Symbol   Quatember

Startseite
Inhalt
Inhalt 2000
Autoren
Themen
Stichworte


Stundengebet in der Zeit nach Trinitatis
von Reinhard Brandhorst

Ordnung der Woche
- Sonntag
- Montag
- Dienstag
- Mittwoch
- Donnerstag
- Freitag
- Samstag

Hymnen und Lieder
Benedictus und Magniicat
Alternative Cantica
Alternative Responsorien
Schöpfungshymnen
Alternative Gebete

LeerMit dem Sonntag nach dem Trinitatisfest beginnt die Zeit im Kirchenjahr, die nicht durch ein großes Fest - wie Ostem oder Weihnachten - geprägt ist. Vielmehr sind es (höchstens) 27 Wochen, die nun aufeinander folgen, ohne daß sie durch gemeinsame Themen verbunden wären. Das liturgische Grün unterstreicht gleichsam das kontinuierliche Fortschreiten in dieser Zeit. Allein die drei letzten Wochen haben deutlich eine Gemeinsamkeit, so daß sie dementsprechend auch im Tagzeitenbuch als Einheit mit eschatologischem Charakter (Endzeit - 773 ff.) ausgestaltet sind. Die anderen Wochen (1. bis 24.) werden - in unserer evangelischen Kirche - einfach „nach Trinitatis” (in anderen Traditionen „nach Pfingsten” gezählt, die neuere katholische Ordnung spricht von „Sonntagen im Jahreskreis”, amerikanische Gebetbücher auch von „Ordinary Time”.

LeerZwar hat es Versuche gegeben, in dieser langen Reihe sinnvolle Untergliederungen zu erkennen. so hat z. B. Hans Asmussen in seiner Veröffentlichung Das Kirchenjahr von 1937 eine innere Entwicklung gesehen, wenn sich an Wochen der Einladung (1.-5.n.T.) Wochen der Buße (6.-9.n.T.) anschließen, nach der Thematisierung von altem und neuen Wesen (10.-17.n.T.) die Klärung des neuen Wandels als Christen folgt, was schließlich zur Erörterung der letzten Dinge (ab 24.n.T.) hinführt. Auch eine Neustrukturierung in Pfingstzeit: „Die Kirche und ihre Kräfte”, Johanniszeit - ab 24.6. : „Die Kirche der Heiligung”, Laurentiuszeit - ab 10.08.: „Die Kirche der Liebe”, Michaliszeit - ab 29.9. „Die Kirche des Kampfes” (so im Kalender Das Gottesjahr und der Erstausgabe der Lesung für das Jahr der Kirche vorgeschlagen). Auch eine „Kingdom-season” (ab Ende August) gab es einmal in der methodistischen Kirche. Das wurde jedoch aufgegeben, da es keine allgemeine Anerkennung gefunden hat.

Linie

LeerWenn man eine gemeinsame Thematik in diesen Wochen finden möchte, dann ist es - wie eigentlich im Kirchenjahr auch sonst - das Unterwegssein als Gemeinde mit Christus ihrem Herrn, wobei jeweils ein Aspekt besonders hervorgehoben wird: gegründet auf den Dienst der Apostel und Propheten (1.), eingeladen und selbst einladend zu Christus (2.), das Wort von der Versöhnung vernehmend und verkündend (3.), als Gemeinde der Sünder existierend (4.), vom rettenden Ruf getroffen (5.), zum Leben aus der Taufe ermächtigt (6.), am Tisch des Herrn versammelt (7.), zu Früchten des Geistes befähigt (8.) usw.

LeerDurch die Verbindung von Wochenspruch mit dem Wochenpsalm wie schon in den Hauptlesungen des Sonntags und den sonstigen Lesungen bekommen diese Leitmotive liturgische Gestalt und prägen miteinander jeweils eine Woche. Ansonsten ist die Einteilung des Tagzeitenbuches für diese Periode in vier Kirchenjahresblöcke „nach Trinitatis” - wie in der früheren Ausgabe - ganz von praktischen Gesichtspunkten bestimmt. Jeweils sechs Wochen lang werden die selben Tagespsalmen gebetet. Darüber hinaus gibt es - außer den altemativen Cantica (s.u.) - keine besonderen oder gemeinsamen Elemente für diese Wochen „nach Trinitatis”, sondern es werden die „gewöhnlichen” Stücke gebraucht: die Stundenpsalmen und Stundenhymnen (33 ff.), die Responsorien aus den Ordnungen (219, 237, 238, 248) und eines der allgemeinen Cantica nach den acht Kirchentönen (221-228, 251-258). Während in den Zeiten, die von Ostern oder Weihnachten her geprägt sind, bei den Tagespsalmen neben dem Motiv des Wochentages auch der Charakter der jeweiligen Kirchenjahreszeit mitbestimmend ist und sich so eine starke Verbindung zum Wochenpsalm ergibt, tritt umgekehrt in der Zeit „nach Trinitatis” der Bezug zum Stundenpsalm stärker hervor, der ja auch das Tagesmotiv aufnimmt.

