Symbol   Quatember

Startseite
Inhalt
Inhalt 1934
Jahrgänge
Autoren
Suchen

Epiphanias
von Karl Bernhard Ritter

LeerAm Ende der „Heiligen zwölf Nächte” feiert die Christenheit das „Fest der Erscheinung unseres Herrn Jesu Christi”. Ursprünglich hatte dieses Fest weitaus den Vorrang vor dem Weihnachtsfest. Das lassen heute noch die liturgischen Texte der Adventszeit erkennen, die nicht so sehr auf das Kind in der Krippe als auf den Einzug des Königs bei seinem Volk vorbereiten. Weihnachten spricht ja von der Herabkunft Gottes in „unser armes Fleisch und Blut” und ist auf den Grundton gestimmt: „Du kamst ins Elend her zu mir”. Epiphanias dagegen verkündet die Offenbarung der Herrlichkeit Jesu Christi vor aller Welt, singt von dem Aufgang des ewigen Lichts über den Völkern, die in „Finsternis und Todesschatten” warten.

LeerDrei Evangelienabschnitte werden nach altkirchlicher Ordnung zu Epiphanias verlesen: die Erzählung von der Anbetung der drei Weisen aus dem Morgenlande, der Bericht von der Taufe Jesu und die Erzählung von dem ersten Zeichen, das Jesus tat, der Verwandlung von Wasser in Wein. Drei große Festgedanken machen den Inhalt des Epiphaniasfestes aus. Ist im Abendland das Epiphaniasfest als Dreikönigstag volkstümlich geworden, so steht im Osten die Erinnerung an die Taufe Jesu im Vordergrund. So wird z. B. in der Ukraine Epiphanias als „Jordanfest” gefeiert, draußen an den Ufern der vereisten Flüsse. Wie sich aber diese verschiedenartigen Inhalte des Festes zu einer Einheit verbinden, zeigt ein alter Hymnus des Tages:
Heute ist dem Himmelsbräutigam
Angetraut die Kirche.
Denn im Jordan wusch Christus ihre Sünden ab.
Es eilen mit Geschenken Magier zur königlichen Hochzeit hin,
Und Wasser wird in Wein verwandelt.
Es freuen sich die Gäste. Halleluja.
LeerIn diesem liturgischen Gesang wird die innere Verbindung der drei Evangelienlesungen des Epiphaniasfestes anschaulich. Zugleich ist diese kühne Zusammenstellung von Bildern, die ganz verschiedenen evangelischen Berichten entnommen sind, höchst charakteristisch für das liturgische Denken und Feiern der Kirche. Nicht die Erinnerung an Ereignisse der Vergangenheit, sondern ein gegenwärtiges Geschehen wird gefeiert. In den Erzählungen der Evangelien wird anbetend geschaut, was der Kirche in Christus für alle Zeit gegeben ist. Darum stört es auch nicht, wenn dabei Berichte aus verschiedenen Zeiten des Lebens Jesu zu einem einheitlichen Bilde verschmelzen. Die Kirche feiert, was mit ihr „in Christus” heute und jetzt geschieht.

LeerDer Epiphanienhymnus wird uns noch verständlicher, wenn wir uns an Gebräuche des Orients erinnern lassen, die dabei im Hintergrund stehen. Wenn im alten Orient der König eine Stadt seines Reiches besuchte, dann wurde er mit glänzender Illumination empfangen. Nach einem Einzug in königlicher Pracht versammelte er die Häupter der Stadt zu einem festlichen Mahle. Bei diesem Mahle teilte er Privilegien aus. Einen solchen Festbesuch nannte man Epiphanias, d. h. Gotteserscheinung. Im christlichen Epiphaniasfest wird nun zur Wahrheit, was nach heidnischem Brauch die überschwängliche Verehrung irdischen Königen zugesprochen hatte. In Christus als dem wahren König der Welt erscheint Gott bei den Seinen. Er hält Einzug in seiner Stadt, der Kirche. Er lädt die Seinen zum königlichen Hochzeitsmahle, bei dem er seine Gnaden spendet.

