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Fasten, Passion und Ostern begehen
mit dem neuen Tagzeitenbuch

von Reinhard Brandhorst

Stichworte:
Fasten
- Aschermittwoch
Karwoche
- Gründonnerstag
- Karfreitag
- Karsamstag
Ostern
- Osternacht
- Osterwoche

LeerOstern ist die Mitte des christlichen Jahres. Das gilt, ob nun am 1. Advent das Kirchenjahr beginnt (wie im Westen) oder am 1. September (wie bei den Ostkirchen). Die Auferweckung des Gekreuzigten als das Grunddatum der Kirche wird bereits jede Woche durch die Feier des Sonntags als Herrentag in Erinnerung gerufen. Zudem ist Ostern „das älteste uns bekannte christliche Jahresfest” (Bieritz) Bei der jährlichen Wiederholung seiner Feier gab es anfangs Differenzen, die auf dem Konzil von Nicäa (im Jahr 325) entschieden wurden: Die Osterfeier beginnt mit dem ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond.

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LeerGerade vom Weg Jesu, der ihn nach Jerusalem hinaufführt und sich dort vollendet, haben einzelne Wochentage ihre Prägung erhalten, die auch sonst in der Liturgie spürbar sind: Mittwoch als Tag des Verrats, Donnerstag durch die Einsetzung des Abendmahls, Freitag als Tag von Leiden und Kreuz, Samstag mit der Grabesruhe und der Hoffnung über ein irdisches Ende hinaus, Sonntag als Tag der Auferstehung und des neuen Lebens (vgl. die Wochentagsmotive bei den Stundenspalmen und -hymnen, Tagespsalmen, Lesungen nach dem Kirchenjahr, Gebete im Tagzeitenbuch). Liturgische Feiern aus alter Zeit, wie wir sie z. B. durch Briefe der Pilgerin Egeria kennen, als sie im 4. Jahrhundert Jerusalem besuchte, haben bis heute ihren Einfluß. Seit dem 2. Jahrhundert ist belegt, daß entsprechend den Angaben bei Lukas (Apg 1,3; 2,1) am vierzigsten Tag nach Ostern die Himmelfahrt und am fünfzigsten das Pfingstfest begangen wird. Der Osterfeier vorgelagert wird eine vierzigtägige Fastenzeit (die Sonntage nicht mitgezählt), so daß sie am Aschermittwoch beginnt. Vieles in diesen Wochen war ursprünglich bestimmt durch die Vorbereitung der Täuflinge auf ihre Taufe in der Osternacht, bzw. durch Rückführung der Büßer in die volle Gemeinschaft der Kirche. inzwischen haben sich liturgisch andere Akzente ergeben. Die römischen Katholiken sprechen seit der Reform nach dem Konzil von österlicher Bußzeit, die Evangelischen bezeichnen es durchgängig als Passionszeit. Alter Brauch war, daß erst die letzten beiden Wochen in besonderer Weise der Passion gewidmet waren. Zudem haben die letzten drei Tage als Triduum sacrum nochmals einen eigenen Charakter als „Pascha des Herrn”. Diese alten Differenzierungen und Traditionen hat das neue Tagzeitenbuch bewußt aufgenommen.

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LeerWie mit allen Stücken in den verschiedenen Kirchenjahresblöcken möchte das Tagzeitenbuch dazu helfen, den Weg dieser Wochen mit ihrem ganz eigenen Gepräge liturgisch nachzugehen. Auch hier findet sich dazu (in gleicher Anordnung wie sonst) eine Grundausstattung mit Tages- und Wochenpsalmen, Responsorien, Hymnen und Cantica für Abend, Morgen und Mittag. Schon dies macht eine abwechslungsreiche und vertiefte Feier der Stundengebete möglich. Charakteristisch für Fasten und Passion ist das Verstummen des Halleluja (beim Ingressus und in den Antiphonen). so hat der Stundenpsalm am Sonntagmorgen eine eigene Antiphon (327). Andererseits verbindet der besondere Stundenhymnus mit seiner Deutung des Auferstehungstages als Tag der Versöhnung (303) Fasten, Passion und Ostern.

