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Im Zeichen Michaels
von Walther Stökl

LeerMichael, der Kämpfer Gottes, setzt dem Drachen den Fuß auf den Nacken, er stößt ihm die Lanze in den Leib. Der Drache, die „alte Schlange”, wird überwunden von dem lichten Helden Gottes, der das himmlische Heer anführt wider den „Fürsten dieser Welt”. Der Kampf ist entbrannt auf der ganzen Front. Um jedes Volk, um jeden einzelnen Menschen geht der Kampf. „Der Teufel weiß, daß er wenig Zeit hat” (Offb. 12, 12). Die Christenheit ist in Angst und Unruhe, vielenorts leiden Christen um Seines Namens willen. In dieser Zeit der Völkergeschichte steht die Kirche Jesu Christi im Zeichen des Erzengels Michael.

LeerEin deutlicher Kampfruf klingt durch die Welt: „Wer ist wie Gott”? (Mi-cha-el). Alle, die ihr euch erhebt und die ihr die Welt euch unterwerft, die ihr gewaltige Werke türmt und im Vertrauen auf eigene Kraft am ungeheuren Bau unserer Zeit mitschafft, hört es: Gott im Himmel spottet und lachet euer. Die hochfliegenden Träume der Menschen werden heute zerstört. Der Mensch unserer Tage mit seinem gewaltig entwickelten Können und Wissen in all seiner angemaßten Herrlichkeit ist elend und hilflos und kann keine einzige der drängenden Fragen des Lebens mehr lösen. Und ob alle Kräfte der Erde zusammengeballt und immer wahnsinnigere Mittel ersonnen werden, die in den Händen der Menschen zu grauenhaften Waffen der Vernichtung werden können, sie sind doch nichts. Alle Götzen müssen in den Staub sinken, alle Herrlichkeit des Menschen vergeht. Gott ist der Herr, der Allmächtige. Er hat alle Gewalt, Ihm und Seinem Christus sind alle Dinge übergeben im Himmel und auf Erden. Nicht Staatsmänner und nicht die Mehrheitsbeschlüsse moderner Demokratie, nicht die großen gewaltigen Ideen, die Massen fortreißen und auf ein Ziel hin zusammenschweißen, gestalten im Grunde die Welt, sondern letztlich der Herr der Völker, der ihr Geschick leitet nach seinem ewigen Ratschluß und Seinen heiligen Willen zum Sieg bringt. Wer ist wie Gott? Wir lesen im Alten Testament, wie sich das Geschick der Völker erfüllt im Gehorsam oder Ungehorsam gegen Gottes Gebot; wir lesen im Buch der Weltgeschichte von der Völker Fall und Auferstehen, wir sind Ton in des Schöpfers Hand, er verwirft Völker und schenkt ihnen Zeiten der Erneuerung und des Wiederaufbaues. „Wie der Ton in des Töpfers Hand, also seid auch ihr in meiner Hand. Plötzlich rede ich wider ein Volk und Königreich, daß ich es ausrotten, zerbrechen und verderben wolle... und plötzlich rede ich von einem Volk und Königreich, daß ichs bauen und pflanzen wolle” (Jer. 18, 6. 7. 9.). Wir hören den Ruf: Michael, wer ist wie Gott? und sind voller Zuversicht, daß sein herrlicher Sieg endlich über alle Feinde triumphieren wird.

LeerEin versunkenes Fest ist wach geworden. Hie und da begeht man wieder den Tag des Erzengels Michaels. Luther hat das Michaelsfest als das vierte der großen christlichen Hauptfeste bezeichnet. Der 29. September ist uns nicht mehr ein unbeachteter Werktag wie jeder andere, er wird uns zu einem Anfangspunkt eines Zeitabschnittes im Jahreslauf wie Weihnachten und Ostern. Wir pflegen als Protestanten neben dem Erntedankfest und neben dem Gedächtnistag der Entschlafenen im Herbst nur einen Tag zu begehen, das Reformationsfest am 31. Oktober oder an dem ihm zunächst liegenden Sonntag. Damit begehen wir ein bestimmtes Ereignis in der Geschichte der christlichen Kirche, das uns sehr wichtig und teuer ist. Aber in den Michaelskampf gegen den Drachen ist die ganze Kirche Jesu Christi hineingezogen. Heute ist nicht mehr Reformation oder Gegenreformation das entscheidende Thema. Die Lage der christlichen Kirche als Ort göttlichen Geschehens auf Erden, ständig bedroht und verdunkelt durch Anfechtungen von unten her, ist wieder deutlich geworden.

