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„Lasset euch erfüllen mit der Kraft Gottes!”
von Wilhelm Stählin

Eph. 5, 21-6, 24

LeerIhr seid in Christus. Ihr habt Anteil gewonnen an dem göttlichen Geheimnis, das in ihm offenbar geworden ist; der Mensch der neuen Schöpfung, der in ihm zutage getreten ist, will in eurem Leben Gestalt gewinnen.

LeerIhr sollt, davon habe ich zu euch geredet, in eurem Wandel alles hinter euch lassen, was der Nachtzeit dieser Welt angehört, und euch von dem Morgenlicht des Christus ganz und gar aufwecken und durchleuchten lassen. Das gilt aber ebenso von den Ordnungen menschlicher Gemeinschaft, in denen nach wie vor euer irdisches Leben sich abspielt. Ihr sollt nicht wähnen, daß diese Ordnungen deswegen, weil ihr Christen geworden seid, ihre Bedeutung verloren hätten und daß ihr euch nun den Verpflichtungen eures Standes entziehen dürftet. Hier, gerade hier, ist vielmehr der Ort, wo ihr bewähren und bezeugen sollt, daß ihr in Christus lebt und Er in euch. Freilich sind alle diese Ordnungen, in denen ihr steht, dadurch zutiefst verwandelt, daß ihr alle, Mann und Frau, Eltern und Kinder, Herren und Knechte, Glieder eines Leibes geworden seid. Ihr steht nebeneinander wie Geschwister in einer großen Familie; denn ihr seid Kinder eines Vaters, ihr habt die gleiche Gnade empfangen, ihr seid dem gleichen Herrn Rechenschaft schuldig.

LeerAber damit ist das andere nicht außer Kraft gesetzt, daß ihr in diesen menschlichen Beziehungen einander übergeordnet und untergeordnet seid. Ihr sollt keinen Versuch machen, etwa um eures Christennamens willen aus dieser gottgewollten Ordnung auszubrechen und sie mit dem trügerischen Ideal völliger Gleichberechtigung zu zerstören. Vielmehr ist auch dies ein Kennzeichen des neuen Lebens, zu dem ihr berufen seid, daß ihr euch ernstlich scheut, irgendeine von Gott gestiftete Ordnung zu verletzen, und daß ihr darum mit Freude euch einander unterordnet da, wo euer irdischer Stand das von euch verlangt. Ja, eben in dieser freudigen Unterordnung sollt ihr eure Zugehörigkeit zu Christus, die ja auch wahrlich kein Verhältnis der Gleichberechtigung ist, wie in einem Gleichnis abbilden und darstellen. Daß ihr einen Herrn habt, soll man spüren an eurer Gesinnung und eurem Verhalten denen gegenüber, die in dieser Welt über euch gesetzt sind.

LeerDie wichtigste und heiligste aller irdischen Ordnungen, von denen das eben Gesagte gilt, ist das Verhältnis zwischen Mann und Frau in ihrer Ehe. Mann und Frau bilden nach der göttlichen Schöpfungsordnung, die Christus ausdrücklich bestätigt hat, eine unauflösliche Einheit und ergänzen einander zu dem einen ganzen und vollen Menschentum. Aber in dieser Einheit von Mann und Frau ist beiden eine besondere Rolle und Funktion bestimmt; diese Rollen können nicht vertauscht, das Verhältnis nicht umgekehrt werden. Der Mann hat in dieser Einheit des ganzen Menschenwesens die Funktion, die der Kopf in dem leiblichen Organismus hat. Von ihm soll das Ganze gelenkt und regiert werden, von ihm aus sich in der Fülle seiner Funktionen entfalten.

LeerDies Verhältnis von Mann und Frau ist das schöpfungsmäßige Vorbild und Gleichnis für die Art, wie Christus mit seiner Gemeinde verbunden ist. Beide miteinander bilden die unauflösliche Einheit der neuen Menschheitsreihe. Aber ihr Verhältnis ist nicht gegenseitig, ihre Funktionen sind nicht vertauschbar. Christus ist das Haupt der Gemeinde, die Gemeinde sein Leib, und dieser Leib kann nur leben und von aller Krankheit dieser Weltzeit geheilt werden durch die Kraft des himmlischen Hauptes. Darum ist es in Ordnung, daß die Frauen ihren Männern in allen Lebensbeziehungen sich unterordnen, so wie die Gemeinde dem Christus untertan ist.

