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Dem Gedenken Arnold Rickerts 10.7.1889-28.4.1974
Zu seinem hundertsten Geburtstag
von Christian Rietschel

LeerArnold Rickert, der Plastiker, Werkkünstler, Lehrer und Gestalter hat ein großes Lebenswerk hinterlassen, das überwiegend der Ausstattung neuer Kirchen gewidmet war. In zahlreichen Kirchen des norddeutschen Raumes, vor allem Westfalens und des Rheinlandes, finden sich seine Kruzifixe, Wandkreuze, Leuchter, Taufen und Ausstattungsstücke, seine Kanzeln, Lesepulte, Portale, ohne daß die Ortsgemeinde weiß, wer sie geschaffen hat. Das war ganz in seinem Sinn. Wie die Kunsthandwerker des Mittelalters anonym geblieben sind, wollte auch er nur dienen und legte keinen Wert auf Ehrung und Anerkennung. Dabei begnügte er sich aber nicht mit bescheidenen Maßstäben. Ganz im Gegenteil. Er war unerbittlich kritisch gegenüber seiner eigenen Arbeit wie der seiner Schüler als Professor der Werkkunstschule in Bielefeld. Und nicht zuletzt kritisch gegenüber der Massenfabrikation kirchlicher Ausstattungen, der Schablonisierung und Schematisierung im kirchlichen Raum und auf dem Friedhof. Er kämpfte gegen die Vermassung der Grabzeichen und Kruzifixe auf Särgen und Gräbern: „Kein Christ darf sich gefallen lassen, daß mit heiligen Zeichen und Bildern so ein Schindluder getrieben wird!”

LeerDer Paramentik, der Herstellung von Altar- und Kanzelbehängen, half er durch eine Neuherausgabe eines für seine Diakonissen hinterlassenen Manuskriptes Wilhelm Löhes (1808-72) „Vom Schmuck der heiligen Orte”. Unter seinen Schülern fanden sich Steinmetze, Holzbildhauer, Eisen- und Silberschmiede, Glasmaler, Mosaizisten, Zeichner, Designer, Drechsler, Schreiner und Tischler und natürlich Bildhauer und Bronzegießer. Arnold Rickert war so etwas wie das künstlerische Gewissen in diesem engsten Kreis seiner Mitarbeiter, die seine Ideen ausführten und seine Modelle übertrugen. Dabei wurde ein Gemeinsinn entwickelt, der wie die Bauhütten des Mittelalters zu einer am Werk orientierten gemeinschaftlichen Arbeitsstruktur führte, der Begabungen der Mitarbeiter ebenso Raum ließ wie der natürlichen Autorität des Meisters. Es ist bewegend, die fast einhelligen Urteile der inzwischen auch zu Lehrern und Meistern aufgerückten ehemaligen Schüler seiner Bielefelder Bildhauerklasse zu hören, und die Verehrung zu spüren, die ihm heute noch gezollt wird.

LeerWeit über den Kreis seiner Schüler hinaus hat Rickert im Arbeitsausschuß des Kirchenbautages, in dem er das Kunsthandwerk vertreten hat, durch seine Voten und Vorträge gewirkt sowie in den landeskirchlichen Ausschüssen für Kirchenbau, Kunst und Friedhofswesen. Als Sohn des Heidelberger Philosophen Heinrich Rickert und einer künstlerisch hochbegabten Bildhauerin hatte er eine bemerkenswerte Doppelbegabung ebenso der Kunst wie des kritischen Denkens. Wie seinem Vater ging es ihm um die Erhaltung von unaufgebbaren Lebenswerten, um Ethik im Sinne Kants. Er litt unter der Verflachung der Kultur seiner Zeit, den Surrogaten und Verfallserscheinungen des Massenzeitalters. Er richtete sich auf an den großen Zeichen christlichen Glaubens und Hoffens: Zu seinen schönsten Werken zählen die „Herrlichkeitskreuze”, Wandkreuze, die die Herrschaft des auferstandenen Herrn preisen und der über drei Meter hohe Osterleuchter in der Basilika in Trier: Christus, das Licht der Welt!

Quatember 1989, S. 172

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-23
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