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ENZYKLIKA UT UNUM SINT BRIEF DER ÖKUMENISCHEN ARBEITSGRUPPE ANTWORT DES VATIKANS ENZYKLIKA UT UNUM SINT Nachdem zwei Jahre lang keine Reaktion auf diese ungewöhnliche Einladung bekannt wurde, hat P. Beda Müller OSB, Neresheim, von sich aus eine Anzahl ihm bekannter evangelischer Kommunitäten, Bruderschaften und Gruppierungen gefragt, ob wir nicht eine gemeinsame Antwort auf diese Einladung versuchen sollten. Eine Arbeitsgruppe unter maßgeblicher Mitwirkung von Prof. Dr. Schmidt-Lauber aus Wien, der dazu vom Ältesten der Michaelsbruderschaft, Reinhold Fritz, berufen wurde, verfaßte daraufhin diesen Brief: BRIEF DER ÖKUMENISCHEN ARBEITSGRUPPE Ökumenische Arbeitsgruppe:Heiliger Vater, gern folgen wir, Vertreter evangelischer Vereinigungen, Bruderschaften und Kommunitäten, Ihrer Einladung zu einem Dialog über das Petrusamt als Dienst an der Einheit der ganzen Christenheit, wie sie in der Enzyklika Ut unurn sint ergangen ist. Wir haben für diesen Brief die herkömmliche Anrede gewählt, obwohl sie uns Evangelischen ungebräuchlich und fremd ist. Wir wären ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns mitteilen würden, welche Anrede auch aus Ihrer Sicht für evangelische Christen angemessen sein könnte. Nachdem über Taufe und Eucharistie mit den Konvergenzerklärungen von Lima (1982) und nun auch über die für die Reformation zentrale Rechtfertigungslehre Übereinkunft erzielt worden ist, bleibt die Amtsfrage das wohl schwierigste und notvolle Hindernis auf dem Weg zur sichtbaren Einheit. Wir sind davon überzeugt, daß in der Konvergenzerklärung zum Amt ein bedeutender Ansatz für weitergehende Schritte entwickelt worden ist, der noch nicht hinreichend rezepiert wurde. Die Apostolische Tradition als Grundlage und die Apostolische Sukzession als angemessenes Zeichen, das die ganze Christenheit verbinden kann, sind wichtige Ausgangsthemen eines neu aufzunehmenden Dialogs. Kirchen, die in der apostolischen Sukzession stehen, beginnen wahrzunehmen, daß die Apostolische Tradition auch in nicht in der Apostolischen Sukzession stehenden Kirchen grundlegend ist. Und Kirchen ohne Apostolische Sukzession werden aufgefordert, über die Bedeutung der Apostolischen Sukzession auch für ihr Amt nachzudenken. Wir erhoffen von Ihnen Hilfe zur Neubelebung und Intensivierung des ökumenischen Dialogs auf dieser Grundlage. Im Gedenkjahr der Geburt Philipp Melanchthons vor 500 Jahren wird die Erinnerung daran emeuert, daß die Reformatoren unter gewissen Bedingungen das so genannte Petrusamt des Papstes anerkannt haben, »damit die Einigkeit der Christen gegen Abspaltung und Ketzerei umso besser erhalten« bliebe. Diese Anerkennung geschah damals unter der Bedingung, daß der Papst »das Evangelium wollte zulassen«. Die damals geforderte Bedingung dürfte durch die »Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre« erfüllt sein. Wenn das Papsttum, das der Einheit dienen soll, derzeit selbst das größte Hindernis für diese Einheit der Kirchen ist, dann gilt das im besonderen Maß vom Dogma der Unfehlbarkeit in Lehrfragen und vom Primat. »Unfehlbarkeit« haben wir Evangelischen immer der Heiligen Schrift in ihren zentralen Aussagen als Quelle göttlicher Offenbarung zuerkannt. Wir glauben, daß durch die Jahrhunderte unser Amt der Verkündigung, soweit es dem Evangelium gemäß ausgeübt wurde, dessen Wahrheit auch lauter und rein weitergegeben hat. Insofern ist die Abwehr von Verfälschung und Häresie in Lehre und Verkündigung durch die Zeiten auch ein besonderes Anliegen von uns. Es kann jedoch als Aufgabe nicht in eines Menschen Verfügung sein, sondern ist allen Verkündigern und allen Christen aufgetragen. Allerdings könnte der Bischof von Rom einen besonderen Wächterdienst für die Einheit der ganzen Christenheit ausüben und darin ihr Sprecher sein. Dies müßte jedoch in einer kollegialen Weise geschehen, mit Hilfe eines Gremiums von gewählten Bischöfen der ganzen Christenheit, unter ihnen auch die evangelische. Was