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von Beda Müller OSB |
Als Jugendseelsorger haben wir öfter die Gabenbereitung (damals sagten wir auch »Opfergang«) entfaltet durch Einlegen der zu konsekrierenden Hostien vor oder in der Messe. Einmal haben wir am 1. Mai den »Tag der Arbeit« so gestaltet, daß die jungen Leute bei der Gabenbereitung die Früchte und Werkzeuge ihrer Arbeit zum Altar gebracht haben: die Landwirte Brot und Mehl (oder Weizen), Metallarbeiter haben zwei handgeschmiedete Leuchter gebracht, Textilarbeiterinnen Altartücher und Paramente, ein Büroangestellter trug seine Schreibmaschine nach vorne, die Dekanatsführung brachte einen Kelch, auf dessen Fuß wir die Symbole wichtiger Berufsgruppen hatten anbringen lassen: Pflug, Zahnrad, Spinnrad und Wiege. Wir haben damals das vorweggenommen, was bei der im Konzil erneuerten Liturgie bei der Gabenbereitung gesprochen wird: »Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Wir bringen dieses Brot vor Dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde.« Ebenso beim Wein. Da ich gerade das »Gotteslob« aufschlage, um die genaue Formulierung nachzulesen, entdecke ich die Rubrik: »Es empfiehlt sich, daß die Gläubigen ihre Teilnahme durch eine Gabe bekunden. Sie können durch Vertreter Brot und Wein fur die Eucharistie oder selber andere Gaben herbeibringen, die für die Bedürfnisse der Kirche und der Armen bestimmt sind. Auch die Geldkollekte ist eine solche Gabe.« Längere Zeit hatten wir in Neresheim am Erntedankfest einen »Opfergang«. Im hinteren Teil der Kirche waren auf einem Tisch Erntegaben bereitgestellt, die dann bei der Gabenbereitung von Brudermönchen und weltlichen Mitarbeitern zum Altar gebracht und gesegnet wurden, wahrend die Gemeinde ein Lied sang: »Wir weihn der Erde Gaben« (GL 480 od. 468,490). Bei großen Gottesdiensten, z. B. bei den Papstbesuchen, sind solche Entfaltungen der Gabenbereitung üblich. Es werden typische Erzeugnisse des Landes, aber auch Blumengebinde dargebracht zusammen mit Brot und Wein für die eucharistische Feier. Die Ökumenischen Gespräche über die Eucharistie haben hier Klarheit geschaffen, daß das einmalige Opfer Christi nicht wiederholt, sondern vergegenwärtigt wird. Und wenn wir in diesem Geschehen nicht nur das Opfer Christi, sondern auch ein Opfer der Kirche sehen, dann wird das Wort »Opfer« nicht im univoken, sondern im analogen Sinn gebraucht. Das Opfer der Kirche ist nicht nur im Vollzug etwas anderes als das Opfer unseres Herrn (dem am ehesten nahe kommen die Blutzeugen in ihrem Martyrium), sondern darf auch nicht im additiven Sinn verstanden werden, vielmehr im partizipatorischen und konsekutiven Sinne. Das wird ausdrücklich klargestellt in der großen Doxologie am Ende des Hochgebetes: »Durch ihn und mit ihm und in ihm ist dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes alle Herrlichkeit und Ehre!«, worauf die Gemeinde mit dem feierlichen Amen antwortet (hier wünschte ich mir ein dreimaliges, mehrstimmiges Amen). Im Ökumenischen Eucharistiegespräch haben wir einen Vers im evangelischen Gesangbuch entdeckt, der ziemlich genau ausspricht, was wir mit dem Opfercharakter der Messe meinen: »Nichts kann ich vor Gott ja bringen als nur dich, mein höchstes Gut« (259,6). Und indem wir Christus mit seinem Opfer dem Vater darbieten, lernen wir, uns selbst mit ihm dem Vater darzubringen. Luther hat selbst Formulierungen, die in diese Richtung weisen: »Das ist wohl wahr: Solch Gebet, Lob, Dank und unser Opfer selbst sollen wir nicht durch uns selbst fürtragen vor Gottes Augen, sondern auf Christus legen und ihn fürtragen lassen... Wo man also die Messe ein Opfer hieße, wäre es wohl recht.« (Sermon vom Neuen Testament [1520]. WA 6, 368 f.) Da wir bei den Kindern sind, will ich erzählen, wie ich zum Beispiel bei Familienferienfreizeiten es gemacht habe. Gegen Ende der Freizeit, während der die tägliche Eucharistiefeier zum Wichtigsten geworden ist, sage ich den Kindern: »Morgen werden wir zum letzten Mai die Messe zusammen feiern. Jesus hat uns diese schönen Tage geschenkt durch eure Eltern. Können wir ihm nicht auch etwas schenken? Überlegt einmal, wie wir ihm eine Freude machen können, nachdem er uns so viel Freude geschenkt hat! Ich werde morgen eine große Schale auf den Altar stellen. Da dürft ihr dann etwas hineinlegen.