Symbol   Quatember

Startseite
Inhalt
Inhalt 1989
Autoren
Themen
Stichworte

Trauerriten und Trauermusik: Liturgie - Therapie - Potpourri?
von Gerhard Kappner

LeerEs dürfte der Öffentlichkeit weithin unbekannt sein, daß es in Kassel seit zehn Jahren ein Zentralinstitut für Sepulkralkultur gibt, das als interdisziplinäres Forschungszentrum für den gesamten Bereich der Friedhofskultur mit Archiv, Fach- und Quellenbibliothek, Foto- und Diathek sowie musealen Sammlungen tätig ist. Die Sammlungen, die wegen ihrer Unterbringung in verschiedenen Depots bisher nur begrenzt gezeigt werden konnten, sollen in dem geplanten Museum am Weinberg allgemein zugänglich gemacht werden. Seit dem Beginn der achtziger Jahre besteht Übereinstimmung, daß das Zentralinstitut auf die Dauer nicht darauf verzichten kann, den Bereich der Trauermusik in seine Forschungen einzubeziehen. Darum wurde im Jahr 1983 mit dem Aufbau eines Musikarchivs begonnen, das die dringend benötigte Fachliteratur, die entsprechenden Tonträger und das einschlägige Notenmaterial enthalten soll. In diesem Zusammenhang kommt dem Erscheinen des Bandes 5 der Kasseler Studien zur Sepulkralkultur: Norbert Bolin, Sterben ist mein Gewinn -Ein Beitrag zur evangelischen Funeralkomposition der deutschen Sepulkralkultur des Barock und der Tagung „Trauerriten und Trauermusik. Liturgie - Therapie - Potpourri?” in der Katholischen Akademie Mülheim/Ruhr vom 21.11. bis 23.11.88 wegweisende Bedeutung zu.

LeerEntsprechend den Grundsätzen der „Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal”, historische Forschung und konkreten Praxisbezug miteinander zu verbinden, wurde das Tagungsthema unter vielfältigen Aspekten beleuchtet. Pastor Dr. Horst Albrecht (Preetz) machte in seinem Vortrag „Triviale Frömmigkeit auf dem Friedhof” deutlich, daß die Sterbe- und Begräbnisriten von dem Rückgang und der Verarmung an Kult und Symbol besonders betroffen sind. Der Vortrag „Trauerriten aus ethnologischer Sicht” von Prof. Dr. Justin Stagl (Bonn) zeigte die dominierende Rolle des Ritus in den Naturvölkern. Der Ritus hilft, mit dem Unbekannten und Unheimlichen des Todes fertig zu werden.

LeerProf. Dr. Traugott Stähling (Bethel) konzentrierte sich in seinem Vortrag „Christliche Sterbe- und Begräbnisliturgie” auf die Beziehungen zwischen Ritus und Verkündigung. Es komme darauf an, daß der Glaube in den rituellen Formen lebe. Der Vortrag des Unterzeichneten „Die Trauermusik in historischer Sicht” ließ die wichtigsten Entwicklungslinien in der Geschichte der Trauermusik erkennen, die durch praktische Beispiele aus den „Musikalischen Exequien” von Heinrich Schütz und der deutschen Gregorianik verdeutlicht wurden. Prof. Dr Dr. Karl Hörmann (Münster) demonstrierte die therapeutische Funktion der Musik an zahlreichen Beispielen. Musik beeinflusse das Gemüt, sie wecke Erinnerungen und führe zu neuen Perspektiven. Wolfgang Neumann unterstrich in seinem Referat die Notwendigkeit des Musikarchivs, das zum Kristallisationspunkt für die Beschäftigung mit der Trauermusik werden soll.

LeerDie Vorträge ließen liturgische und musikalische Ansätze erkennen, die zur Überwindung der gegenwärtigen Verhältnisse auf den Friedhöfen und in den Bestattungsinstituten beitragen können. Sie wurden von den Hörern eingehend diskutiert, unter denen sich außer Theologen, Kirchenmusikern und Friedhofsangestellten auch zwölf Studierende des kirchenmusikalischen Seminars in Essen befanden. Tagungen, dir die Thematik „Tod und Musik” weiterführen, sollen in den nächsten Jahren folgen.

Quatember 1989, S. 38-39

[Museum für Sepulkralkultur]

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-23
Haftungsausschluss
TOP