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LeerWenn ihr verstanden habt, was das bedeutet, könnt ihr Männer wahrlich nicht wähnen, daß euch damit das Recht unumschränkter Herrschaft über die Frauen verliehen sei. Ihr habt es nicht leichter, sondern es ist euch die schwerste Verantwortung auferlegt, wenn ihr in dieser Lebenseinheit der Ehe sozusagen die Rolle Christi übernehmen sollt. Christus hat seine Jünger und in ihnen seine ganze Gemeinde geliebt mit der Liebe, mit der er selbst sich von Gott in Ewigkeit geliebt wußte; ja, er hat sich selbst für die Seinen in die Hände der Feinde und in den bittersten Tod dahingegeben, und von diesem seinem priesterlichen Opfer lebt seine Kirche; die Seinen waren ihm die Menschen, die ihm der Vater gegeben hat, und er hat sich selbst in völligem Gehorsam hingegeben, damit durch seinen vollkommenen Gehorsam auch die Seinen ganz geheiligt würden, Gottes Eigentum und Gottes Werkleute. Er hat seine Gemeinde von aller irdischen Befleckung gereinigt durch das heilige Wasser der Taufe, damit sie durch die zeugende Kraft seines Wortes wiedergeboren würde zu einem Leben in heiligem Gehorsam. Ja, es ist das Ziel seiner Heilandsliebe, daß er diese seine Gemeinde an dem Tage der letzten Rechenschaft dem Vater darbringt, wie der Bräutigam seine Braut in vollkommener Schönheit, die durch keinen Flecken, durch kein Zeichen der Krankheit oder des Siechtums entstellt ist. Das durch keinen Tadel eingeschränkte Lob und Wohlgefallen des himmlischen Richters soll auf ihr ruhen.

LeerDies priesterliche Werk des Christus ist das Urbild dessen, was ihr Männer euren Frauen schuldig seid. Wenn ihr sie liebt, gebt ihr ja nicht eure Lebenskraft an ein euch fremdes Leben dahin. So wie ihr eure natürliche Selbstliebe betätigt in allem, was ihr zur Pflege eures eigenen Leibes tut, so dient ihr der höheren Lebenseinheit, deren ihr selber ein Glied geworden seid, wenn ein jeder von euch seinem Ehegatten, seiner Ehefrau alle Ehre und Liebe erweist. Gottes Ordnung, nach der ein Mann sich von seinem Elternhaus löst, um mit seinem Weibe eine neue Lebenseinheit zu begründen, hat eine neue Würde und einen neuen Sinn empfangen, seit Christus aus den zweien einen neuen Menschen gemacht hat und als das Haupt seiner Gemeinde das Urbild eines neuen Menschen geworden ist. Ich spreche davon als von einem großen Geheimnis, m dem sich das ewige Geheimnis Gottes selber spiegelt. Indem ich davon rede, steht vor meinem inneren Auge das göttliche Geheimnis, das ich immer im Auge habe, bei allem, was ich euch schreibe: Christus und die Gemeinde. Darum noch einmal: ein jeder habe sein eigen Weib lieb als sein eigenes Leben, und das Weib stehe gern unter dem Mann, in dessen Liebe sie das Abbild der Liebe Christi erkennt.

LeerIhr Kinder, ihr sollt euren Eltern gehorchen. Dies ist das einzige, was von euch verlangt wird. So ist es Gottes Ordnung. Das Gebot eures Vaters und eurer Mutter bedarf keiner anderen Begründung als die, daß es eben Vater und Mutter sind, die euch befehlen. Gottes Verheißung ruht von Urbeginn auf dieser Ordnung, und wie es dem Gottesvolk des Alten Bundes gesagt ist, so kann kein Volk bestehen, in dem die Ordnung elterlicher Autorität zu einem Problem wird. Da ihr Christenkinder seid, sollt ihr mehr als andere wissen, daß es Gott selber ist, der in dem Gebot eurer Eltern euch ruft, und daß ihr ihm untertan seid, wenn ihr Vater und Mutter gehorcht.