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LeerIn den Fasten, d. h. Aschermittwoch bis Lätare (500 bis 519), wird der Weg persönlicher Bereitung betont: „Dein Antlitz, o Herr will ich suchen” (511) : „Zeig mir den Weg den ich gehen soll” (515); „Führe mich auf dem Weg der Ewigkeit” (519); „der Weg dieser Zeit sei Durchgang zur Auferstehung” (512), „Sei gesinnt wie Christus Jesus auch war” (513); „... folge mir nach” (517). Ähnlich wird in den Tagespsalmen die Hinwendung zu Gott laut: „Herzlich lieb hab ich dich” (5oo) „Ich hoffe auf dich” (502), „Auf dich sehen meine Augen” (504) „ ... so lechzt meine Seele ... nach dir” (506). Und die Wochenpsalmen zeigen uns Christus als Beistand in Versuchung (507) und schwach (508), aber gerade so in die Nachfolge rufend (509) und hingabebereit (510). Ferner soll der andere Charakter dieser Fastenwochen dadurch unterstrichen werden, daß hier statt des Magnificat der Christushymnus aus Philipper 2 und statt des Benedictus das „Christus hat für uns gelitten” nach 1. Petrus 2 gesungen werden kann. In der Passion, d. h. Judika- und Karwoche (550 bis 564), sollten dann nur noch diese zwei Sondercantica verwendet werden, steht doch in beiden Wochen das Leid Christi als Menschensohn (565, 566) im Vordergrund. Das wird in den klagend-bittenden Tagespsalmen deutlich: „Steht mir bei, ” (522); „schweige doch nicht,” (553), „Herr wie lange siehst du noch zu” (555); aber auch Zuversicht wird laut: „Gott kämpft für dich” (556) und „du entreißt mich der Tiefe des Totenreichs” (550). In der Gewißheit, daß dieses Leid nicht sinnlos geschieht, sondern uns Menschen den Heilswillen Gottes zeigt, wird gesungen: „Also hat Gott die Welt geliebt” (560), „unserer Sünden wegen ... uns hinzuführen zu Gott” (562) - „Als Siegeszeichen wunderbar erstrahlt das Kreuz ... ” (563), „Durch deinen Tod am Kreuze hast du die Welt erlöst. ” (564).

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LeerUnd ab Ostern ist immer wieder zu hören „Der Herr ist auferstanden”, „erschienen”, „erhöht”. Auf vielfältige Weise singen die Tagespsalmen davon: „Der Herr hat seinem Volke Erlösung gesandt” (601), wie einst „lsrael auszog aus Ägypten” (604), so „führt er hinaus ins Weite” (600), so „gibt er dem Tode nicht preis” (603), so hat und wird er „den Armen nicht vergessen”, hat sich „kundgetan” (602), so gilt es ihn „anzubeten in seinem Erscheinen” (605) und ihn mit „Dankopfern ... anzurufen” (605). Die Wochenpsalmen erinnern ihrerseits das Ostergeschehen als Wiedergeburt (608), als Gabe ewigen Lebens (609), als neue Kreatur (610), als Wunder, dessenwegen ein wirklich „neues Lied” angestimmt werden kann (611), als zugewandte Güte (612), die vertrauen läßt. Mit den Emmaus-Jüngern bittet die Gemeinde am Abend „Herr bleibe bei uns” (615) und mit Paulus bekennt sie zum Tagesbeginn „Verschlungen ist der Tod vorn Siege” (618).

LeerGerade für diesen österlichen Festkreis ist darüber hinaus vieles im Tagzeitenbuch zu finden, mit dem sich das Stundengebet noch differenzierter gestalten läßt. Es ist jeweils durch einen waagerechten Strich im Tagzeitenbuch abgesetzt und wird im Inhaltsverzeichnis als „Propriurn (Eigenstücke )” (S. 952) bezeichnet. Dafür gilt erst recht, daß das reiche Angebot des Buches keineswegs als Pensum oder Pflichtprogramm gedacht ist, sondern in allem strukturierte, wohlüberlegte, sachgemäße Vorschläge für das gemeinsame Gebet bieten möchte. Entsprechend den konkreten Möglichkeiten der miteinander Feiernden können sie übernommen bzw. ausgewählt oder auch mit eigenen Traditionen verbunden werden.

