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Weihnachten
von Walter Uhsadel

LeerUnter den großen christlichen Festen ist Weihnachten in der abendländischen Christenheit das volkstümlichste. Es ist schwer zu entscheiden, woran das liegt. Wird es nicht darin begründet sein, daß sich die heidnische Frömmigkeit des Abendlandes in reichem Brauch um den Gegensatz von Licht und Finsternis bewegte? War sie vielleicht wie eine Frage, auf die die christliche Botschaft erst die ersehnte Antwort gab, indem sie von einem Lichte zeugte, das die Finsternis einfürallemal überwunden hat? So wären denn Zeichen und Brauch heidnischer Frömmigkeit wie Gefäße gewesen, die nun bis an den Rand, ja bis zum Überströmen mit dem Reichtum der christlichen Botschaft gefüllt wurden. Die Volkstümlichkeit des Weihnachtsfestes wird vor allem in solchem uralten gleichnishaften Erleben der Schöpfung um die Sonnenwende zu suchen sein, einem Erleben, das erst vom Evangelium her zu seiner gleichnishaften Tiefe geführt wurde. Wir sind dankbar, daß wir dies so sehen dürfen; denn wir finden darin etwas von der „Fleischwerdung des Wortes”. Das Weihnachtsevangelium wendet sich nicht an Menschenhirne, sondern will eingehen in Fleisch und Blut. Es sucht tiefen Boden wie die Wintersaat.

LeerAber liegt nicht in der Volkstümlichkeit, die das Weihnachtsfest gewonnen hat, auch die Gefahr eines Abgleitens von seinem eigentlichen Sinn? Geht in der Anknüpfung an den heidnisch-naturhaften Brauch nicht gerade das verloren, was das Alte Testament im Hinblick auf das Geschehen der Heiligen Nacht vorbereitend verkündet? Gewiß braucht es nicht verloren zu gehen; aber wenn wir uns fragen, was in der Weihnachtsfeier unserer Tage von der Breite und Fülle biblischer Verkündigung übriggeblieben ist, so müssen wir wohl eingestehen, daß volkstümlicher Brauch viel verschüttet hat. Er hört auf, hilfreich zu sein, wenn er nicht unter die Offenbarung des Dreifaltigen Gottes gebeugt bleibt, ja er wird zum zerstörenden Dämon, wenn er sich ihr entzieht, wie denn auch eine entchristlichte Weihnachtsfeier durch seltsame und oft genug in ihrer Sinnlosigkeit erschreckende Verzerrungen gekennzeichnet ist.
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LeerDarum besinnen wir uns auf den Weg, den die Heilige Schrift uns bis zur Schwelle des Stalles von Bethlehem führt. Dieser Weg beginnt „am Anfang”, jenem Anfang, um den das heidnische Sehnen nach Licht nichts weiß. Wie aber wollen wir die Weihnachtsbotschaft erfassen, ohne zu wissen, was es um jenen Anfang ist? Ist es ein Wogen und Wallen nebelhafter, glühender Naturgewalten? Ist es ein Ringen von Göttern und Riesen? Wie nahe sind sich doch moderne Naturbetrachtung und altheidnische Mythologie! Und wie hoch steht über ihnen beiden die Bibel, wenn sie sagt: Am Anfang schuf Gott... Im Anfang war das Wort! (1. Mos. 1; Joh. 1). Sie dringt dringt mit dieser Aussage durch alles Zeitliche und Räumliche hindurch ins Ewige vor. Dort,  v o r  dem allen, das wir die Wirklichkeit nennen, ist das eigentlich,  d e r  eigentlich Wirkliche. Er aber, der Wirkliche, spricht. Er spricht sich selbst aus, er äußert sich.

LeerWenn ein Mensch den Mund auftut, sich auszusprechen, so stellt er sich selber dar, kehrt sein Inneres hervor, macht es „vernehmlich” und „begreiflich”. Es ist ein Vorgang, der dem Gebären verwandt ist. Sagt nun aber die Heilige Schrift „Gott spricht”, so meint sie eben dies: Gott tritt aus sich heraus. Was aus ihm hervorgeht als Zeugnis seiner Herrlichkeit, nennen wir - die Natur, auf Deutsch: das Geborene!

