescheiden von sich denkende schwäbische Pfarrer nicht, und dennoch gingen von ihm Segensströme aus, die noch heute wirksam und spürbar sind. Die Herkunft Oskar Plancks aus einer humanistisch hochgebildeten Familie, sein breitgefächertes Studium an der Tübinger Universität, das Erlebnis der Jugendbewegung, die Erfahrungen als Krankenträger und Lazarettzug-Pfarrer während des Ersten Weltkriegs, seine Pfarrdienste in verschiedenen Land- und Stadtgemeinden Württembergs, seine Beteiligung an der Gründung einer Ländlichen Volkshochschule und einer Hausschwesternschaft, vor allem aber die geistlichen Erkenntnisse, die ihm durch „Berneuchen”, als Konventältester und Leiter des Berneuchener Dienstes zuteil wurden, scheinen rückblickend die Vorbereitung gewesen zu sein für einen Dienst, den man als die Krönung seiner Lebensarbeit bezeichnen kann: schon fünf Jahre im tätigen Ruhestand in Stuttgart lebend, ließ sich der Siebzigjährige auf den Kirchberg rufen.

Linie

Leer„Nicht als ob Kirchberg jemals im Anfang oder im Fortgang das Werk eines einzelnen gewesen wäre. Aber als das Gemeinschaftswerk des Konvents Württemberg 1958 so weit gediehen war, daß mit der Arbeit im Haus der Einkehr und Begegnung begonnen werden mußte, da war es Bruder Planck, der äußerlich von den Umständen her und innen aus dem Herzen heraus wie kein anderer bereit und vorbereitet war, den Anfang zu machen, als erster Leiter und Hausvater”, notierte Paul Rohleder, sein Nachfolger in Kirchberg.

LeerIn diesem Dienst, den er drei Jahre lang allein und weitere drei Jahre, ganz selbstverständlich hinter Bruder Rohleder zurücktretend, hingebungsvoll getan hat, brachte Oskar Planck die Ernte seines Lebens ein. Die von ihm gefundene Formel vom dreifachen Dienst der Bruderschaft und des Berneuchener Dienstes - Leiturgia, Diakonia, Martyria -, mit der die Hinwendung zu Gott, zum Bruder und zur Welt gemeint ist, konnte er hier noch einmal beispielhaft verwirklichen, im Betstuhl und am Altar, als Seelsorger und Beichtvater für Gäste und Hausgenossen, als Prediger und Bibelausleger. Was er tat und sagte - nie sprach er laut - kam aus einer von der Gegenwart Gottes erfüllten Stille. Seine geradezu franziskanische Bedürfnislosigkeit und Heiterkeit, seine Freude an der Schöpfung verband sich mit einem tiefen Ernst der Christusnachfolge und einer brüderlichen Zuwendung zu allen Leidenden, die aufgrund selbst erfahrenen Leidens trösten, helfen und zurechtbringen konnte.

LeerDie Themen der Jahrespläne aus jener Zeit sind Zeugnisse für Oskar Plancks biblischen Realismus und Universalismus, der keiner theologischen Schule oder Modeströmung verhaftet war. Er gab damit dem Berneuchener Haus Kloster Kirchberg eine unverwechselbare Prägung. Bevor er den Kirchberg verließ, legte er seine Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesen Jahren in einer Denkschrift mit dem beziehungsreichen Titel „Traditio” nieder. Keiner seiner Nachfolger und niemand, der die Verantwortung für das Kirchberger Werk mitträgt, kann dieses Vermächtnis übergehen. Wer heute, im dreißigsten Jahr des Berneuchener Hauses, auf dem Kirchberg einkehrt, findet dort noch viele Spuren seines Wirkens, nicht zuletzt in seiner heute wie damals gültigen Schrift „Ein Gang durch Kloster Kirchberg und seine Geschichte”, die dem Besucher den Genius loci trefflich erschließt.

LeerDaß Oskar Plancks Ehefrau Ida, geb. Eisenhans, die samt der kleinen, tapferen Schar der ersten Hausgemeinde die Pionierarbeit ihres Mannes mittrug, in ihrem hohen Alter noch immer als verehrter Gast in die „kleine Stadt auf dem Berge” kommen kann, empfinden viele als freundliches Geschenk lebendiger Erinnerung an jene not- und verheißungsvollen Anfänge. Und immer noch werden die Teilnehmer der Kirchberger Geistlichen Wochen mit dem von Oskar Planck formulierten Reisesegen entlassen, der mit den Gebetsworten schließt: „... Und weil Du an allen Orten bist, so schenke uns hier und dort, daß wir unter Deinem Schutz und unter Deiner Führung bleiben und Dir in Freude und Leid näher kommen durch unseren Herrn Jesus Christus. Amen.”

Quatember 1988, S. 24-25

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-02
Haftungsausschluss
TOP