LeerSo wird am  S o n n t a g  freudig das Lob in der Gemeinde angestimmt: „Ihr Gerechten jubelt vor dem Herrn.” (700) - „Selig, die in deinem Haus wohnen, die loben dich allezeit” (720) - „Der Herr der Heerscharen ist mit uns, der Gott Jakobs ist unsre Burg.” (735) - „Mein Herz ist bereit, Gott. Ich will dir singen und spielen.” (758)

LeerM o n t a g s  geht es um das Wirken der Schöpfers und seine orientierende Hilfe für menschliches Wirken: „Er sendet sein Wort zur Erde ..., er schafft deinen Grenzen Frieden, sättigt dich mit bestem Weizen.” (701) - „deine Huld stand mir vor Augen, ich war dir treu auf meinem Weg.” (721) - „Du krönst das Jahr mit deiner Güte und deine Spuren triefen von Fett.” (736) „Du bist von Mutterleib ab mein Helfer.” (760)

LeerDas Thema des  M i t t w o c h s  ist erfahrene Gnade und Barmherzigkeit, auch als Maßstab für die Gestaltung menschlichen Miteinanders: „Unsere Augen sehen auf den Herrn bis er uns gnädig ist.” (703) - „Ein reines Herz schaffe min Gott, und gib mir einen neuen, beständigen Geist.” (738) - „Ich will singen von deiner Macht und des Morgens rühmen deine Gnade.” (761)

LeerDer  D o n n e r s t a g  ist dem Volk Gottes gewidmet: „Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist denn ihr Gott” (704) - „Preist Gott in den Versammlungen, ihr vom Quell Israels.” (724) - „Wie könnte ich dich je vergessen, Jerusalem.” (739) - „Wie Berge Jerusalem rings umgeben, so ist der Herr um sein Volk von nun an auf ewig.” (762)

Linie

LeerAm  F r e i t a g  wird Klage laut angesichts von Leiden und Schuld: „Gewalttätige fordern mein Leben” (705) - „Heile mich, Herr denn ich habe gegen dich gesündigt. ” (725) - „Gott sei mir gnädig, denn Menschen stellen mir nach.” (740) - „Abends, morgens und mittags will ich klagen und seufzen.” (763)

LeerDer  S a m s t a g  ist eschatologisch geprägt: Sehnsucht und Hoffnung auf Vollendung. „Du bist meine Zuflucht, Herr laß mich ewig Gast sein in deinem Zelt.” (706) - „Hilf deinem Volk, segne dein Erbe, wende und trage sie bis in Ewigkeit.” (726) - „Gott erlöst meine Seele, er entreißt mich der Gewalt des Todes.” (741) - „Zu Gott allein ist meine Seele still: er ist der Fels meiner Stärke.” (764)

LeerPrimär für die Form des Tagzeitengebetes bietet der Gebetsteil zu den einzelnen Stunden der Woche (150 - 170) eine Liste für einen vierwöchigen Turnus mit Liedern und Hymnen. Diese Vorschläge, die auch die Thematik des jeweiligen Wochentags berücksichtigen, können ebenso im Chorgebet verwendet werden. Ferner sieht die Ordnung des Stundengebets ausdrücklich vor, daß statt des Hymnus Liedstrophen gewählt werden können, die zur Lesung bzw. Auslegung passen.

LeerFür den Gesang des  C a n t i c u m s  in diesen Wochen bietet das Tagzeitenbuch jeweils acht allgemeine Fassungen von Benedictus (221-228) und Magnificat (261-258). Konkrete Vorgaben zur Auswahl macht das Buch nicht, so mögen dabei verschiedenen Gesichtspunkten zur Geltung kommen: Anfangs kann es vielleicht die Einfachheit oder Vertrautheit einer Antiphon sein, später sollen evtl. einzelne inhaltliche Aspekte unterstrichen werden, schließlich - wenn alle Formen geläufig sind - erfolgt eine Zuordnung nach Motiven, sei es zu einzelnen Wochen insgesamt, sei es - was sich besonders nahe legt - zu den einzelnen Wochentagen. Dazu ließe sich z. B, folgende „Uhr” aufstellen:
BENEDICTUS

Sonntag
227 ... das aufgehende Licht aus der Höhe
MAGNIFICAT


251 ... sein Name ist heilig
Montag
224 ... richte unsere Fuße auf den Weg

257 ... er hat angesehn die Niedrigkeit
Dienstag
223 .. -erlöst uns aus der Hand unsrer Feinde    

258 .., stößt die Gewaltigen vom Thron
Mittwoch
221 .., in Heiligkeit und Gerechtigkeit

252 ... die hungrig sind, füllt der Herr
Donnerstag
228 .. -an seinen Bund gedacht

