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Christ und Krieg
von Karl Knoch

LeerWenn von manchen christlichen Kreisen diese Frage sehr einfach dahin beantwortet wird, daß nach dem Gebot „Du sollst nicht töten” jeder Kriegsdienst verwerflich sei, so ist es doch seltsam zu beobachten, daß in all den Fällen, in denen im Neuen Testament Soldaten auftreten, nirgends die Forderung erhoben wird, daß diese ihren Soldatendienst aufgeben müßten. Johannes der Täufer fordert dies nicht von den Soldaten, die ihn fragen, was sie tun sollen, sondern er weist nur auf die Grenzen ihres Dienstes hin, indem er sagt: „Laßt euch an eurem Sold genug sein und vermeidet alles Plündern und Rauben, also jede Überschreitung eurer Machtbefugnisse!” Jesus fordert von dem römischen Hauptmann in Kapernaum ebenfalls nicht, daß. er seinen Dienst verläßt; auch nicht Petrus vom Hauptmann Kornelius, der doch ein Christ geworden ist. Dabei wäre die Forderung, den Kriegsdienst aufzugeben, damals unschwer zu erfüllen gewesen, da es sich beim Wehrdienst nicht um den Gehorsam gegen eine vom Staat geforderte allgemeine Wehrpflicht handelte, sondern um einen freiwilligen Söldnerdienst. Nehmen wir hinzu, daß Jesus dem Pilatus gegenüber zugestanden hat, daß er im Namen des Staates das Recht habe, ein Todesurteil zu fällen, und daß Paulus zugibt, daß die Obrigkeit nach Gottes Willen das Schwert führe, so ist hier deutlich, daß im Bereich des Staates, also in der „Welt”, die Schwertgewalt zur Aufrechterhaltung der Ordnung ausgeübt werden darf. Das gilt sowohl für die Ordnung im Innern des Staates als auch für die Beziehungen zwischen den Völkern. Der Sinn des Krieges ist letztlich der, eine gestörte Ordnung der Beziehungen zwischen den Völkern wieder herzustellen.

LeerVon da aus ist es begreiflich, daß die christliche Kirche bis zum heutigen Tag den Krieg nicht von Grund auf abgelehnt hat. Es finden sich sogar Auswüchse, die über die im Neuen Testament gezogene Linie offenkundig hinausgehen: wenn Bischöfe und Päpste Kriege führten, oder wenn die Kreuzzüge und andere Glaubenskriege geführt worden sind. Denn niemals war es gestattet, i n  F r a g e n  d e s  G l a u b e n s zum Schwert zu greifen. Das hat Jesus mit seinem Wort in Gethsemane eindeutig abgelehnt, als er dem Petrus sagte: „Stecke dein Schwert in die Scheide”.

LeerNeben der Auffassung, daß dem Staat zur Aufrechterhaltung der Ordnung der Gebrauch der Schwertgewalt zugestanden wird, findet sich aber auch in der christlichen Kirche schon sehr früh die andere Linie: die v ö l l i g e  A b l e h n u n g  d e s  K r i e g s d i e n s t e s. Die römischen Legionäre, die um dieser Ablehnung willen den Tod auf sich nahmen, die Stimmen vieler Kirchenväter bis hin zu den Mennoniten, Quäkern und anderen Gruppen in der Gegenwart, bezeichnen d i e s e Haltung.

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LeerNun ist freilich zu fragen, ob diese Ablehnung des Kriegsdienstes und des Krieges überhaupt sich allein auf das Gebot „Du sollst nicht töten” berufen kann. Dieses Gebot galt ja, als es dem Volk Israel am Sinai gegeben wurde, zunächst nur zur Abwehr des Mordes am eigenen Volksgenossen, dagegen nicht zur Ablehnung des Tötens im Krieg. Jesus führt das Verständnis dieses Gebots bis in die letzten Tiefen, wenn er in der Bergpredigt den Haß mit dem Mord auf eine Linie stellt. Es ist aber nicht angängig, den Kampf des Soldaten mit dem Mord gleichzusetzen. Der Mörder handelt aus Haß oder Raubgier, er führt die Waffe und überfällt den anderen, der waffenlos ist. Der kämpfende Soldat hingegen steht demjenigen gegenüber, der auch die Waffe führt, und er tötet ja nicht zunächst aus Haß oder Raubgier. Vielmehr ist er der bewaffnete Abgeordnete seines Volkes, der in erster Linie bereit ist, unter Einsatz seines Lebens den Lebensraum, die Freiheit und Zukunft seines Volkes zu schützen. In diesem Sinne ist das Soldatentum dort, wo christliches Denken das Völkerleben durchdrungen hat und wo Christen glaubten, den Krieg rechtfertigen zu können, im wesentlichen aufgefaßt worden. Daß der Krieg in einzelnen Fällen, wie vor allem etwa im Dreißigjährigen Krieg, völlig entartete, ist kein Widerspruch zu dieser Grundausfassung. Immer ist der Krieg im Bereich der „Welt” als letztes Mittel gesehen worden, um die Ordnung im Völkerleben wieder herzustellen. Der christliche Soldat und der christliche Staatsmann wird daher die Waffe immer nur bis zu dem Grad gebrauchen, der erforderlich ist, um dieses Ziel zu erreichen. Darum verzichtete Bismarck nach Königgrätz auf den weiteren Vormarsch; darum legte er dem besiegten Frankreich 1871 einen erträglichen Frieden auf.