LeerDarum wollen wir wie unsere Väter im 16. Jahrhundert wieder das Michaelsfest begehen. In den „Kampfliedern Christlicher Deutscher” haben wir manchen mächtigen Gesang auf den himmlischen „Hauptmann und Kapitain”, den die ecclesia militans auf Erden anstimmt. Hier ist männliches Christentum, ein Gefordert- und Gebundensein in letztem Lebenseinsatz um höchstes Ziel. „Ein feste Burg” haben wir singen gelernt als ein Trutzlied wider Rom, in unsern Tagen ist es vielleicht sogar zu einem völkischen Kampflied geworden wider alle dunklen Gewalten, die den Bau des Reiches stören wollen. Aber gerade dieses Lied der Reformation steht ursprünglich in seinem wirklichen Sinn im Zeichen Michaels. Hier wird der Kampf beschrieben mit dem „alt bösen Feind”, mit dem „Fürsten dieser Welt”, der „groß Macht und viel List” hat. Wir müssen hindurch „und wenn die Welt voll Teufel wär”. Aber „mit unsrer Macht ist nichts getan”. „Der Herr Zebaoth”, der Herr der himmlischen Heerscharen wird für uns streiten.

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LeerDas bedeutet die Wende unserer Zeit, daß wir in die Zeit der „kämpfenden Kirche”, in die Michaeliszeit der Geschichte der christlichen Kirche gekommen sind. In vielen Gemeinden ist man jetzt vom Gesang der viel zersungenen „Gnade unseres Herrn Jesu Christi”, die einer ruhigen Situation eher entspricht, übergegangen zu Luthers deutschem „Da pacem Domine” und singt regelmäßig am Schluß des Sonntagsgottesdienstes: „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unseren Zeiten, es ist ja doch kein anderer nicht, der für uns könnte streiten, als Du unser Gott alleine.” Und die es singen, spüren, die Zeit ist anders, ernster, entscheidender geworden. Und immer wieder werden wir aufgefordert zu Opfergaben für die Märtyrer und Bekenner der Christenheit in Rußland. Märtyrertum ist nicht mehr Geschichte, die man lernt als längst Vergangenes in Geschichtsbüchern, sondern unheimlich beunruhigende Gegenwart. Märtyrerbücher erscheinen, die nicht erzählen von den Christenverfolgungen unter Nero und Diokletian, sondern von den Schicksalen der Christen aus unserer unmittelbaren Nähe und Gegenwart.

LeerAber auch das Buch vom Antichrist und seinem Treiben wurde in unseren Tagen geschrieben. Diese Dinge bekommen eine seltsame Realität. Mit andern Augen liest man die Briefe der Apostel und die Geschichte der Offenbarung St. Johannis. Was für eine Zeit! Die Gemeinde Christi ist wachgerüttelt, vor Entscheidungen gestellt, wie seit Jahrhunderten nicht. Deshalb begehen wir von neuem das Michaelsfest und die Michaelszeit, die Zeit der „kämpfenden Kirche” und hören jedes Jahr neu die erstaunlichen und gewaltigen Worte der Apokalypse über den Michaelskampf (Offb. 12). Sie erschrecken zutiefst. Aber wir bekommen in unseren Tagen eine gänzlich neue Empfänglichkeit für diese Botschaft, die uns in diesen Visionen vor Augen gestellt wird. Welch eine Verkündigung! Eine Lesung wie die Botschaft von der Menschwerdung des Heilandes und von der Auferstehung des Herrn in der Osternacht. So hören wir es zitternden Herzens:

Leer„Und es erhob sich ein Streit im Himmel: Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen, und der Drache stritt und seine Engel, und siegten nicht, auch ward ihre Stätte nicht mehr gefunden im Himmel. Und es ward ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführt, und ward geworfen auf die Erde, und seine Engel wurden auch dahin geworfen. Und ich hörte eine Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus, weil der Verkläger unserer Brüder verworfen ist, der sie verklagte Tag und Nacht vor Gott. Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt bis an den Tod. Darum freuet euch, ihr Himmel, und die darin wohnen! Weh denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, daß er wenig Zeit hat.”