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LeerEbenso sage ich freilich euch Vätern: Vergeßt nicht, daß eure Kinder eure kleinen Brüder sind. Mißbraucht nicht die euch von Gott verliehene Autorität, sodaß eure Kinder verbittert würden. Euer Amt als Väter ist kein menschliches Herrschaftsverhältnis, „eure” Kinder sind Gottes Kinder, und es ist der höchste Sinn und Auftrag aller eurer Erziehung, daß auch eure Kinder mit euch dem Herrn gehören.

LeerIhr Knechte, ich weiß wohl, daß es nur in der äußerlichen Lebensordnung dieser vergehenden Weltzeit so ist, daß ihr als Sklaven euren Herren ganz und gar zugehört. Aber meint nicht, daß ihr deswegen ein Recht hättet, diesem Dienst zu entfliehen. Gehorchet ihnen, die eure Herren sind. Gehorchet ihnen auch dann, wenn ihr es nur mit Furcht und Zittern tun könnt. Gehorchet ihnen, ohne euch auch nur innerlich gegen ihre Befehlsgewalt aufzulehnen. Ihr habt ihnen noch nicht so gehorcht, wie es einem Christenmenschen zukommt, wenn ihr nur da gewissenhaft seid, wo ihr das strenge Auge eures Herrn auf euch gerichtet seht, wenn ihr mit eurem Dienst nur diesen euren menschlichen Herren einen guten Eindruck machen wollt. Ihr seid Diener Christi. Je mehr ihr daran denkt, desto leichter und desto freudiger werdet ihr den Willen Gottes auch in dem Willen eurer irdischen Herren erkennen. Freuet euch, ihr gehorchet Gott selber als seine freien Kinder. Und es ist hier kein Unterschied zwischen Sklaven und Freien: Was ein Mensch von Herzen Gutes tut um Gottes willen, das wird ihm von Gott nicht unvergolten bleiben.

LeerUnd ihr Herren, euch gilt das Gleiche. Eben diesen Christussinn sollt ihr an euren Knechten beweisen. Ihr verleugnet Christus, wenn ihr sie einschüchtert mit der Drohung der Gewalt. Ihr sollt nicht vergessen, daß der Herr im Himmel euer Herr wie der ihre ist; und was in diesem irdischen Leben unseren Rang und unseren Stand bestimmt, er sei hoch oder niedrig, das kann keinem eine Würde verleihen, die vor Gott gilt.

LeerEs bleibt noch ein Letztes zu sagen. Wenn dies nicht gesagt würde, bliebe vielleicht doch eine letzte Unklarheit darüber, was das Geheimnis Christi für unser Leben in dieser Welt bedeutet: nicht Friede und Ruhe, sondern Kampf! In diesem Kampf gilt weder aufgeregte Leidenschaft noch ängstliche Verzagtheit, sondern überlegene Kraft! Überlegene Kraft ist das Wesen Gottes; Christus ist der Sieger über alles, was Gott widerstrebt. Wenn ihr selbst mit eurem Leben in diesen Christus eingepflanzt seid, so gewinnt ihr Anteil an seiner sieghaften Kraft. Lasset euch erfüllen von der Stärke, die aus der Verbindung mit Christus fließt.

LeerDenn ihr dürft euch nicht täuschen über die Natur des Kampfes, in den wir alle hineingestellt sind. Es wäre ein gefährlicher Irrtum, zu meinen, daß wir es nur mit unserer natürlichen menschlichen Schwachheit, mit der Zähigkeit alter Gewohnheiten, mit den Widerständen zu tun haben, die aus unseren körperlichen Anlagen und Trieben aufsteigen. Natürlich ist uns auch dieser Kampf auferlegt, und dies allgemein menschliche Los bleibt keinem von uns erspart. Aber wer teilnimmt an dem Christuskampf, der findet sich im Kampf mit den Geistesmächten, die gegen Gott streiten. Denn so, wie es in der geistigen Welt Engelmächte gibt, die in vollkommenem Gehorsam Gott zu Diensten stehen, so gibt es auch Geistesmächte der Bosheit, die dem Willen und Werk Gottes zuwider sind.