an weiterer Lehrentwicklung und als Abwehr von Irrlehre der Christenheit nötig ist zu sagen, das sollte von der Autorität eines Kollegiums getragen sein, das die ganze Christenheit vertritt und aus der Quelle der Heiligen Schrift lebt und entscheidet. Wir freuen uns über die schon gewährte eucharistische Gastbereitschaft. Es besteht aber noch vielfache Unsicherheit hinsichtlich der Teilgabe und Teilnahme, insbesondere für ökumenisch orientierte Kommunitäten und Gemeinschaften, ökumenische Tagungen, Konferenzen und Arbeitsgruppen, sowie für konfessionsverschiedene Ehepartner und Familienmitglieder. Wir bitten deshalb um Benennung von Kriterien für die Gewährung eucharistischer Gastbereitschafi, die über bestimmte Notfälle und Ausnahmesituationen hinausgehen und sowohl Anlässe als auch Voraussetzungen für die einzelne Person klarer definieren. Es scheint uns an der Zeit zu sein, eine breitere Grundlage zu schaffen und damit die Gewissen der Betroffenen zu entlasten, ohne daß der Zusammenhang von Kirchengemeinschaft und Eucharistiegemeinschaft (Abendmahlsgemeinschaft) in Frage gestellt wird, die ja das Ziel aller ökumenischen Bemühungen ist. Dabei ist uns bewußt, daß die Teilnahme an der Kommunion eine Gewissenssache, aber keine reine Privatsache ist. Eine Anregung möchten wir auch hinsichtlich der Peterskirche aussprechen. Sie wird ja von Christen aller Bekenntnisse, auch von vielen Nichtchristen besucht. Gegenwärtig droht der Tourismus sie zu einem Museum zu degradieren. Wir bitten zu erwägen, ob nicht nach dem Vorbild anglikanischer Kathedralen jede volle Stunde zu einer Gebetsstille eingeladen werden könnte, mit einem Grußwort von Ihnen und vielleicht dem Gesang von Taizé »Laudate dominum omnes gentes«. Auf diese Weise würde die Peterskirche ein Beispiel geben für die anderen Kirchen, die von Touristen besucht werden. Mit nochmaligem Dank für ihre Einladung zum Dialog bleiben wir Ihre Ihnen ehrerbietig ergebenen ANTWORT DES VATIKANS PONTIFICIUM CONSILIUM AD CHRISTIANORUM UNITATEM FOVENDAMSehr geehrter Herr Professor! Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II hat Ihren Brief vom 24. November 1997 erhalten und dankt Ihnen für die Überrnittlung des Schreibens, das die ökumenische Arbeitsgruppe anläßlich ihrer Tagung über die Enzyklika Ut unum sint, am 6. Oktober in der Abtei Neresheim, verfaßt hat. Die vom Heiligen Vater in dieser Enzyklika ausgesprochene Einladung an die Kirchenvertreter und ihre Theologen zu einem beharrlichen und brüderlichen Dialog über das Petrusamt in der Kirche, ist nicht ohne Antwort geblieben. Zahlreiche ökumenische Gruppen und Institutionen haben sich inzwischen vertieft mit diesem Thema beschäftigt und sind bereit, ihre Ergebnisse und Ratschläge dem Heiligen Vater zukommen zu lassen. Die von Ihnen gemachten Bemerkungen über die Apostolische Sukzession am Petrusamt, die dogmatischen Definitionen des Ersten Vatikanums und die Eucharistische Gastbereitschaft sind ein Beitrag zu dieser sich entwickelnden gemeinsamen Reflexion. Ich möchte Pater Beda Müller und allen Teilnehmern der ökumenischen Arbeitsgruppe bestens für das von Ihnen gezeigte Interesse danken. Daß ein Thema, das so sehr von der eigenen religiösen Erfahrung und den gegensätzlichen Gesichtspunkten der katholischen und der evangelischen Tradition »belastet« ist, Gegenstand einer offenen und konstruktiv geführten Diskussion ist, ist bestimmt ein verheißungsvolles Zeichen für die Zukunft der Ökumene. Wir müssen vermehrt nach den am besten geeigneten Mitteln suchen, damit die verschiedenen hier gemachten Beiträge sich gegenseitig befruchten können. Wir werden Sie über die weiteren Etappen in diesem sich im Gang befindlichen Progreß auf dem Laufenden halten. Ihre Bemerkung, die den Petersdom betrifft, und den Vorschlag, dort eine geräumige Zeit für die Gebetsstille vorzusehen, haben wir an die betreffenden Verantwortlichen weitergeleitet. Mit ergebenen GrüßenQuatember 1988, S. 90-91 |
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