LeerIn den Fasten (und der Judika-Woche) gehören die bereits erwähnten Sondercantica mit zusätzlichen Antiphonen dazu, die das Motiv der jeweiligen Woche aufnehmen: (Versuchung - 524, Erniedrigung - 525, Nachfolge - 527, Hingabe zum Leben - 528, 529, Versöhnung - 565.). Darüber hinaus wird beim Aschermittwoch der Bußcharakter unterstrichen, indem alle sieben Bußpsalmen (Ps 51: 529, Ps 130: 790, Ps 143: 768, Ps 38: 5o2, Ps 6: 778, Ps 102: 353, Ps 32: 765) gebetet werden können. Auch wird vorgeschlagen, (morgens oder abends) Hymnus und Canticum durch die Bußlitanei (260) zu ersetzen. Ein solches Stundengebet könnte auch als Bußfeier (192) gestaltet werden. (Wollte man dem Aschezeichen hier einen Platz geben, so würde es - als Zeichen menschlicher Vergänglichkeit - wohl am besten nach der Litanei und vor dem Vaterunser eingefügt.)

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LeerIn der Karwoche - so könnte man sagen -, gerät das sonst kontinuierlich strömende Stundengebet gleichsam „aus der Fassung”. Für den Palmsonntag gibt es eine ganz eigene Gestaltung vom Vorabend bis zum Abend, wo Magnificat und Benedictus wieder aufleben können, denn „die Stunde ist gekommen, daß der Menschensohn verherrlicht wird” (567) und ihm wird beim Einzug in Jerusalem zugerufen: „Sei gegrüßt, Sohn Davids, ... Retter der Welt” (568). An den folgenden Tagen schweigen dann die gewöhnlichen Stundenpsalmen und werden durch Eröffnungspsalmen ersetzt, die betonen: „Unsere Krankheit hat er getragen” (571), „hingegeben ist er für uns alle” (572), „Siehe, das Lamm Gottes!” (573). Die ersten drei Tage der Karwoche sind darüber hinaus geprägt von der abendlichen Lesung jeweils einer Passion nach den Synoptikern (ggf. auf die Anfangsperikope begrenzt). Am Dienstag wird die seit Beginn der Fasten fortlaufende Lesung nach Markus weitergeführt. Zum Montag gehört die Passion nach Matthäus, die mit der Salbung in Bethanien beginnt, und am Mittwoch (Tag des Verrats) die Passion nach Lukas, die die Salbung in diesem Zusammenhang nicht kennt, sondern mit der Bereitschaft des Judas zum Verrat einsetzt.

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LeerDen Abschluß der „Heiligen Woche” (vieles aus der Veröffentlichung gleichen Titels, 2. Auflage 1965 ist im Tagzeitenbuch mitberücksichtigt) bilden die Tage von Gründonnerstag bis Karsamstag. Einerseits gibt es eine Reihe gemeinsamer Elemente: Verzicht auf Hymnengesang, Trauermetten am Morgen mit drei Lesungen und zwei großen Responsorien: „Wie ein Lamm, das man zur Schlachtbank führt” (580) und „Alle haben gesündigt” (581), mittags und abends statt des Responsoriums das „Christus wurde für uns gehorsam bis zum Tod” (576), das am Freitag durch die Betonung „bis zum Tod am Kreuz” (584) und am Samstag um das erwartungsvolle „darum hat ihn Gott erhöht” (589) erweitert wird. Auch kann die Komplet durch den Nachtpsalm 31 „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist” (587) ersetzt werden, der zum gewöhnlichen Responsorium in der Komplet seinen eigentümlichen Bezug herstellt. Andererseits ist der Gründonnerstag durchaus festlich gestimmt durch die Einsetzung des Abendmahls „Ein Gedächtnis seiner Wunder gestiftet” (574) und „Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen” (578) (vgl. auch Weiß als liturgische Farbe, Gloria in der Messe, Benedictus und Magnificat); aber dann gibt es auch - nach der Abendmahlfeier - den ggf. vor entblößtem Altar zu singenden Christushymnus mit der Antiphon: „Meine Seele ist betrübt bis zum Tode. Bleibt hier und wachet mit mir” (578).

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LeerAm Karfreitag läßt sich neben der Trauermette auch ein vormittäglicher Wortgottesdienst mit Elementen des Tagzeitenbuches gestalten, bei dem auch die Bußlitanei gebetet werden kann. Mittags um 12 Uhr, „Es war um die sechste Stunde” (583) und um 15 Uhr zur Todesstunde Jesu wird jeweils der Psalm 22 „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?” (584) wiederholt. Zu diesen Gebetszeiten gehören - anders als sonst - längere Lesungen, mittags aus den Klageliedern, zur Todesstunde die Passion nach Johannes. Als Gebet mag hier die Litanei unter dem Kreuz (184.4) folgen.

