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von Walter Lotz † |
Besinnungen zu den wesentlichen Schritten einer Eucharistiefeier: Ich will hineingehen zum Altare Gottes Es sei stille vor ihm alle Welt Die Frucht der Lippen, das Lobopfer des Glaubens Erhebet die Herzen Gedächtnis und Wandlung Das Brot des Lebens und der Kelch des Heils Einswerden und Sendung Aber das ist ja nicht alles. In neuer Zeit hat diese einseitige Einschätzung einer anderen Sicht Platz gemacht. Zu Sterbenden wird der Pfarrer immer seltener wegen des Abendmahls gerufen. Dafür sind die Feiern für die Lebenden in der Gemeinde immer häufiger geworden. Und das entspricht einem anderen, stärkeren Strang der alten Überlieferung. Das letzte Abendmahl Jesu war danach nicht eigentlich eine Passahmahlzeit. Vielmehr starb er am Kreuz um die Stunde, in der die Lämmer für das Passahmahl geschlachtet wurden. Am Abend vorher aber hielt er mit seinen Jüngern, wie schon so oft, die "Chaburah", das Brudermahl, für das es eine alte Liturgie gab mit dem Wechselgesang "die Herzen in die Höhe", der im Dreimahlheilig mündete. Und von diesem wöchentlich zu wiederholenden Mahl sagte er: "Solches tut zu meinem Gedächtnis! " So war es ganz natürlich, daß das Mahl des Herrn von Anfang an nicht einmal im Jahr, sondern einmal in der Woche begangen wurde. Jede Woche wurde begonnen mit dem Mahl des Herrn, der lobpreisenden Feier der Gegenwart des Auferstandenen, die man als "Eucharistie", als Lob- und Dankfeier bezeichnete. Der Passahmahlgedanke wird damit nicht ausgeschieden. Die häufig gefeierte Eucharistie ist immer auch ein Stück Wegzehrung auf dem Weg aus der Gefangenschaft in die Freiheit. Es ist uns nur alles noch viel näher gerückt. Wir gewinnen die Freiheit des wahren Lebens, indem wir hier und jetzt unser Vergehen annehmen und es bejahen, daß unser Leben ein Ziel hat und wir davonmüssen. So ist es ein Stück ernüchtertes Zusichselbstkommen, wenn die Christenheit heute die häufige Feier der Eucharistie neu zum Programm erhoben hat. Im folgenden sollen die wesentlichen Schritte einer Eucharistiefeier in einigen Besinnungen bedacht werden. Ich will hineingehen zum Altare Gottes Ich will hineingehen zum Altare Gottes und Gott die Ehre geben, die ihm gebührt. Ich will zurücklassen, was aufhält und beschwert. Ich will mich aus dem Vielfältigen hinwenden zu dem einen, das not tut. Ich will hineingehen, um dann wieder hinausgeschickt zu werden, Gottes Auftrag und Senden setzen voraus, daß ich nicht meine eigenen Ideen verwirkliche. Ich will mich senden lassen, seine Gebote zu erfüllen. Sein erstes Gebot aber lautet: Solches tut zu meinem Gedächtnis. Darum will ich hineingehen zum Altare Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist. Unter dem Zeichen des Kreuzes gehe ich hinein. In diesem Zeichen ist der Vorhang zerrissen. Der Weg ist frei zum Allerheiligsten. Freude und Wonne sind nicht auf der Straße aufzulesen. Sie warten im Inneren auf mich. Aber der Weg zum Innersten ist frei. Ich brauche ihn mir nicht zu verdienen oder zu erkämpfen. Es gibt keine Vorbedingungen. Ich darf kommen, wie ich bin. Ich darf alles zurücklassen, was mir doch nicht wirklich Freude und Wonne gibt. Ich will hineingehen zum Altare Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist. Es sei stille vor ihm alle Welt Die Frucht der Lippen, das Lobopfer des Glaubens Wir versuchen, unsere eigenen Worte einzubringen in das Lobopfer unseres Glaubens. Aber es fehlen uns die rechten Worte. Wir gebrauchen die Worte der Väter aus alten Zeiten. Psalmen, Hymnen und Bekenntnisse, die wir kaum verstehen, hinter deren Sätzen wir das Eigentliche ahnen, die