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»Wache auf, der du schläfst...« (Epheser 5,14)
von Jürgen Boeckh

LeerIm Neuen Testament werden - im Unterschied zum Alten - die Wörter »erleuchtet« und »Erleuchtung« eindeutig im übertragenen Sinne gebraucht. Im Prolog des Johannesevangeliums heißt es von dem »Wort« (griechisch: Logos): »In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen... Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet...« Und doch nicht alles, denn »das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen«. (1,4-9) Damit wird das Geheimnis des Glaubens - und Nicht-glauben-Könnens oder -Wollens - angerührt! In einem Gebet um die Erkenntnis des Sohnes Gottes heißt es: »Er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist.« (Epheser 1,18)

LeerAufklärung und Erleuchtung sind nicht das gleiche. Aufklärung ist gut und richtig. Erleuchtung reicht über diese Welt hinaus. In dem Roman »Krebsstation« von Alexander Solschenizyn hält sich ein junger Mann an eine ältere Frau, die ihn in eine unbekannte Welt einfuhrt. Sie spricht von Gott, von dem unser Schicksal abhängt. Auf seine Frage, wozu sie denn gut sei, die große Fastenzeit, antwortet sie: »Daß man sich nicht den Bauch stößt, wenn man sich zur Erde verneigt. Aber nicht nur deswegen, auch Erleuchtungen müssen sein.«

LeerUnter der Überschrift »Das Leben im Licht« heißt es im Epheserbrief (4,17-18), ähnlich wie im Johannes-Prolog: »Ihr wart früher Finsternis, nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als die Kinder des Lichts!« Und vorher (nach der Einheitsübersetzung): »Lebt nicht mehr wie die Heiden in ihrem nichtigen Denken! Ihr Sinn ist verfinstert. Sie sind dem Leben, das Gott schenkt, entfremdet durch die Verhärtung ihres Herzens.«
»Darum heißt es:
Wach auf, der du schläfst,
und steh auf von den Toten,
so wird dich Christus erleuchten.« (5,14)
LeerDie Scheidelinie zwischen Tod und Leben läuft anders als der »alte Mensch« denkt! (Im Sinne des Apostels Paulus kann ein nach Jahren junger Mensch ein »alter« Mensch sein.) Das Zitat aus dem Epheserbrief stammt vermutlich aus einer frühen Taufordnung. Das werdende »Kirchenjahr« kannte schon im 2. Jahrhundert am 6. Januar den »Tag der Erscheinung«, der der Erinnerung an die Taufe des Herrn diente und ein feierlicher Tauftermin war. Damals wurden die Täuflinge, alte und junge, ganz in das Wasser eingetaucht. Paulus, der im 6. Kapitel des Römerbriefes Tod und Leben mit der Taufe verbindet, sagt im 2. Korintherbrief (4,6): »Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, daß durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.«

Quatember 1993, S. 253

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-15
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