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von Rudolf Spieker |
Die heiligen zwölf Nächte finden am Tag vor dem 6. Januar ihr Ende. In manchen norddeutschen Dörfern hat sich die Sitte erhalten, am 6. Januar, dem Epiphaniastag, die Lichter am Christbaum ausbrennen zu lassen. Der Bogen, der mit dem Weihnachtsfest anhebt, ist zu seinem Ziel gekommen. Mi! dem Epiphanienfest beginnt ein neuer Bogenlauf, der hinüberführt zum Berge der Verklärung. Es leuchtet die göttliche Herrlichkeit des Herrn über die weite Welt. Sie strahlt auf in Zeichen, Wundern und Machttaten. Sie ist freilich abgeblendet durch die irdische Hülle des Menschen, von dem sie ausgeht. Auf dem Berge der Verklärung wird auch diese irdische Hülle durchscheinend, und wir ahnen mit den Jüngern, daß dieser Lichtglanz über dem Erdenweg unseres Herrn auf Seine Auferstehung vorausdeutet und daß dieser Glanz damit erkauft wird, daß Er sich ganz in diese Erdenwirklichkeit hinein opfert. Das Fest der Erscheinung des Herrn stammt aus dem Osten. Dort heißt es auch „Tag der Erleuchtung” oder „Fest der Lichter”. Als Tauffest Christi begeht es die Ostkirche mit hohen Glanz bis auf den heutigen Tag. Sie feiert an diesem Fest, ähnlich wie in der Osternacht, die Erneuerung der ganzen Schöpfung. In den Fluten des Jordan begräbt der Herr die Sünden der Welt. „Heute wird die Schöpfung erleuchtet, heute freut steh alles, die Himmlischen zusammen mit den Irdischen, Engel und Menschen mischen sich untereinander.” In Ihm, der aus den Fluten steigt, darin Er um fremder Sünde willen begraben war, wird das Bild des Menschen wieder hergestellt. Adam und Eva werden zur Freude aufgerufen: „Der, welcher euch einst nackend sah, ist erschienen, um euch zu bekleiden mit dem ersten Gewand.” Damit die feiernde Gemeinde selber solcher Erneuerung teilhaftig wird, zieht sie unter Vorantritt der Priester zu einem Fluß oder See oder zu dem Wasserbecken in der Vorhalle der Kirche - „Gang nach dem Jordan” heißt diese Prozession - und erfleht den Geist Gottes über die Wasserflut, damit sie gereinigt und geheiligt werde. Mit dem geweihten Wasser besprengen die Priester das Volk und gehen dann auch in die Häuser, um diese zu segnen. (1) So verbindet die Epiphanienfeier der Ostkirche kindlichen Jubel und unmittelbaren Zugang der Gemeinde zu den Heilskräften Christi mit einer Weite, in welcher die ganze Welt in das Geschehen des Festes einbezogen ist. In der Kirche des Ostens ist am 6. Januar ursprünglich die Geburt des Herrn begangen worden. Im Abendland beging man Christi Geburt am 25. Dezember, dem Tag des sol invictus. Erst als der Osten dem Abendland darin folgte, ward im Osten das Epiphanienfest zum Fest der Taufe Christi. Das Abendland hingegen empfing das Epiphanienfest vom Osten und nahm seitdem die Geschichte von der Erscheinung des Sternes und der Anbetung durch die Weisen aus dem Festkreis der weihnachtlichen Geschichten heraus und verlegte sie auf das Epiphanienfest. Die Kirche verstand - nach heidnischem Vorbild - unter der Epiphanie das Offenbarwerden der Herrschermacht Christi in wunderbaren Machterweisungen. Die Speisung der Fünftausend und die Auferweckung des Lazarus wurden ursprünglich zur Epiphanie gerechnet. Wir haben keinen Anlaß, bei der Neubelebung des Epiphanienfestes uns von der Tradition der Gesamtkirche zu entfernen. Auch für uns stehen im Mittelpunkt des Festes die drei großen Texte: die Anbetung durch die Weisen, Matth. 2, 1-12, die Taufe Christi, Matth. 3, 13-17, die Geschichte von der Hochzeit, Joh. 2, 1-11. Luther hat der evangelischen Gemeinde in seiner Übersetzung zu „Herodes hostis impie” diese drei Festvorgänge in je einer Strophe dargeboten. Auch wenn Luther an Epiphanias vor allem von der Taufe Christi gehandelt wissen will, so hält er doch an der kirchlichen Überlieferung fest, daß an diesem Tage mehrerer „Erscheinungen” gedacht wird. Das römische Beispiel hat uns gezeigt, daß die Zusammenschau der drei Texte geeignet ist, uns in die Tiefen des Festgeheimnisses einzuführen. Es läßt deutlich erkennen, daß dieses Fest von einem sakramentalen Unterstrom getragen ist. Deshalb wird es erst wieder ganz lebendig werden, wenn