LeerGott, der All-Eine, stellt in gewaltigen Monologen seine Herrlichkeit dar. Er schafft sich ein Gegenüber, das doch keines ist: denn „in ihm leben, weben und sind wir” (Apg. 17, 28).

LeerDennoch ist  m e n s c h l i c h e s  Leben in der Schöpfung mehr als ein Leben, Weben und Sein in Gott. Es ist nicht nur Natur. „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei” (1. Mos. 1, 26). Mitten in die Darstellung seiner Herrlichkeit stellt Gott sein Ebenbild, daß es ihn vernehme, - also mehr sei als ein unvernünftiges, das heißt: nicht vernehmendes Tier, und daß es ihm antworte, - also mehr sei als das Gras auf dem Felde und die Vögel unter dem Himmel, denen Verantwortung fremd ist. Dieses Ebenbild Gottes aber verleugnet seinen Ursprung, es reißt sich von jenem wahren Anfang, von seiner Voraus-Setzung los, und unternimmt es, von andern Voraussetzungen, von unwahren Anfängen her zu leben. Darum sagt Christus zu Pilatus: „Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme” (Joh. 18, 37). Wer nicht von jenem Anfang im Geheimnis Gottes weiß, der ist taub für das lebendige Wort Gottes. Er vernimmt es nicht und antwortet ihm nicht. Sollte der Evangelist Johannes das herrliche erste Kapitel für Heiden geschrieben haben, die die ersten Seiten der Heiligen Schrift nicht kannten, um sie für die Botschaft der Heiligen Nacht zu bereiten? In einer unvergleichlichen Tiefe, Zartheit und Schönheit beschreibt er in wenigen Sätzen den Weg, den das Alte Testament kundtut, den Weg, auf dem Gott seinem flüchtigen Ebenbilde nachgeht, es zu sich hin zurückzuwenden.

LeerWollen wir als Christen Weihnachten feiern, so können wir nicht diesen Weg vermeiden wollen. Was die Heilige Schrift vom Anfang sagt, muß uns ganz lebendig werden. Wir müssen begreifen, daß hier von einem Geschehen die Rede ist, das uns unmittelbar angeht. So wird uns denn das Paradies eine Wirklichkeit, freilich eine uns verschlossene, weil wir nur zu klar erkennen, wie wenig wir „im Anfang” leben! Umso stärker aber erwacht das Verlangen nach einem neuen Anfang, einer Wandlung des „alten Adam”, einer Neuschöpfung. Es ist das Verlangen danach, daß Gott sein Wort von neuem spreche, so spreche, daß es uns bis in die Tiefe des Menschlichen erreicht.