LeerDas ist das Thema der Weltgeschichte, das ist es eigentlich, was geschieht, so sehen Christen mit Augen des Sehers Johannes den kosmischen Kampf zwischen dem Licht Gottes und dem Dunkel der Hölle. Der Kampf ist noch nicht beendet. Wir sind mit unserem ganzen Leben als Glied der kämpfenden Kirche auf Erden in diesen Kampf mit hineingezogen.

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LeerDadurch werden wir aber auch bewahrt, den Kampf der Kirche zu verengen und mißzuverstehen. Der „Kirchenkampf in Deutschland”, von dem die Zeitungen in aller Welt reden, und der die deutsche Christenheit so tief beunruhigt, ist nicht einfach der irdische Anteil an diesem himmlischen Kampf. Wer wollte behaupten, daß die Fronten, die sich im kirchenpolitischen Kampf um die Führung und Art und das Wesen der Reichskirche gegenüberstehen, klar und deutlich die Fronten des kosmischen Michaelskampfes auf Erden wären? Die in den kirchenpolitischen Kampf hineinverstrickt sind, müssen die ständige Gefahr und Versuchung merken, die in solch all zu rascher Gleichsetzung liegt. Der eigentliche Kampf, der der Kirche Jesu Christi verordnet is!, der auch innerhalb der Bekenntnisfront, in jeder einzelnen Gemeinde, in jedem Christenhaus und Christenleben geführt werden muß, der Kampf der Kirche ist noch nicht entschieden, wenn diese oder jene Persönlichkeit wechselt oder in der Frage der Kirchenverfassung ein anderer Weg eingeschlagen wird. Es ist der Kampf auf der ganzen Weite der Front menschlichen Lebens gegen alle Mächte und Gewalten der Finsternis, die von unten her kommen. In diesem sehr wirklichen unser irdisches Dasein erfüllenden Kampf soll die Kirche im Namen des Herrn Panier aufwerfen. Sie soll „den Satan unter ihre Füße treten” und ihm Leib und Seele der Menschen entreißen, die er zur Beute haben möchte. Und so ernst und so wirklich der Streit geführt wird von dem Teufel und seinen Engeln, so ernst und so völlig hinein reichend bis in alles Fleisch und Blut, bis in das Gebiet des täglichen Lebens muß der Kampf der Kirche gekämpft werden. Ihr ist allein die Macht gegeben, die dunklen Gewalten wirklich zu überwinden, sie allein kann verkünden: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

LeerEs scheint aber der Kampf, den die Kirche Jesu Christi gegenwärtig im Zeichen Michaels zu führen hat, in doppelter Hinsicht besonders nötig und entscheidend. Einmal der Kampf gegen die noch immer fortschreitende Säkularisierung der Kirche. Der Herr mit der Geißel bei der Tempelaustreibung ist das Symbol dieses Kampfes. Ausgetrieben soll werden das Wesen der Welt, das nicht in dem Heiligtum Raum haben darf. „Mein Haus soll ein Bethaus sein”. Die Kirche ist eine Stätte des Gebetes und des Gottesdienstes, darin wird eigentlich ihr Wesen vor allen Mächten in der Welt deutlich abgehoben, daß sie  b e t e t . Vom kultischen sakramentalen Geschehen her, von der spendenden Mitte Christus, muß ihr ganzes Leben Gestalt bekommen und ihr Werk und ihre Ordnungen Sinn und Richtung erhalten.