wir es am Morgen des 6. Januar im Rahmen der Deutschen Messe begehen. Wenn wir bei der Taufe Christi selber Taufgedächtnis halfen, wenn wir mit den Weisen zum Altar schreiten und darbringen, „was wir haben und sind: unseren Leib und unsere Seele, alle Kräfte unseres Gemütes”, wenn wir uns gleich den Hochzeitsgästen mit dem Trank des Heiles tränken lassen - dann erst werden wir ganz in das Geschehen des Epiphanienfestes hereingezogen. An dem Epiphanienfest erfahren wir den untrennbaren Zusammenhang von Wort und Sakrament, aber auch von Wort Gottes und Offenbarung. Die Werke der Schöpfung haben, wie hier der Stern, die Bedeutung, den Heiden die ersten Strahlen der göttlichen Offenbarung zu vermitteln. Aber ohne das Wort hilft den Weisen die Erscheinung des Sternes nicht bis ans Ziel, erst das Wort der Schrift - mögen sie es auch aus den verknöcherten Händen der Schriftgelehrten empfangen - weist ihnen den Weg zu der Krippe, welche das göttliche Leben umschließt. Auch Luther hat uns in seinem Liede zur Jordantaufe die Vorgänge und die Worte als eine Erscheinung der Heiligen Trinität gedeutet: „Des Vaters Stimm man offenbar / daselbst am Jordan hörte /... / auch Gottes Sohn hie selber steht / in Seiner zarten Menschheit / der Heilige Geist herniederfährt / in Taubenbild verkleidet / daß wir nicht sollen zweifeln dran / wenn wir getaufet werden / all drei Person getaufet han / damit bei uns auf Erden / zu wohnen sich ergeben.” Schließlich wird in der Geschichte der Hochzeit, die, wie man mit Recht hervorhebt, in der Welt herzhafter Natürlichkeit steht, die überreiche Weinspende zum „Zeichen”, an dem irdischen Wunder leuchtet für die Glaubenden die göttliche Majestät des Christus auf, und die Junger werden in dieser Stunde zum ersten Mal der Gnadenfülle teilhaftig, die nicht aufhören soll zu strömen. So wird durch das Epiphanienfest der Welt, die nach Gegenwart Gottes hungert und dürstet, verkündet: Gott ist erschienen - das Wort ward Fleisch. Göttliche Herrlichkeit haben wir gesehen. Göttliche Wirklichkeit durften wir nicht bloß schauen, sondern schmecken, Gnade und Wahrheit durften wir schöpfen aus Seiner Fülle. Nicht zu entbehren ist bei der Epiphanienfeier der 72. Psalm. Er ist der Königsgesang von dem Herrscher, der sein Reich antritt, der den Armen Recht verschafft und den Bedrückern den Kampf ansagt. Sein Reich umfaßt die ganze Welt, „vom Strom bis an der Welt Ende”. Die Verse 10-11 lassen die Könige der Erde erscheinen - durch diese Verse wird das Fest der Weisen zum Fest der heiligen Könige. Das Bild von den Königen erfährt durch die Prophetie Jesaja 60, 1-6 reiche Ausschmückung, dort begegnen uns auch die Gaben Gold und Weihrauch, über deren geheimnisvolle Bedeutung Die Kirche tiefe Betrachtungen angestellt hat (Gold dem Könige, Weihrauch zum Opfer des Priesters, Myrrhe zur Einbalsamierung des Leichnams). Für das Epiphanienfest bieten sich uns drei große Lieder dar. Das umfassendste ist „Herr Christ der einig Gotts Sohn” LJK 15, es ist das Lied von der' Epiphanie Gottes, dem Aufleuchten der Herrlichkeit Gottes an dem Menschen Jesus, die uns wandelt und erneuert. Das Lied „Wie schön leuchtet der Morgenstern” DEG 27, LJK 10, besingt das Wunder der göttlichen Liebe und der Erquickung mit dem Gaben des Sakramentes. In ihm klingt der Jubel des himmlischen Hochzeitsmahles wieder. „Christ unser Herr zum Jordan kam” LJK 42 (4) ist das Lied von der heiligen Taufe, das die Christustaufe und unsere Taufe in enge Verbindung bringt. Wo es nicht möglich ist, die Epiphanienfeier als hochfestliche Messe am Vormittag zu begehen, da begehe man sie als Vesper. Als Ordnung dafür bietet sich die Ordnung unseres Abendgebetes an mit den Erweiterungen, wie wir sie vom Wochenschluß her kennen. Anmerkungen: 1: Friedrich Heiler, Urkirche und Ostkirche, S. 339-341 2: Vgl. Pius Parsch, Das Jahr des Heils I, 267. 3: Mitgeteilt in der „Lesung für das Jahr der Kirche”, S. 92/94. Hier sind alle Lesungen und Betrachtungen zu finden. 4: LJK = Lieder für das Jahr der Kirche, DEG = Deutsches Evangelisches Gesangbuch Evangelische Jahresbriefe 1938, S. 10-13 |
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