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LeerZwar hat sich Gott - nach dem einhelligen Zeugnis der Apostel - auch ehe sein ewiges Wort Mensch ward „nicht unbezeugt gelassen”: In allen guten Gaben vermag jeder Mensch seine Güte zu ahnen. (Apg. 14, 17) Er hat durch die Propheten geredet (Hebr. 1, 1). Er tut seinen Willen im Gewissen kund, so daß auch die Heiden, denen das göttliche Gesetz nicht bekannt ist, „von Natur tun des Gesetzes Werk” (Röm. 2, 14). Aber dies alles erfüllt nicht die Sehnsucht des menschlichen Herzens. Es genügt uns nicht, zu Weihnachten ganz allgemein von der Liebe Gottes zu reden, von dem Lichtschein seiner Gnade, die uns segnet, von dem Glanz seiner Werke, der in unserm Leben widerleuchtet. Was der Welt nottut ist vielmehr die Botschaft, daß Gott einmal in einer Nacht, an bestimmtem Orte und in klarer Gestalt seine Liebe so offenbarte, daß die Welt dadurch „einen neuen Schein” empfing, einen Schein, der dafür bürgt, daß sie in der Tiefe des Wesens verwandelt worden ist, - die Botschaft, daß Gott Mensch ward. Das Verlangen des Menschenherzens streckt sich aus nach der Offenbarung der Heiligen Dreifaltigkeit. Es ist schlechterdings unmöglich, christliche Weihnacht zu feiern, ohne an den Dreifaltigen Gott zu glauben; denn dies ist das Geschehen der Heiligen Nacht: daß Gottes verborgenes Wesen aus sich heraustritt und menschliche Gestalt annimmt. Das „Wort”, das in Gott verborgen ist, kommt zur Welt, „Gott von Gott, Licht von Licht, wahrhaftiger Gott vom wahrhaftigen Gott, geboren, nicht geschaffen, mit dem Vater in einerlei Wesen, durch welchen alles geschaffen ist, welcher um uns Mneschen und um unserer Seligkeit willen vom Himmel kommen ist und leibhaftig worden durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und Mensch worden”. So ist der „Anfang” wiedergewonnen. Des Paradieses Tor ist wieder aufgetan, seit der Sohn, „der vom Vater geboren ist vor der ganzen Welt”, Mensch ward. Ein ganz anderer Anfang als etwa jener, den Gottes Gnade gewährte, nachdem die Wasser der Sintflut sich verlaufen hatten.  D i e s e r  ein Neubeginn sterblichen Lebens mit Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht (1. Mos. 8, 22), jener aber, der der Welt in der Heiligen Nacht zuteil ward, der Anfang ewigen Lebens. Ohne diesen wahren Anfang bleibt der Mensch preisgegeben an die dunklen Rätsel des Daseins, in die zwar mancherlei Zeichen der Güte Gottes hineinschimmern, aber nichts geschieht, das den Menschen von ihnen erlöste. Das ganze Alte Testament ist gefüllt von Hinweisen auf Gottes Güte, die über seinem Zorn am Werke ist und nicht müde wird, den Menschen, der das Paradies verloren hat, zu suchen, und je schmerzlicher das Volk des Alten Testamentes die Gerichte Gottes erfährt,desto glühender wird die Hoffnung, daß einmal die Güte Gottes alles versöhnend hervorbrechen wird.

LeerDarum sind auch alle Versuche eines Neuanfangs aus dem guten Willen der Menschen, wie sie von den Propheten bis zu Johannes dem Täufer leidenschaftlich gefordert werden, nicht Wege zur Erfüllung, sondern demütige Bereitung auf das ersehnte Erscheinen Gottes. So heißt es im Benedictus, dem Lobgesang des Zacharias zur Geburt Johannes des Täufers: „Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen. Du wirst vor dem Herrn hergehen, daß du seinen Weg bereitest und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk, das da ist in Vergebung der Sünden; durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch welche uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe, auf daß er erscheine denen, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens” (Luk. 1, 76-80).

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LeerHat es nicht einen tiefen Sinn, daß die Kirche seit alters täglich, wenn die Nacht weicht und ein neuer Tag aufgeht, diesen Lobgesang betet?

LeerIst nicht der Lichtmythos des alten Heidentums in gleicher Weise Ausdruck der Sehnsucht, die in dem Widerstreit irdischen Lichtes und irdischer Finsternis nach dem wahren Lichte verlangt? Und ist nicht das Suchen und Fragen, das Grübeln und Kämpfen des heutigen Menschen um einen „neuen Glauben” auch Zeugnis dafür, daß der Menschenseele das Bewußtsein ihrer Verlorenheit unter den Mächten der vergänglichen Welt nicht abhanden kommt?

LeerPaulus spricht im Galaterbrief (4, 3) davon, daß der Mensch, der sich von seinem wahren Anfang losgerissen hat, geknechtet sei unter die „Elemente der Welt” (Griechisch; stoicheiai tou kosmou, lateinisch: elementa mundi, in Luthers Übersetzung: äußerliche Satzungen). Aus dieser Bedrängnis durch die vergänglichen Gewalten kann er sich nicht selber erretten. Er bedarf der Erlösung.