LeerDieser Kampf gegen die Verweltlichung der Kirche, durch die sie so ohnmächtig und elend wird, ihren Auftrag zu erfüllen, beginnt in der engsten Zelle christlicher Gemeinschaft, in der christlichen Familie. Da wird diese ganze Lage ernst genommen und dem Teufel Abbruch getan, wo man das ganze Leben des Hauses unter die Forderung des göttlichen Gebotes stellt, wo man sich täglich rüstet im Gebet und Gottes Wort, wo das Haus nicht nur technisch mit allen Errungenschaften unserer Zeit und ästhetisch mit gutem Geschmack eingerichtet ist, sondern wo das Leben des Hauses deutlich seine Mitte hat im Hansaltar, in der „heiligen Ecke”. Darum treiben alle „unsauberen Geister” ihr böses Spiel im Haus, wo sie nicht ausgetrieben werden durch ein Leben wirklichen Gehorsams. Wir erfahren freilich dabei, daß „diese Art nur ausfährt durch Fasten und Beten”.

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LeerDerselbe Kampf gegen die Verweltlichung und Verharmlosung alles kirchlichen Handelns ist uns aber auch aufgetragen im Gotteshaus und Gottesdienst. Die Gemeinde Christi kann nur gesammelt werden „um den Altar”. Nur Menschen, die ständig in Wort und Sakrament leben, die sich nähren von der himmlischen Speise und dadurch Kraft gewinnen, die sich dann aber auch zusammenschließen als Gefolgschaft des Herrn, können erfahren, wie die Kirche Christi einbricht in das Reich der Finsternis. Noch ist auch in weiten Kreisen derer, die heute gegen die herrschende Richtung in der Reichskirche kämpfen, volle Einsicht dafür selten vorhanden. Die Todesgefahr der Kirche liegt darin, daß sie in ihrem eigentlichen innersten Leben von fortschreitender Auflösung und Entchristlichung bedroht ist. Alle kirchenpolitischen Erfolge bedeuten wenig, wenn nicht das Licht auf dem Altar des Herrn wieder hell leuchtet, wenn nicht die Kirche als sakramentale Kultgemeinschaft sich neu erbaut zu einem „königlichen Priestertum und heiligen Volk”.

LeerDas bedeutet nicht Flucht aus dieser Welt, sondern Sammlung und Wachstum in der Stille, um zum Einsatz bereit zu werden. Nur eine Kirche, die aus der Fülle Christi heraus lebt und den ganzen Reichtum wirklichen christlichen Geschehens erfährt, kann Dämonen bannen und Teufel austreiben, kann heilen und gesund machen. Im Zeichen Michaels gilt es den Kampf im Zentrum christlichen Lebens. Vom Innersten her strahlt dann die neugeschenkte Kraft aus in alle Lebensgebiete der christlichen Kirche. Sollte der deutschen Christenheit, wenn sie darum bittet, eine so tiefgehende Erneuerung versagt sein, wie sie die Kirche Englands in den letzten hundert Jahren erfahren hat? Wie soll eine Kirche dem Volk dienen und die Welt überwinden, die selbst Welt geworden ist?

LeerDie andere Gefahr aber, die uns im besonderen vor Augen steht, ist die Erstarrung der gegenwärtigen Kämpfe zu neuen konfessionellen Frontbildungen. Dadurch wird der eigentliche Kampf der Kirche gehemmt und gelähmt. Wer im Zeichen Michaels die Geschehnisse unserer Tage sieht, der merkt, daß es heute auch nicht mehr um protestantisch oder katholisch geht, sondern daß es in allen geschichtlich gewordenen Gemeinschaften geht um den Kampf der Kirche Jesu Christi selbst, wie er ihr aufgetragen ist seit der Apostel Zeit. Schon lockern sich die konfessionellen Fronten, schon spüren wir hinüber und herüber, daß es dieselbe Not ist, unter der wir leiden. In dem lebendiger werdenden Gespräch zwischen Gliedern der verschiedenen Kirchen wird es uns klar, daß nicht nur uns Einsichten anvertraut sind, die der Gesamtkirche nicht verloren gehen dürfen, sondern daß auch drüben „gute Haushalter über die mancherlei Geheimnisse Gottes” am Werke sind. Es geht drüben wie bei uns um ein Wachwerden der Christen für die entscheidende Stunde, in der wir stehen, es geht jetzt wirklich weder um den richtigen theologischen Ausdruck der protestantischen Rechtfertigungslehre noch um die Geltung tridentinischer Formulierungen des christlichen Dogmas, es geht um Christus und Seine Kirche.

