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von Nikolaus von Arseniew |
Auferstehung, das heißt: entscheidende, triumphierende Offenbarung der Übermacht Gottes, der Übermacht des Ewigen Lebens. An dieser Offenbarung scheiden sich die Geister in einer radikalen Weise. Alles andere scheint im Vergleich damit annehmbar oder jedenfalls annehmbarer zu sein. Sogar das Kreuz, das ja als Heldentod ausgedeutet werden kann. Es ist nicht so radikal, so unmöglich, so unglaubhaft. Hier aber ist die Rede von der Aufhebung des Gesetzes des Todes, d.h. des Gesetzes, auf dem das Weltganze in seinem jetzigen Zustande beruht. Nicht von einer theoretischen Aufhebung, sondern von einem wirklichen konkreten Geschehnis, von einer Tatsache, die stattgefunden hat. Es ist eine volle Radikalisierung, eine volle Umstellung unseres Ausblicks, unseres Weltbildes, unserer gesamten Einstellung zum Leben und zur Welt. Es ist Gefangengenommensein durch den stattgefundenen Sieg Gottes, durch das Ewige Leben, das sich konkret in unserer Mitte geoffenbart hat, durch die Übermacht Gottes, die wirklich hineingebrochen ist in dieses Leben, in diese unsere Geschichte hinein. „Denn das Leben ist erschienen, und wir sahen und wir bezeugen und wir verkündigen euch das Ewige Leben, das bei dem Vater war und nun sich uns geoffenbart hat.” „Et sepultus resurrexit: certum est quia impossibile est.” Ein Gefangengenommensein durch die neue Wirklichkeit der Auferstehung, und ein Zeugnis von der Wirklichkeit und der Macht des Auferstandenen. So ist die Urpredigt entstanden, und darin besteht sie: ein Zeugnis unter innerem Zwang, im Zustande der freudigen Hörigkeit, ein Zeugnis von der Übermacht, die uns aufgegangen ist. „Wir können's ja nicht lassen, daß wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben” (Apostelgesch. 4, 20). „Und mit großer Kraft gaben die Apostel Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesu, und eine große Gnade war bei ihnen allen” (Apostelgesch. 4, 33). Das ist das Urchristentum, das ist das Christentum überhaupt. Denn ohne Auferstehung keine christliche Botschaft, keine Friedensbotschaft, kein „Evangelium”, männlich, freudig, siegesbewußt, das von der Siegestat Got- tes spricht, sondern bloß sentimentale Schwärmerei. „Wenn Christus nicht auferstanden ist, so ist unsere Predigt eitel, so ist euer Glaube eitel. Nun aber ist Christus auferstanden, der Erstling von den Entschlafenen.” „Von Seinem Sohn, der geboren ist von dem Samen Davids nach dem Fleisch und kräftig erwiesen, der Sohn Gottes zu sein, nach dem Geiste der Heiligung, durch die Auferstehung von den Toten, von Jesus Christus, unserm Herrn”, so fängt der Römerbrief an. „Ich erinnere euch, Brüder, des Evangeliums, das ich euch verkündigt habe ... Denn ich habe euch zuvörderst gegeben, was ich auch empfangen habe: daß Christus gestorben sei für unsere Sünden nach der Schrift, und daß Er begraben sei, und daß Er auferstanden sei am dritten Tage nach der Schrift, und daß Er gesehen worden ist von Kephas, darnach von den Zwölfen ...” (1. Kor. 15). Es ist tatsächlich so, wie es hier Paulus schildert: die erste Predigt, die es gab, war die Predigt von dem Auferstandenen. Auch unser konkreter Mensch soll an Seiner Herrlichkeit, des Auferstandenen, teilnehmen, auch unsere Leiblichkeit, bis sie ähnlich werde dem Leibe Seiner Herrlichkeit (Phil. 3, 21). Das Konkrete, das Leibliche, die Natur, die ganze Schöpfung ist auch erlöst, nicht bloß der Geist allein, durch Seine Auferstehung. „Die ganze Schöpfung singt, sich freuend, mit den Propheten Dir den Siegesgesang.” „Die Enden der Welt jubeln ob Deines Erwachens von den Toten” (aus den Hymnen der Ostkirche). Durch Seine Auferstehung ist der Auferstandene Herr geworden über das neue Menschengeschlecht, über alle Bereiche des Lebens. Darum heißt Er „kyrios” - der Herr. Und als letzter Feind wird aufgehoben werden - der Tod, dessen Macht schon jetzt prinzipiell gebrochen, erledigt ist (s. Hebr. 2, 4). „Denn die Kreatur wird erlöst sein werden von dem Dienst des vergänglichen Wesens in die Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes” (Röm. 8, 21). Im Tode, in Trübsal erleben wir schon jetzt das triumphierende Ewige Leben. „Wir tragen allezeit das Sterben des Herrn Jesus an unserem Leibe, auf daß auch das Leben des Herrn Jesus an unserem Leibe offenbar werde. Denn wir, die wir leben, werden immerdar in den Tod gegeben um Jesu willen, auf daß auch das Leben Jesu offenbar werde an unserm sterblichen Fleische” (2. Kor. 4, 10-11). Das ist männlich, das ist nüchtern, das ist heldenmütig, und dabei ist das die Weltanschauung des Siegers. Das Christentum ist die Weltanschauung oder vielmehr die Erfahrung des radikalen Sieges, der sich auf den ganzen Kosmos, auf die gesamte Kreatur, auf alles Dasein erstrecken soll und erstreckt. Es ist das Beschlagnahmtsein, das Ergriffensein durch die Macht des stattgefundenen Sieges. Und aus diesem Sieg strömt neue Kraft in unser Leben hinein. „Christus ist auferstanden! Laßt uns durchstrahlt werden von Seinem Lichte, laßt uns uns untereinander versöhnen, laßt uns uns untereinander umarmen, laßt uns uns einander vergeben im Lichte der Auferstehung!” (1) Anmerkung: 1: Aus den Osterhymnen der Ostkirche. Jahresbriefe des Berneuchener Kreises 1934, S. 78-81 |
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