« Daraufhin ging ein eifriges Ratschlagen an, mit den Eltern und unter den Kindern. Jedes hatte am nächsten Morgen etwas mitgebracht, eine Tafel Schokolade, Spielsachen, Geld. Ein Kind hatte von seinen Kasperle-Puppen den Teufel in die Schale gelegt. Offenbar war es zur Einsicht gekommen, daß Jesus sich am meisten freut, wenn es sich von seinem Teufel trennt. Von einem Kind kam ein »Gemälde« mit einem Herzen: »Das schenk ich dir.« Größere Kinder hatten, wohl nicht ohne Mitwirkung der Eltern, sich überlegt, daß Jesus mit diesen Sachen nicht viel anfangen kann. Ihn freut am meisten, wenn wir eine gute Tat versprechen oder an der Überwindung unserer Fehler arbeiten. Sie hatten ein Briefchen geschrieben mit einem guten Vorsatz. Diese Briefchen, ja was sollten wir damit machen? Schokolade, Spielsachen und Geld können wir an arme Kinder weiterschenken. Aber was machen wir mit den Briefchen? Sollen sie geöffnet und verlesen werden? Allgemeine Ansicht: Nein! Das geht nur Jesus etwas an. Wir vereinbarten, daß wir die Briefchen am Schluß der Messe verbrennen und ihm hinaufschicken. Eine Erinnerung an die Opferfeuer des Alten Bundes. Ein ähnlicher Brauch hat sich bei unserem »Benediktinischen Kreis - Neresheim« eingebürgert, der seit zehn Jahren besteht als Frucht des Benediktjahres 1980. Zu ihm gehören evangelische und katholische Christen, die nach größerer Verbindlichkeit ihres geistlichen Lebens suchen unter dem Leitwort »Gott zuerst!« Er kommt deshalb in der ersten Januarwoche zusammen. Bei der Gabenbereitung in der abschließenden Eucharistiefeier legen fast alle einen geschlossenen Brief in eine beim Altar aufgestellte Krippe mit ihrer selbstgewählten, fur ein Jahr geltenden Verpflichtung. Uber den Inhalt dieser persönlichen »Gaben« wird nicht gesprochen. Sie werden gesegnet und in sein Opfer hineingenommen. Anschließend nimmt jeder seinen Brief wieder an sich. Die meisten der Beteiligten haben bei der Übergabe ihres Versprechens von dem Angebot Gebrauch gemacht, um einen persönlichen Segen zu bitten. Sie knien vor dem Altar nieder, sagen, wofür sie den besonderen Segen erbitten, z. B. um Stärkung und Geleit für das neue Jahr, um Hilfe in familiären Nöten, für eine neue berufliche Situation, um Gesundheit, auch für Angehörige, daß sie den Weg zum Glauben finden. Zum Schluß sei darauf aufmerksam gemacht, daß die Liturgiereform des II. Vatikanums durchweg bemüht ist, die Spendung der Sakramente und Sakramentalien in den Gang der Eucharistiefeier einzubauen, und zwar nach dem Wortgottesdienst im Zusammenhang mit der Gabenbereitung. So bei der Taufe, der Firmung, der Trauung, der Diakonen- und Priesterweihe, der Mönchsprofeß, der Abts- und Bischofsweihe, der Krankensalbung. Das menschliche Tun beim Eingehen dieser Verbindlichkeiten ist Vorbereitung und zugleich Auswirkung des Christusgeschehens. Er ruft uns zur Nachfolge und zieht uns in seine Bewegung der Hingabe an den Vater und die Welt hinein. Er will mit uns zusammenwachsen zu einer Opfergabe des Dankes, der Sühne, der Fürbitte und Anbetung. Er wandelt nicht nur Brot und Wein, er will auch uns verwandeln, ja den ganzen Kosmos. Ganz einfach wird der Zusammenhang von Christi Opfer und unserem menschlichen Beitrag im Kinderlied zur Gabenbereitung ausgesprochen: Das Opfer will bereitet sein:In diesem Lied wird die Beimischung von Wasser in den Wein erwähnt. Der Tropfen Wasser im Wein deutet den qualitativen und quantitativen Unterschied der beiden Gaben an. Im alien Meßbuch hieß es: »Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar geschaffen und noch wunderbarer erneuert: Laß uns durch das Geheimnis dieses Wassers und Weines teilnehmen an der Gottheit dessen, der sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur anzunehmen, Jesus Christus...« Die Mischung von Wein und Wasser deutet hin auf die Verbindung der göttlichen und menschlichen Natur in Jesus Christus, aber auch auf unsern Beitrag zum Christusgeschehen in der eucharistischen Feier, wie im ganzen Heilswerk. [vergleiche Hans Mayr - Die Bereitung der Gaben in der eucharistischen Feier] © Beda Müller OSB Quatember 1991, S. 88-92 |
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