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Gründung eines Benediktinerinnen-Priorates
in Marienrode bei Hildesheim

von Hans-Dietrich Paus

Leer„Wir wollen konsequent benediktinisch leben und dadurch Gott wirken lassen” faßt eine Schwester auf die Frage nach den Aufgaben des neuen Priorates zusammen. Seit dem 5. Mai 1988 leben eine Priorin und neun Schwestern in den wiederhergerichteten Räumen der alten Zisterzienser-Abtei Marienrode im Süden von Hildesheim unter der benediktinischen Regel zusammen. Der Rhythmus von Gebet und Arbeit bestimmt ihren Tageslauf. Der Anstoß zur Gründung einer Ordensniederlassung im katholischen Bistum Hildesheim kam 1983 vom kurz zuvor ernannten Bischof Dr. Josef Homeyer, der nach langen Jahren des Aufbaus des Bistums in katholischer Diaspora nunmehr in ‚die Tiefe bauen’ wollte. Seine Bitte haben die Schwestern der Abtei St. Hildegard in Eibingen nach einer langen Zeit des Nachdenkens und Betens als ‚Anruf Gottes’ gehört und sich am Ende in einer Abstimmung dazu entschieden, 10 Schwestern nach Marienrode auszusenden.

LeerNoch ist das Klostergelände Baustelle - auch ein Zeichen für den Auftrag der Ordensgemeinschaft. Die Klosterkirche wurde für die Bedürfnisse des Klosters renoviert und bekam ihre ursprüngliche Gestalt, Konventsgebäude und Klausurbereich sind nach langer Nutzung als Wohnungen wiederhergestellt, Gästeflügel und weitere Zellen sind im Stadium des Umbaus. Ein Exerzitien-Haus, das zu Einkehrtagungen einlädt, steht in enger Verbindung mit dem Kloster. Wer sich ein wenig in der Ordensregel des Benedikt auskennt, dem ist deutlich, daß diese Klostergründung nicht gleichsam .missionarisch' nach außen wirken will. Deshalb machen die Schwestern bewußt keine .Bildungsangebote' oder werben gar für sich. Aber ganz selbstverständlich kommen Menschen einzeln oder in Gruppen zu ihnen, zum Gespräch vor allem, aber auch zur Teilhabe an den Gebetszeiten. Diese übrigens werden, wie auch Teile der Eucharistie-Feier, lateinisch gehalten.

LeerNach längstens 10 Jahren muß sich die Kommunität durch eigene Arbeit erhalten können, berichtet die mit der Öffentlichkeitsarbeit betraute Schwester. Im Augenblick betreibt das Kloster eine Buchhandlung, künftige Aufgaben könnten in einer Hostienbäckerei und der Errichtung von Kunstwerkstätten liegen. Bis das Priorat wirtschaftlich stark genug ist, wird es weitgehend noch vom ‚Mutterkloster’ mitgetragen. Von dort kommen auch die ‚Spezialitäten’ der Abtei: ein Dinkel-Kochbuch mit Vollwertkost-Rezepten aus einer besonderen Weizenart und natürlich Wein und Klosterlikör. Mit der Besiedelung des Klosters Marienrode kehrt nach 130 Jahren wieder monastisches Leben in ein ‚ur-benediktinisches’ Land zurück, in dem zahlreiche Klosterbauten von dieser Vergangenheit Zeugnis geben. In ein evangelisches Land nun allerdings.

LeerAber sowohl Landeskirche wie auch die evangelisch-lutherische Ortsgemeinde begreifen diese katholische Klostergründung als Bereicherung für ökumenisches Miteinander. „Ökumene liegt uns sehr am Herzen”, sagen die Schwestern und das kommt nicht nur dadurch zum Ausdruck, daß die evangelische Kirche auch mit auf dem Klostergelände liegt. Bei wichtigen Ereignissen feiert die ‚andere Seite’ ganz unkompliziert mit, ob es die Einführung der evangelischen Pastorin war oder eben die Feier zur Klostergründung am 950. Todestag des Hildes-heimer Bischofs Godehard am 5. Mai 1988.

Quatember 1988, S. 148-149

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-30
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