Linie

LeerMit dieser Vorstellung von dem königlichen Einzug verbindet sich unmittelbar eine zweite Vorstellung, die von der königlichen Hochzeit. Das Leben in der Seligkeit wird gern im Bilde des Hochzeitsmahles angeschaut. Das klingt in den Evangelien mehrfach an; man erinnere sich an die entsprechenden Gleichniserzählungen Jesu! Nur von dieser Vorstellung her ist es u. a. auch zu verstehen, daß die Hochzeitsgesänge, die uns im „Hohen Lied der Liebe” überliefert sind, in der kirchlichen Liturgie und Predigt auf die Liebe zwischen Christus und seiner Braut, der Kirche, gedeutet werden konnten. Man denke auch daran, wie der Epheserbrief das Geheimnis der Gemeinschaft zwischen Christus und der Gemeinde im Bilde der Ehe anschaut. Christus kommt als königlicher Bräutigam in die Welt. Die Erlösung wird angeschaut im Bilde der Hochzeit Christi, des Königssohnes, mit seiner Braut, der Kirche (Evang. Matth. 22!). Verwandte Bildgedanken weist ja auch das deutsche Volksmärchen auf, wenn es von der Erlösung der verzauberten, verstörten Jungfrau Seele spricht, etwa im Märchen vom Dornröschen.

LeerIn der Erzählung von der Hochzeit zu Kana heißt es: „Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen zu Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.” Die Kirche erzählt aus der Vergangenheit, aber sie trifft den Sinn des „Zeichens”, wenn sie damit Gegenwärtiges meint. Was da vor 1900 Jahren geschah, das geschieht auch jetzt geheimnisvoll an uns. Der Herr der Herrlichkeit, der als Bräutigam zu seiner Kirche kommt, hat die Macht zur Wandlung, aus dem Wasser macht er Wein, aus dem irdischen Wesen das von Gottes Geist durchglühte Leben. Wir reden ja unwillkürlich vom Geist und Feuer eines Weins. Der Wein ist in Glut und Feuer der Sonne gereift. Und wie die Sonne immer wieder in der Liturgie der Kirche zum Bilde Christi wird als des Lichtes, „das alle Welt erleuchtet”, so ist der Wein das Bild des die Seele verwandelnden Geistes. Im Bilde der Verwandlung des Wassers zum Wein wird die Vermählung zwischen Himmel und Erde angeschaut, wie sie in Christus durch den Geist geschieht. „Dies ist das erste Zeichen, das Jesus tat und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.” Auch Johannes der Evangelist ist davon durchdrungen, daß Jesus hier nicht etwas tut, um seinen Gastgebern aus einer augenblicklichen Verlegenheit zu helfen. Was er tut, tut er als Zeichen, um den Sinn seines Daseins, das Geheimnis seiner Wirksamkeit zu offenbaren. Was er tut, tut er gleichsam im Blick auf die Zukunft. Er handelt wie die Propheten, die auch durch zeichenhafte Handlungen ein bedeutsames Wort, einen Auftrag verkündigen. Aber er handelt mit Vollmacht, er offenbart nicht ein fremdes, ihm anvertrautes Wort, sondern „Seine Herrlichkeit”

LeerAlle Wunder, das ganze Leben Christi, ist ein einziges großes Gleichnis seiner Wirksamkeit in der Kirche. Das geschichtliche Leben Jesu schauen wir an, um daran zu erkennen, wie Gott durch Christus mit der Menschheit heute und alle Zeit handelt bis zur Vollendung seines Reiches. Wir schauen dies geschichtliche Leben an, um bereit zu werden für seine gegenwärtige Wirkung an uns, um uns hineinziehen zu lassen in das Christusgeschehen, das sich in der Kirche vollzieht. Wir sind die Weisen, die von weither kommen, die sich unbeirrbar von dem Sterne leiten lassen, um anzubeten. Wir sind die Gäste, die zur Hochzeitstafel geladen sind. Wir trinken den Freudenwein, den Christus spendet. Ja wir sind das Wasser mit unserer trägen und kalten Art und müssen uns wandeln lassen, von seiner Sonnenkraft durchdringen lassen. Wir sind die Braut, die den Bräutigam erwartet. Er aber kommt und ist der Fürst des Lebens und ist der Liebende, der uns beseligt.

Jahresbriefe des Berneuchener Kreises 1934, S. 24-26

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-11-09
Haftungsausschluss
TOP