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LeerGerade in römisch-katholischen Kreisen wird es jetzt oft in bewegten Worten laut: Wir brauchen mehr Christus in der Kirche, ER muß im Mittelpunkt alles kirchlichen Handelns stehen. Der Michaeliskampf ist nicht der Kampf der Konfessionen widereinander, sondern der Weltenkampf des Christus, der als der endgültige Sieger wiederkommen und Sein Reich aufrichten wird, Im Zeichen Michaels soll die Kirche eins werden, um in neuer vertiefter Gemeinschaft den gefährlichen Kampf wider die anstürmenden christusfeindlichen Gewalten siegreich zu führen. Mehr denn je glauben wir mit Luther an die Una sancta ecclesia catholica als an den Ort, wo in christlicher Verbundenheit über alle konfessionellen Schranken hinweg dieser Kampf geführt wird. Die Pflugschar geht tief in unseren Tagen. Die Kirche, die den Michaelskampf auf Erden recht wird ausrichten können, wird weder protestantisch noch römisch, sondern evangelisch, katholisch und vor allem christlich sein.

LeerDer Antichrist in vielerlei Gestalt erhebt sein Haupt in unsern Tagen. „Der Drache, der auf die Erde geworfen ist, verfolgt das Weib, das das Knäblein geboren hat” (Offb. 12, 13). Aber Gott rettet und schützt Seine Kirche und tut die Werke Seiner Gnade an denen, die „Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu Christi” (Offb. 12, 17). Wie verloren und ohnmächtig wären wir gegenüber allen „Fürstentümern und Gewalten”, wenn wir auf unsere eigenen Einsichten und Kräfte angewiesen wären. Die himmlischen Heerscharen sind uns zu Schutz und Hilfe gegeben. Michaelis ist nicht nur das Fest der kämpfenden Kirche, die ihre eigentliche Lage vor der Welt wieder erkennt und in neuem Gehorsam in den Streit eintritt, sondern Michaelis ist auch das Fest der Engel und aller himmlischen Mächte, die die Kämpfer der Kirche geleiten sollen. Wir beten an den Gott, dem Mächte und Boten zur Verfügung stehen, die entscheidend eingreifen in unsern Kampf. Ob wir ihrer gedenken im Lobgesang des Te Deum oder im schlichten Abendgebet, ob wir einander das Grußwort sagen: Der Engel des Herrn geleite dich, oder für einander bitten um den Schutz der himmlischen Scharen, immer meinen wir damit das eine: wir sind es nicht, die den Kampf ausrichten könnten. Er macht den Seinen Bahn, Er will für sie streiten, Widerstände und Hemmnisse werden zerschlagen durch Sein unmittelbares Eingreifen. Er führt den Petrus in der Nacht aus dem Gefängnis „durch einen Engel”, und Christen unserer Tage erfahren unbegreifliche und wunderbare Fügungen und Tröstungen, so daß sie nur bekennen können: Das hat Gottes Engel getan.

LeerGrößere Dinge sind am Werk im Kampf zwischen Himmel und Hölle, als wir Menschen fassen. Aber Christen sollen weiter und tiefer schauen, sie dürfen etwas ahnen von dem Werden der göttlichen Dinge. Von der Schlacht auf den katalanischen Gefilden wird erzählt, daß den Kämpfenden die himmlischen Heerscharen in den Lüften zu Hilfe kamen. Hier wird bildhaft deutlich, daß wir auf Erden nicht verlassen in einem hoffnungslosen Kampf stehen. Die Kirche darf aufschauen und ihr Haupt fröhlich erheben. Ob sie schon zerschlagen wird und aller irdischen Macht und Herrlichkeit beraubt wird, die Kirche, die lebt in der Gegenwart Christi, hat die Verheißung: „Die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen”.

Jahresbriefe des Berneuchener Kreises 1934, S. 148-154

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-11-09
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