253 ..,nimm dich deines Volkes an
Freitag
225 ...in der Vergebung ihrer Sünden

254 ... er erniedrigt und erhöht
Samstag
222 .. -er hat uns besucht und erlöst

255 ... währt von Geschlecht zu Geschlecht
offen
226 ...Eine Macht des Heils


256 ... Mein Herz und mein Geist freut

Linie

LeerMöglicherweise wird in der langen Folge von Wochen „nach Trinitatis” eine weitere Abwechslung oder Akzentuierung gewünscht. Dazu bietet das Tagzeitenbuch in jedem dieser Kirchenjahresblöcke zwei  a l t e r n a t i v e  C a n t i c a  aus dem Neuen Testament, die gelegentlich Benedictus und Magnificat ersetzen können. Während in der römisch-katholischen Tradition solche Lobgesänge in die regelmäßige Psalmodie einbezogen werden, hat die im Buch angeregte Praxis ihre Vorbilder in den neueren Gebetbüchern der anglikanischen Gemeinschaft. Die abendlichen Cantica sind die ausführlicheren und - dem erwartungsvollen Charakter der Vesper entsprechend - zumeist eschatologisch gestimmt (71 - 1.Tim 2 und 3 „Zur rechten Zeit wird Gott ihn offenbaren” / 733 - Röm 8 „... Erben Gottes und Miterben Christi” / 741 - Kol 1 „...er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten” / 771 - Eph 1 „heraufzuführen die Fülle der Zeiten”). In den morgendlichen Cantica klingt - doch wohl passend zum zuversichtlichen Aufbruch am Morgen - immer ein Bezug zur Auferstehung an: (715 - Offb. 5 „... vom Tode erstanden” / 734 - 2.Tim 2 „... auferweckt, um uns gerecht zu machen.” / 750 - Offb 19 und 7 „Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, bei unserm Gott und dem Lamm. ” / 772 - Kol 3 „Seid ihr nun mit Christus auferweckt” ).

LeerDem Charakter dieser Wochen entspricht es durchaus, daß in verschieden langen Rhythmen einige wenige liturgische Stücke sich abwechseln, aber auch häufig wiederkehren. Wo darüber hinaus ein stärkerer Wechsel gewünscht wird, bietet das Tagzeitenbuch weitere Möglichkeiten. So ist im Anhang (S. 919) eine Liste zu finden, die weitere Verwendungsmöglichkeiten der im Buch enthaltenen  R e s p o n s o r i e n  ausweist: ausdrücklich für die Wochen „nach Trinitatis” gedacht und so zusammengestellt, daß in ihnen möglichst das Motiv des Wochentags anklingt bzw. unterstrichen wird.

LeerWer gerne Hymnen singt und dabei auch einen häufigeren Wechsel möchte, sei auf die Gruppe der  S c h ö p f u n g s h y m n e n  (904-910) verwiesen. sie stimmen textlich und musikalisch mit dem Benediktinischen Antiphonale überein, das sie in der Vesper als Hymnus I (im Wechsel mit einem Abendhymnus II) vorsieht. Im Tagzeitenbuch wird jedoch eine andere Zuordnung vorgeschlagen: 1. können die Schöpfungshyrnnen durchaus im morgendlichen Gebet gesungen werden (vgl. die Zeitangaben), 2. sollen sie in Übereinstimmung mit der biblischen Chronologie (nach 1. Mos 1) verwendet werden. so wird z. B. die Erschaffung des Lichts (904) nicht erst nach Abschluß (am Sonntagabend) sondern bereits zu Beginn des ersten Schöpfungstages d. h. am Vorabend zum Sonntag oder am Sonntagmorgen besungen. Entsprechend erklingt der Hymnus zum Sabbat (910) auch mit Sabbatbeginn am Freitagabend oder am Samstagmorgen. Wo die Schöpfungs-Hymnen regelmäßig gesungen werden, mag sich folgender Wechsel anbieten: Erste Woche: Stundenhymnen wie gewöhnlich - Zweite Woche: Schöpfungshymnen am Abend - dritte Woche: Stundenhymnen wie gewöhnlich - vierte Woche: Schöpfungshyrnnen am Morgen.

LeerDer erste Teil des Buches enthält für die Stunden einer Woche nicht nur mehrere passende Gebete, sondern auch weitergehende Vorschläge zur Gestaltung des Gebetsteils mit  F ü r b i t t e n  (ab 171) und  P r e c e s  (262 - 297), die zusammen elf verschiedene Möglichkeiten aufzeigen. So mag deutlich werden, daß Anliegen, die in den geprägten Zeiten des Kirchenjahres im Vordergrund stehen, auch in der „gewöhnlichen” Zeit ihre - manchmal überraschende - Aktualität haben können.

Quatember 2000, S. 120-124
© Reinhard Brandhorst, Stuttgart

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-08-13
Haftungsausschluss
TOP