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Altkatholisch-Evangelische Begegnung
von Volkmar Walther

LeerErstmalig in der DDR fand am 2. Sonntag nach Trinitatis, dem 12. Juni 1988, in Weißenborn bei Freiberg (Sachsen) ein altkatholisch/lutherischer Gottesdienst statt. Als Gast begrüßten wir den Vorsitzenden des Gemeindeverbandes der Altkatholischen Kirche in der DDR, Pfarrer Manfred Gersch aus Döbeln, der uns gemeinsam mit einigen Altkatholiken besuchte und die Predigt hielt. In diesem Gottesdienst, dem die Lima-Liturgie zugrunde lag, waren die anwesenden Altkatholiken eingeladen, gemeinsam mit Gliedern unserer Gemeinde am Heiligen Abendmahl teilzunehmen. Dieser Gottesdienst entsprach der 1985 getroffenen „Vereinbarung über die gegenseitige Einladung zur Teilnahme an der Eucharistie” zwischen dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und dem Katholischen Bistum der Altkatholiken in Deutschland. Dieser Vereinbarung schloß sich 1988 die Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR an. Dort heißt es:

Leer„Aufgrund der Beschlüsse aller Gliedkirchen des Bundes sowie der Zustimmung der gesamtkirchlichen Zusammenschlüsse erklärt die Konferenz für die Glieder des Gemeindeverbandes der Altkatholischen Kirche in der DDR die Einladung zur gastweisen Teilnahme am Abendmahl in den Gliedkirchen des Bundes, ohne daß damit die Zugehörigkeit zu ihren eigenen Gemeinden in Frage gestellt wird.”

»Im Anschluß an den gut besuchten Gottesdienst trafen sich unsere altkatholischen Gäste und interessierte Gemeindeglieder zum näheren Kennenlernen und zum Gespräch im Gemeindesaal. Hier berichtete Pfarrer Gersch über das Gemeindeleben der Altkatholiken, die sich mit 1000 Gemeindegliedern in einer extremen Diasporasituation befinden und mit ihren Gottesdiensten in evangelischen Kirchen zu Gast sind. Neben der religiösen Unterweisung in den Familien und durch Pfarrer Gersch nehmen die Kinder am kirchlichen Unterricht der Evangelischen Kirche teil. Die Altkatholische Kirche zeichnet sich durch eine große Offenheit für die Ökumene aus.

LeerMit der Anglikanischen Kirche besteht bereits seit 1931 Sakramentsgemeinschaft. Mit den orthodoxen Kirchen erhofft man sich diese von einem Panorthodoxen Konzil. Einer Sakramentsgemeinschaft mit der Römisch-Katholischen Kirche steht seitens der Altkatholischen Kirche nichts im Wege. Man würde sich freuen, wenn sich diese bald realisieren ließe.

LeerUnverändert aktuell ist die von Ignaz v. Döllinger († 1890) formulierte These: „Lehre und Leben der alten, ungeteilten Kirche ist Grundlage einer neuen Einheit in Vielfalt.” Auch für uns Evangelische ist dies eine echte Herausforderung, so wie es Martin Luther mit dem Begriff Ecclesia semper reformanda umschrieben hat. Sollte die altkatholisch/evangelische Vereinbarung nicht nur Papier bleiben, dann wäre es an der Zeit, auch praktische Konsequenzen daraus zu ziehen, so wie wir es in Weißenborn getan und mit großem Segen für alle Anwesenden erfahren haben. Möge dieser Gottesdienst ein Anstoß sein, auch an anderen Orten, wo Altkatholiken bei evangelischen Gemeinden zu Gast sind, hin und wieder solche gemeinsamen Gottesdienste zu feiern, oder bei altkatholischen Eucharistiefeiern evangelische Mitchristen zur Kommunion einzuladen.

Quatember 1988, S. 158-159

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-30
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