LeerAm Karsamstag führt die Psalmodie - entgegen sonstiger Regel - auf den Tagespsalm 130 „Aus den Pforten der Hölle rette, o Herr meine Seele” (588) zu, morgens verbunden mit dem Psalm 69 A vom Karfreitag „Vater nicht mein Wille” (579), abends verbunden mit dem Wochenpsalm 69 B „Der Menschensohn muß erhöht werden” (559). Und seinen Abschluß findet diese Vesper mit dem Psalm Jona als Canticum und der prophetischen Deutung durch Jesus: „Wie Jona drei Tage ... ” (591), die schon zum Ostergeschehen hinführt.

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LeerAls „Mutter aller Vigilien” hat der Kirchenvater Augustinus die Osternacht bezeichnet, mit der die Feier der Auferstehung beginnt. Zwar wäre denkbar, sie in der Form einer Vigil (200, 207 ff) zu halten, doch wird in der Regel eine eigene Ordnung verwendet, die auch Lichtfeier mit Exsultet, Taufe bzw. Taufgedächtnis und Eucharistie umfaßt. Aus den zwölf Lesungen dürfte zumeist ausgewählt werden, die ihnen zugeordneten Psalmen als Antwortgesänge (621) zeigen nur an, wie hier Psalmen des Tagzeitenbuches verwendet werden können. Jedoch sind sie ohne Antiphonen zu singen, weil diese entweder einen Akzent setzen, der in der Osternacht weniger paßt oder das Halleluja enthalten, das erst mit dem Evangelium wieder erklingen soll.

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LeerÜberhaupt kehren nun Halleluja sowie Benedictus und Magnificat wieder. Ansonsten ist die Osterwoche so angelegt, als gäbe es permanent Sonntag. Der Kirchenvater Ambrosius meinte gar: „Die fünfzig Tage sind wie das Pascha zu feiern, und sie sind alle wie ein einziger Sonntag.” So gibt es drei festliche Eröffnungspsalmen (Ps 66A - 610, Ps 118B - 326, Ps 98 - 611) an Stelle der gewöhnlichen Stundenpsalmen. Statt des Responsoriums wird gesungen „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat ... ”, der Tag, an dem Schöpfung, Auferstehung und wohl auch der kommende Tag des Herrn zusammengeschaut werden: „laßt uns jubeln und seiner uns freuen.” (623). Auch die Hymnen unterstreichen diese hochgestimmte Freude (624, 911, 302, 303). Neben einer fortlaufenden Epistellesung aus 1. Kor 15 werden Ostererscheinungen nach dem Johannes-Evangelium gelesen - am Donnerstag z. B. eine Mahlerzählung -. Am Oster-Freitag verbindet sich das Passamotiv (1. Kor 5, 6b-8) mit dem „Seht meine Hände und Füße” (Luk 24, 36ff), und am Samstag steht ein erstes Resümee: „Halt im Gedächtnis den Auferstandenen” (2.Tim 2) und „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?” (Lk 24, 1-12). Zum Abend werden Abschnitte aus der Apostelgeschichte gelesen, die zeigen, wie das Werden der Kirche mit dem Osterzeugnis verbunden ist. Die Canticums-Antiphonen zu den Cantica wechseln in dieser Woche jeden Tag. sie sind in der Regel Zitate aus dem Tagesevangelium (625, 615). In diesem liturgischen Rahmen könnte morgens gut das Abendmahl (nach der Form unter Nr. 190) gefeiert wer den. Die abendliche Vesper könnte mit einem Luzernar verbunden werden, bei dem die Liturgen zur brennenden Osterkerze einziehen. Auch der Dank für die Taufe am Taufbrunnen könnte hier seinen Platz haben. Während der weiteren Wochen der Osterzeit wird das Motiv des Sonntags in den Antiphonen aufgenommen (Taufe: 633, „Ich bin”: 634, 635, Schöpfung: 636, 637, Gebet: 640, das zumeist einmündet in ein österliches Halleluja.

Quatember 2000, S. 56-61
© Reinhard Brandhorst, Stuttgart

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-08-13
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