LeerDoch es ist nicht gut, daß wir „Erlösung” sagen, denn dieses Wort läßt noch das Mißverständnis offen, es möchte doch eine Selbsterlösung geben. wir sagen richtiger: Der Mensch bedarf des Erlösers. Er bedarf einer Tat, die nur Gott tun kann, indem er, der Dreifaltige, die Herrlichkeit seines Erbarmens entfaltet, im Sohne zur Welt kommt und durch seinen Geist die Führung übernimmt, uns „in alle Wahrheit” zu leiten (Joh. 16, 13).

LeerDie große christliche Kunst des Mittelalters macht uns dies deutlich, indem sie uns über dem Bilde des Kindes in der Krippe die Gestalt des ewigen Vaters zeigt, aus dessen Glanz Strahlen bis zur Krippe hinabreichen, während inmitten der Strahlen das Sinnbild des Heiligen Geistes, die Taube, schwebt.

LeerAber, so fragt der heutige Mensch, der nur mühsam den Weg zu dieser Schau findet, ist die Erscheinung Jesu Christi nicht zeitbedingt, kann sie heute nach fast zwei Jahrtausenden für uns noch Bedeutung haben? Gewiß, wenn die Bedeutung Jesu Christi in einer menschlich-geistigen Leistung läge, dann müßte sie von Jahrhundert zu Jahrhundert abnehmen. Liegt seine Bedeutung aber darin, daß Gott in ihm Mensch ward, so kann das nur eine Wirkung haben, die durch alle Zeiten reicht. Wie sollte die Wirkung eines Eingreifen Gottes in die Welt gleich menschlichen Taten mit der Zeit verebben! So sieht denn die Christenheit ihren Herrn als die Mitte der Zeiten. Mit hm hebt die zweite Hälfte des göttlichen Planes an. War in der ersten Hälfte die Welt von Anfang her auf der Flucht vor Gott, so wird sie nun zu ihm zurückgeführt durch den Heiligen Geist. Der Kreislauf von Gott her durch die Tiefe der Gottferne schwingt zu seinem Ausgang zurück.

LeerWas wäre es auch wert, wenn nur unser Weltbild eine Mitte empfangen hätte, nicht aber ein neuer Prozeß einsetzte, der den bisherigen, die Flucht vor Gott, ablöste? Mit der Menschwerdung Gottes beginnt in dieser Welt ein Lebensvorgang, der alles Menschliche in sich hineinziehen will. „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben.” (Joh. 1, 13). Die Teilnahme an diesem Lebensvorgange nennen wir „Nachfolge Christi”. Es geht in dieser Nachfolge nicht um das, was der Mensch aus sich tut, sondern wirklich um die „ F o l g e ” dessen, was die Menschwerdung Gottes in dem Glaubenden bewirkt. Daran erinnert die 1. Epistel des 1. Weihnachtstages: „Denn es ist erschienen die Gnade Gottes, die allen Menschen das Heil bringt, indem sie uns dazu erzieht, alles ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste zu verleugnen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben (Tit. 2, 11-12 nach der Übersetzung von Menge)”.

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LeerDer Glaubende, dem sich des Pardieses Tor wieder aufgetan hat, lebt in einem Friedensreiche, dessen innere Ordnung und Kräfte sich in dieser Welt, deren Ablauf weitergeht, bewähren. Gottes Eingehen in die Welt hat ordnende Gewalt; denn Schöpfung ist Ordnung und Gestaltung. So muß auch das Leben, das der Glaubende in der neuen Schöpfung empfängt, in der Welt gestaltend wirken.