uns zu eigenem Bekennen ermutigen. Wir stehen auf den Schultern der Väter. Auch wenn wir anders reden wollen und müssen, können wir es doch nicht besser tun. Es bleibt immer unangemessen. Es kann nie zur Bürde eines Gesetzes werden. Unser Singen, Rühmen und Loben bleibt eine Frucht der Lippen, die das Lobopfer des Glaubens darbringen dürfen, weil er mit seinem Opfer alles für uns getan hat, uns von der Last des Müssens befreit hat. "Gib ewigliche Freiheit zu preisen deinen Namen durch Jesum Christum. Amen." Erhebet die Herzen Das vierte Stück in den Kompositionen der Messe - Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus - zeigt diesen Übergang in eine andere Dimension. Mit dem Propheten Jesaja sind wir im Tempel von Jerusalem und hören das Lobgetön der Engel mit dem dreifachen Heilig. Wir stimmen ein und rufen dem Herrn aller Mächte und Gewalten zu: Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit. Aber dann treten wir mit dem Hosianna ein in das Innerste des Tempels: Hosanna sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe! So rufen die Kinder beim Einzug Jesu in Jerusalem. Und wenn die kunstvollen Bauten der Kirchen und die herrliche Gestalt der Altäre und die überschwengliche Gewalt der Töne es nicht mehr vermögen, so vermögen es noch immer die Herzen der Kinder: das Lobopfer einer Liturgie darzubringen, die uns hinübergeleitet in die andere Dimension des Mysteriums, in die sakramentale Gegenwart des Höchsten, vor der wir uns neigen: Herr, ich bin nicht wert, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund. Gedächtnis und Wandlung So führt das Gedächtnis zur Wandlung: wir werden gewandelt, indem wir erfüllt werden. Und wie wir neu erschaffen werden durch seine Liebe, so wird auch die ganze Welt neu erschaffen durch seine Liebe. Verwandlung der Welt durch den Heiligen Geist - das ist der große Horizont, in den uns die Feier der Eucharistie stellt. Da wirkt das Innerste des Mysteriums in das Äußerste der Welt hinaus und bewirkt, was wir nicht bewirken können. Unsere Ohnmacht bleibt nicht leeres Gefäß, sondern wird erfüllt von dem Feuer seiner göttlichen Liebe durch den Heiligen Geist. Das Brot des Lebens und der Kelch des Heils Und der Kelch steht auf dem Altar, der Fuß ruht fest auf dem Tisch, der Kelch öffnet sich nach oben; wie unser Glaube, der bereit ist zu empfangen, was wir uns nicht selbst geben können. Der Weinstock wurzelt im Erdreich und wächst auf zum Licht. Sein knorriger Stamm leitet das Wasser aus der Tiefe in die Höhe und unter den Strahlen der Sonne wird es in den Trauben in süßen Saft verwandelt; und dieser, gekeltert und vergoren, wird gereinigt und verwandelt in den Wein voller Kraft und Feuer. Im Opfergang des Weines seht wiederum ein Zeichen vor uns. Wartet auf uns ein Kelch der Leiden oder ein Kelch des Heils und der Freude? In Christus wird beides eins. Leiden wird in Herrlichkeit verwandelt. Einswerden und Sendung Wir können diesen Bogen nicht erstellen. Aber wir können hineingehen zum Altare Gottes; wir können stille werden, um zu hören; wir können das Lobopfer unseres Glaubens darbringen mit Brot und Wein und unsere Herzen erheben in die andere Dimension, in der Gottes Heiliger Geist uns bewegt und verwandelt. Wenn wir Eins werden mit dem Herrn des Lebens - er in uns und wir in ihm dann wird ganz von selbst von dieser Kommunion die Kraft der Einswerdung in unser Leben mit uns gehen und in diese zerrissene Welt hineinwirken. Das hat er in seiner Vorsorge uns als Testament hinterlassen: die Einladung, zu kommen und die Zusage, uns zu senden. Quatember 1989, S. 210-215 |
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