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LeerEs gibt ein Reich des Widersachers, das planmäßig geleitet wird, und in dem, wie in einem festgefügten irdischen Reich, hohe und niedere Mächte zusammenwirken. Diese dämonischen Mächte verkehren die Schöpfung Gottes in ihr Widerspiel und verstricken Einsicht und Willen des Menschen in den Widerstand gegen Gott. Diese Geistesmächte sind es, die die heimlichen Regenten dieser Weltzeit sind und sie zu dem machen, was sie ist, zu einem Reich der Finsternis. Es ist nicht eure Aufgabe, diese Dämonen zu besiegen und die Welt von ihnen zu befreien. Christus aber hat den Kampf mit ihnen bestanden und den Sieg über sie gewonnen, so daß sie, auch sie, ihm dienen müssen. Darum könnt auch ihr in diesem Geisterkampf bestehen. Dies ist darum der gewaltige Ruf und Auftrag, der an euch ergeht: Stehet! Wider-stehet! Stehet fest! An dem großen und schrecklichen Tag des Herrn sollt ihr dastehen als die, die dem Fürsten dieser Welt standgehalten und das vollbracht haben, wozu sie Gottes Ratschluß in dieser Welt bestimmt hat.

LeerDazu sollt ihr die Waffenrüstung gebrauchen, die euch Gott anbietet und darreicht. In eurem ganzen Wesen sollt ihr wehrhaft und wohlgerüstet sein. Laßt die Wahrheit Gottes alle eure Kräfte in gesammelter Zucht binden, damit nicht Trug und Wahn euch in Unordnung und Weichlichkeit verführe. Laßt den Willen Gottes, alles, was recht ist vor seinem Urteil, wie einen Panzer euch umschirmen, daß Ungehorsam und Unrecht nicht in euch eindringen könne. Euer Glaube an Christus sei wie ein Schild, der die überall schwirrenden Brandpfeile der Verführung auffängt, so daß sie ihren gefährlichen Brand nicht in euer Leben hereintragen können. Das Heil, das euch durch Christus zuteil geworden ist, umschließe, wie der Helm das Haupt des Kriegers, all euer Denken und Wollen und erhalte es in unverletzter Gesundheit und Klarheit. Tut alle Trägheit von euch ab und seid wie ein wohlgerüsteter Bote in jedem Augenblick bereit, die Wege zu gehen, auf die euch Gott sendet, um die frohe Botschaft von Seinem Frieden in die Welt zu tragen. Eure Waffe sei allein das geistliche Schwert, das Wort des lebendigen Gottes, das Macht hat über alle Dämonen.

LeerDiese Waffenrüstung leget ihr an, so oft ihr anbetend und flehend vor das Auge Gottes tretet. Es ist der Geist Gottes selbst, der zu jeder Stunde dies Gebet in euch erwecken will. Haltet euch wach für dies Gebet und bleibet darin in standhafter Treue. Dieses euer Gebet soll ja nicht nur euch selbst wappnen für den Kampf, sondern ihr tretet damit zugleich stellvertretend ein für alle Heiligen Gottes. Auch ich, der Apostel Jesu Christi, bedarf eurer Fürbitte. Mir ist das Evangelium von Christus anvertraut. Auch jetzt in meiner Gefangenschaft bin und bleibe ich Sein Bote. Betet für mich, daß es mir geschenkt werde, meinen Mund aufzutun für das Werk, das mir befohlen ist, daß ich in großer Freudigkeit, wie es sich gebührt, das göttliche Geheimnis in der Welt bezeugen und kundmachen darf.

LeerDamit ihr aber wisset, wie es um mich steht, und was ich treibe, sende ich zu euch den Tychikus, meinen geliebten Bruder, den mir in Christus verbundenen treuen Diener; von ihm sollt ihr erfahren, was ihr über mein persönliches Leben zu wissen begehrt; er soll eure Herzen durch seinen Zuspruch mahnen und stärken.

LeerDer Friede Gottes sei mit den Brüdern, und die Liebe, die von Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus zu uns kommt und uns zum Glauben erweckt. Die überströmende Herrlichkeit und Güte Gottes sei mit allen, die unseren Herrn Jesus Christus lieb haben. Dies ist das Leben, das nicht vergeht.

Evangelische Jahresbriefe 1937, S. 168-172

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-10-24
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