LeerWeil aber der Glaubende dieser Welt nicht entnommen ist und in der Welt die zentrifugalen, gottflüchtigen Kräfte täglich erfährt - denn die Welt läßt ich nicht leicht auf den Weg des Friedens führen - steht er auch in täglichem Kampfe. Um dieses Kampfes willen, der auf das Ende gerichtet ist, leuchtet ihm das Bild des Menschensohnes auch vom  E n d e   h e r . Wie der älteste, so steht auch der jüngste Tag unter seinem Zeichen. „Dabei sollen wir auf unser seliges Hoffnungsgut und auf die Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilandes Christus Jesus warten”, so fährt die erste Epistel des ersten Weihnachtstages fort. Die zweite Epistel aber stärkt uns, indem sie an das Sakrament der heiligen Taufe gemahnt, die Hoffnung (Tit. 3, 4-7) und die dritte (Hebr. 1, 1-6) stellt uns die Herrlichkeit dessen vor Augen, durch den  a l l e s  g e s c h a f f e n  ist, der die  t r a g e n d e  M i t t e  alles Geschaffenen ist und die Majestät Gottes vertritt, der  a l l e s  e n t g e g e n g e h t .

LeerDie Epistel des zweiten Weihnachtstages schließlich, als des Tages des ersten Märtyrers Stephanus, läßt uns sehen, wie der Glaubende inmitten des bittersten Kampfes doch im Paradiese geborgen ist; er sieht den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes (Apg. 7, 55). Er hat die Mitte nicht verloren und ist nicht z um Spielball der Elemente geworden. Er versinkt nicht in Finsternis und Schrecken des Todes, sondern hat das Antlitz dem Lichte zugewandt, - „Und sie sahen sein Angesicht als eines Engels Angesicht (Apg. 6, 15)”. Nach-Folge der Menschwerdung Gottes!

LeerDie Menschwerdung Gottes hat die Welt verwandelt, und wer an sie glaubt, hat an der Wandlung teil. Die Kirche Christi aber ist der Ort, an dem im Altarsakrament die Macht des fleischgewordenen ewigen Wortes erfahren wird und von dem die Kräfte der Wandlung in die Welt ausstrahlen.

LeerDas ist es, was wir zu Weihnachten feiern, und darum genügt es nicht, die Geschichte von der Geburt des Herrn wie ein freundliches Märlein aus Kindertagen in die Festfreude mit allerlei unverstandenem Brauch hineinzunehmen. Wir müssen uns vielmehr das Geschehen der Heiligen Nacht aus der gesamten Heiligen Schrift deuten lassen, und unser festlicher Brauch - Ausdruck unserer Freude darüber, daß uns das Paradies wieder aufgetan ist - muß von daher Gestalt gewinnen. So ist uns denn der Christbaum Abbild des Paradiesesbaumes mit seinen goldenen Früchten, Sinnbildern des ewigen Lebens, und von diesen Früchten zu essen, ist uns geboten. Der Baum steht auf einem grünen Brett, das ein Zaun umgibt, Sinnbild des Gartens Gottes. Prüfen wir einmal unsern Christbaumschmuck, ob er nicht manches Sinnlose, ja Widersinnige enthält! Unter dem Baum aber mag nach gutem alten Brauch die Arche Noah ihren Platz finden, deren Tierscharen hinausgegangen sind, weil die Fluten des Zornes Gottes verebbt sind. Zahmes und wildes Getier sind friedlich beieinander (Jes. 11). In ihrer Mitte steht die „Hütte Gottes bei den Menschen” (Off. Joh. 21, 3), der Stall von Bethlehem, die Stätte der Menschwerdung: „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter” (Jes. 9, 5). Vor diesem Kinde beten die Einfältigen und Armen an, und die Weisheit und Macht der Welt legen ihre Kronen vor ihm nieder und bringen ihre Gaben. Über dem allen breitet der Baum seine grünen Zweige, Sinnbild der nimmermüden Liebe Gottes: „Ich will sein wie eine grünende Tanne” (Hosea 14,9) - und das Licht der Kerzen strahlt aus dem dunkeln Geheimnis des Baumes hervor, uns mahnend: „Wandelt wie die Kinder des Lichtes” (Eph. 5, 9)

Ev. Jahresbriefe 1942, S. 2-6

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-09-14
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