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Kontemplative Meditation
von Georg Günter Blum

LeerEs gibt Erfahrungen, die Neuland erschließen. Der von Georg Günter Blum, Doris Henn und Günther Hinz geleitete Kurs „Kontemplative Meditation” vom 11. bis 18. Juli in Kloster Kirchberg war der Versuch, einen ersten Schritt in solch ein neues Land zu wagen.

LeerImmer wieder geht es für uns um die Betrachtung biblischer Worte und Bilder. Alles was wir von Christus hören und sehen, bedarf ständig der immer neuen inneren Aneignung. Nun kann es geschehen, daß wir bei diesem Bemühen allmählich oder auch ganz plötzlich über alle gedanklichen Formen und Inhalte hinausgeführt werden in einen Raum, der nicht mehr mit den Begriffen unserer gegenständlichen Welt umschrieben werden kann. Seit vielen Jahren haben wir diese Überschreitung geübt und Einführungskurse in ungegenständliche Meditation gehalten. Dabei wurde uns schließlich klar, daß es auf diesem Wege zu einer noch tieferen Verinnerlichung kommen kann, die uns die unsagbare göttliche Gegenwart erfahren läßt.

LeerDieses Einssein mit uns selbst und mit Gott wird in der christlichen Tradition Kontemplation (con-templum) genannt. Genauer gesagt handelt es sich hier um das Innewerden des auferstandenen kosmischen Christus in der Mitte unserer Seele, im Heiligtum unseres Herzens. Wir haben nun bei unserem Sitzen in Versunkenheit nicht nur versucht, zur Ruhe zu kommen (dies geschieht durch die Lösung von allen Gedanken, die Wahrnehmung des Beckenraumes und das Loslassen des Atems), sondern zugleich auch beim Kommen des Atems unseres Herzens innezuwerden als Mitte unseres Fühlens und Wollens, als Zentrum unseres Denkens und Glaubens.

LeerDieses Herzensgebet ist nichts anderes als das Jesusgebet, denn mit dem Aus- und Einatmen verbinden wir den Namen Jesus, am besten in seiner ursprünglichen Form Jeho-shua oder auch in der in der Ostkirche üblichen Anrufung „Herr Jesus Christus erbarme dich meiner”. Möglich wäre auch, das Urgebet Jesu selbst aufzunehmen „Abba, lieber Vater”. Jeder muß hier seinen eigenen ganz persönlichen Weg finden. Natürlich soll dadurch nicht eine neue Reflexion über Christus in Gang gesetzt werden. Es soll dadurch vielmehr die Sehnsucht zum Ausdruck kommen, über alles Verstehen und Begreifen die unaussprechliche Gegenwart des Christus zu erfahren, der Himmel und Erde ebenso wie den Raum meiner Seele und das Heiligtum meines Herzens erfüllt.

LeerUm Schwierigkeiten beim Sitzen und Atmen zu begegnen, haben wir die in unseren Einführungskursen bewährten Übungen beibehalten. Das meditative Singen und Tönen kann zu einer besseren Atmung führen. Die Eutonie kann der Entspannung und der Einfühlung in unseren Leib dienen. Wichtig sind auch die täglichen Vorträge, die den spirituellen Horizont dieser Übungen in der Sicht christlicher Mystik erläutern. Eine gute Hilfe sind auch für jeden von uns die Einzel- und Gruppengespräche. Das mehrtägige Schweigen wurde von uns allen als eine wohltuende Hilfe für den Weg der Versenkung empfunden. Die Einbindung der kontemplativen Meditation in das Gebet der Tageszeiten und die tägliche Feier der Eucharistie ließ uns immer wieder neu erfahren: Zwischen der Sprachgestalt unseres Glaubens und seinen sakramentalen Zeichen und dem was über alle Zeichen und Worte hinausgeht, besteht kein Gegensatz; nein, beides zusammen führt uns in die Tiefendimension christlicher Erfahrung. Besser als dieser kurze Bericht kann vielleicht dieses aus Indien stammende Gebet das zentrale Anliegen unseres Kurses zum Ausdruck bringen. Alle Teilnehmer konnten es als Ausdruck ihres eigenen Glaubens annehmen.
„Oh Du, der die Tiefe meines Herzens betreten hat,
gewähre, daß mein Geist gesammelt bleibt in dieser Tiefe meines Herzens!
Oh Du, der mein Gast ist in der Tiefe meines Herzens,
gewähre, daß ich immer tiefer eindringe in diese Tiefe meines Herzens!

Oh Du, der in der Tiefe meines Herzens zu Hause ist,
gewähre, daß ich mich in Frieden niederlasse
in dieser Tiefe meines Herzens!

Oh Du, nur Du wohnst in der Tiefe meines Herzens,
gewähre, daß ich hinabtauche und mich verliere
in dieser abgrundtiefen Tiefe meines Herzens!

Oh Du, der ganz allein in der Tiefe meines Herzens ist,
gewähre, daß ich mich auflöse in Dir,
in der Tiefe meines Herzens!”
Quatember 1988, S. 228-229

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-12
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