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Zum Tode von Hans Dombois
von Johann-Friedrich Moes

LeerAm 24. Juni 1997 verstarb in Porta Westfalica Prof. D. Dr. Hans Dombois im 90. Lebensjahr. Der einer hugenottischen Familie entstammende Jurist war zunächst im Dienst der Justiz (Staatsanwaltschaft) tätig (1937-1951, unterbrochen durch Kriegsdienst und Gefangenschaft). Danach wurde er als hauptamtliches Mitglied in die Evangelische Studiengemeinschaft berufen (»Christophorusstift« in Hemer/Westfalen, seit 1958 »Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft« / FeSt in Heidelberg). Ihre Aufgabe ist es, den Rat der EKD, seine Kammern und Ausschüsse sowie die Evangelischen Akademien, den Kirchentag und ähnliche Einrichtungen zu beraten. Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen arbeiten dort zusammen, zu Zeiten von Dombois der Theologe Friedrich Karl Schumann, der Naturwissenschaftler Günter Howe, der Philosoph Georg Picht oder der Historiker Wilhelm Schüssler. So gehörte die Mitarbeit in verschiedenen Kommissionen (u.a. für Familienrecht, Eherecht und Strafrecht) zu seinen Aufgaben; von 1950 bis 1961 leitete er die Arbeitsgruppe des Kirchentages für politische Fragen.

LeerAls Junge hatte Dombois seinen Wunsch durchgesetzt, von Karl-Bernhard Ritter am Deutschen Dom in Berlin konfirmiert zu werden. Als er während seines Referendariats bei seinem Schwager Ernst Schwebel, einem der Stifter der Evangelischen Michaelsbruderschaft, in Marburg wohnte, wurde er, ohne es zu wissen, Zeuge der Stiftung der Bruderschaft. Entscheidende Begegnungen während der Kriegsgefangenschaft vertieften seine Beziehung zur Kirche, ihrem Wesen im Glauben, ihrer Erscheinung im Gottesdienst und ihrer konkreten - rechtlich verfaßten - Gestalt. So wurde er 1949 in die Michaelsbruderschaft aufgenommen. Zwanzig Jahre lang hat er in ihrem Rat mitgearbeitet (1954-1974); auch später war sein Rat erbeten. Er hat als eine Art »Vordenker« der Bruderschaft gewirkt; wesentlich war seine Mitarbeit an der Denkschrift »Credo Ecclesiam« (1956) und der Gestaltung des Gesamt-Michaelsfestes 1961 in Marburg.

LeerSeine grundlegenden Erkenntnisse über das Recht der Kirche und die ihrem Wesen gemäße Struktur legte Dombois in dem umfassenden Werk »Das Recht der Gnade« (3 Bd., 1961-83) nieder; es trägt den Untertitel »ökumenisches Kirchenrecht« und ist zugleich die Frucht seiner intensiven Beschäftigung mit der Rechts- und Geistesgeschichte sowie mit der Kirchengeschichte unter ausdrücklichem Einschluß der Dogmen-, Theologie- und Liturgie-Geschichte. Man kann dieses Werk als eine Auslegung des Satzes aus der Urkunde der Michaelsbruderschaft verstehen: »In allem, worin die Kirche erscheint, es sei ihre Verkündigung,ihr Gebet und Sakrament,ihr Liebeswerk oder ihre Verfassung, will Christus bezeugt werden,« geht es doch um die Entwicklung des Kirchenrechts vom Evangelium, von der Rechtfertigung her. Daß diese Konzeption von der evangelischen Kirche und ihrer Theologie kaum rezipiert wurde, kann nur zu ihrem Schaden sein. Ein Zeichen aber, daß seine Erkenntnisse über die eigene Konfession hinaus beachtet wurden, ist Dombois' Berufung zum Consultor bei der Schaffung einer Lex fundamentalis der katholischen Kirche; als solcher hat er in den 70er Jahren mehrere große Gutachten erstellt.

© Johann-Friedrich Moes
Quatember 1997, S. 231-232

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-11-21
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