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von Rudolf Stählin |
„Christos woskresse!” - „woistinu woskresse!” In der Osternacht wendet sich die Kirche zu der Quelle, von der sie ihr Leben speist, zur Wirklichkeit des Auferstandenen. In dieser Nacht gewinnt sie selbst Anteil an dem unbegreiflichen Geschehen, das Gott an Christus und seiner Kirche tut: Die Macht des Todes wird gebrochen, und die Herrschaft des Auferstandenen bricht an. Hier erscheint die göttliche Herrlichkeit, und die Kirche darf in ihrem Glanz stehen. In der Osternacht endet die „Stille Woche”, in der die Kirche in ihrem Kultus Christus auf seinem Weg begleitet hat. Sie hat mit ihm die Schmerzen des Todes erlebt und hat vor dem Unbegreiflichen gestanden, daß Gott ins Grab eingeschlossen wird. Doch immer wieder hat durch die Todesklage hindurch schon das verhaltene Halleluja geklungen. Die Kirche weiß ja, daß der Tod überwunden wird. Die Große Woche endet mit einem langen Nachtgottesdienst am Samstag. Um 2 Uhr wird das Evangelium von der Auferstehung verlesen. Noch aber bleibt die Gemeinde im Schweigen; nur aus der Stille kann die Auferstehungsbotschaft erklingen. „Still schweige alles sterbliche Fleisch und stehe mit Furcht und Zittern und denke mit seinem Herzen an nichts Irdisches, wenn der König der Könige und der Herr der Herren kommt hervor.” In die Stille kommt nun das Osterlicht: Die Kirche erstrahlt im Schein der Kerzen, und der Bischof verkündet vom Eingang der Kirche her drei mal das Ostertroparion, das dann im Gottesdienst noch unendlich oft wiederholt wird „Christ ist erstanden von den Toten und hat den Tod durch den Tod überwunden und hat denen, die in den Gräbern waren, das Leben gebracht.” Die Auferstehung ereignet sich wirklich „jetzt”, gegenwärtig, und der Auferstandene zieht die Welt zu sich und entreißt Sie dem Tode. Das geschieht für die Gemeinde wirklich und leibhaftig, vor ihr und an ihr „In Wahrheit und hochfestlich ist diese heilbringende und lichtglänzende Nacht, die da verkündet den hellstrahlenden Tag der Auferstehung, in der das urewige Licht aus dem Grabe leiblich allen hervorleuchtet.” „Kommt, lasset uns an dem neuen Gewächse des Weinstockes, der göttlichen Freude, an diesem glückbringenden Tage der Auferstehung, an dem Königreiche Christi, Teil nehmen, und ihn besingen als Gott in die Ewigkeiten.” Nicht irgendwelche Stimmung der Frommen, sondern die gegenwärtige Kraft des Auferstandenen ist wirksam. Von dieser Wirklichkeit lebt die Kirche. Ihr Auge ist geöffnet für die Welt, in die Christus aufgefahren ist und in der er herrscht mit all den Menschen, denen er das ewige Leben gegeben hat. An diesem Raum der Auferstehungs-Welt hat die Sünderkirche Teil. Sie darf mit einstimmen in den Jubelruf: „Der Auferstehung Tag! Lasset uns durchstrahlt werden von Jubel und einander umarmen, laßt uns 'Brüder' sagen auch zu denen, die uns hassen. Laßt uns also rufen: Christus ist auferstanden von den Toten und hat den Tod durch den Tod überwunden.” Aber zugleich sehnt sie sich, als die Kirche, die in der Welt ist, nach der Vollendung und bittet: „O großes und heiligstes Paschaopfer, Christus! Gib uns, vollkommen Teil zu haben an dir an dem abendlosen Tage Deines Reiches!”. Zitate aus den Osterhymnen der Ostkirche. Jahresbriefe des Berneuchener Kreises 1934, S. 81-83 |
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