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Eine Bemerkung zuvor
von Frank Lilie

LeerDas Jahr 313 wird eine Fragwürdigkeit bleiben. Damals leitete Kaiser Konstantin mit seinem Mailänder Toleranzedikt eine Entwicklung ein, die dem Christentum kurze Zeit später den Rang einer Staatsreligion verschaffte. Er hatte so seine politischen Hintergedanken dabei, der Monarch, - aber immerhin: Die Verfolgungen, der Spott, die Heimlichkeiten und auch das Märtyrertum fanden ein Ende. Nun ließ es sich leichter leben als Christ. Man konnte sich einrichten, ohne die alte Furcht der Katakombenchristen. Doch die neue Sicherheit forderte auch ihren Preis, einen sehr hohen, höher als manches, was je vom Christentum verlangt worden ist. Hatte nicht Jesus selbst einst gesagt: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt«? und die Lebensweise derer, die ihm nachfolgen wollten, als eine Pilgerschaft beschrieben: »Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege«? Wie verträgt sich das mit der Bürgerlichkeit der Kirche und der Christen, die eine ihrer Wurzeln eben damals, bei Konstantin und seiner berechnenden Großzügigkeit hat?

LeerDas neue QUATEMBER-Heft fragt nach Versuchen, den christlichen Glauben leben zu können. Die Suche nach Lebensgemeinschaften wird, das läßt sich immer deutlicher erkennen, eine der wichtigsten Fragen für die Zukunft der Kirche sein. Wie werden die Christen leben, wenn sie denn mit Ernst Christen sein möchten? Und wie wird die Kirche einmal aussehen? Wahrscheinlich ganz anders als heute und gestern, konzentrierter, verbindlicher, kleiner, ärmer. Das alles braucht ihr nicht zu schaden, im Gegenteil. Nur der Pakt mit dem Bürgertum, den wird sie aufgeben müssen, weil sie sonst den Ruf Jesu zur Unbedingtheit verpaßt. Sicherheitsdenken und Gottvertrauen vertragen sich nicht. Das Christentum, auch unser persönliches, wird sich zwischen ihnen entscheiden müssen. Beides zugleich können wir nicht haben.

Es grüßt alle Leserinnen und Leser herzlich, auch im Namen der Herausgeber und anderen Schriftleiter,

Ihr Frank Lilie

Quatember 1999, S. 131

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-11-23
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