LeerAuf dieser Linie liegt es auch, daß letztlich aus christlichem Verantwortungsbewußtsein heraus das Haager Schiedsgericht, das Völkerrecht, sowie die Genfer Konvention geschaffen wurden. Es sollte dadurch versucht werden, den Krieg einzuschränken, und wenn er geführt werden mußte, auf das unbedingt notwendige Maß einzudämmen. Der Rückblick auf die beiden hinter uns liegenden Weltkriege zeigt aber, daß der Krieg ein wesentlich anderes Gesicht bekommen hat; alle Bemühungen, ihn einzuengen, wurden bei Seite geschoben, das Völkerrecht und die Genfer Konvention mit Füßen getreten! Es ging nicht mehr um Wiederherstellung der Ordnung, nicht mehr um K a m p f der bewaffneten Abgeordneten der Völker gegeneinander, sondern um V e r n i c h t u n g der gesamten Kraft des feindlichen Volkes. Damit hat der Krieg enthüllt, welche Mächte letztlich immer hinter ihm standen. Es hat den Anschein, als ob die in der Offenbarung des Johannes gezeigte Lage sichtbar wird, wonach in der Endzeit die Mächte dieser Welt sich zusammenballen und auf der einen Kampffront stehen, während auf der anderen Seite das kleine Häuflein der Gläubigen übrig bleibt. Die Fronten werden klar, und es geht nur noch um ein Bekenntnis zum Antichrist oder zu Christus. Der Krieg aber hat, vor allem, wenn wir an die Möglichkeit des dritten Weltkrieges mit dem Einsatz der Atombomben denken, seine satanische Fratze enthüllt.

LeerDamit ist die Gestalt des Krieges und der Sinn des Krieges anders geworden, als es früher noch scheinen konnte, und wir müssen uns als Christen fragen, o b  w i r  u n s  i n  d e r  j e t z i g e n  L a g e  n i c h t  i n  d i e  F r o n t  d e s  A n t i c h r i s t  e i n r e i h e n , w e n n  w i r  K r i e g s d i e n s t  t u n oder den Krieg noch irgendwie vorbereiten. Daß diese Frage durch die Propaganda vernebelt wird und der Gebrauch der Macht - bis hin zu einer gewaltigen Wiederaufrüstung Europas - als unbedingt notwendig dargestellt wird, darf uns nicht täuschen. Wir müssen uns freilich klar sein, welche Folgerungen es nach sich ziehen würde, wenn wir uns entschließen, den Kriegsdienst grundsätzlich zu verweigern. Zunächst kann es sich dabei nicht darum handeln, daß wir uns der Schuld entziehen, in die wir geraten, wenn wir im Krieg mitkämpfen. Beim heutigen totalen Krieg kämpft ja nicht nur der Soldat mit der Waffe, sondern ebenso die Frau, die in der Fabrik Granaten dreht, ja selbst die Mutter, die gar nichts für den Krieg tut, sondern nur ihre Kinder erzieht, aber den Befehl der Verdunkelung ausführt und sich anderen Kriegsmaßnahmen unterstellt. Kein Mensch in einem kämpfenden Volk vermag sich heute dem Schuldzusammenhang zu entziehen, den das ganze Volk auf sich nimmt, sobald es in einen Krieg eintritt.

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LeerAber selbst derjenige, der den Kriegsdienst verweigert, wird schuldig, wenn auch in anderer Weise. Denn jeder Soldat, der im eigenen Heer fehlt, ist ein Gewinn für den Feind, und wer die eigene Front schwächt, indem er sich dem Kampf entzieht, sei es durch Flucht, durch Verrat oder Kriegsdienstverweigerung, nützt dem Feind und wird damit s c h u l d i g  a n  s e i n e m  e i g e n e n  V o l k ; er verursacht, daß dadurch eigene Volksgenossen ihr Leben verlieren. Denn so tief ist die Schuldverflochtenheit dieser Welt, daß sich ihr kein Mensch eines in den Krieg eintretenden Volkes entziehen kann! Freilich ist das eine Schuld, die von Menschen geleugnet wird und der gegenüber auf verschiedenste Weise das gute Gewissen zu wahren versucht wird. Aber es ist eine Schuld, in die wir vor Gott geraten. So war auch das „Stuttgarter Schuldbekenntnis” von 1945 gemeint.

LeerWer aber den Kriegsdienst verweigert, muß auch bereit sein, die Strafe des Staates für diesen „Verrat am eigenen Volk” auf sich zu nehmen, sei es die Gefängnisstrafe oder die Todesstrafe. Vor allem wird man bei der Ablehnung des Kriegsdienstes nicht stehen bleiben dürfen, sondern man muß die Ablehnung der Gewaltanwendung dann auch auf allen Gebieten zur Durchführung bringen, bis hinein in das persönliche Leben. Nehmen wir an, Deutschland wird wieder Kriegsgebiet oder, wenn es sich entschlossen hätte, auf die Mitwirkung an der europäischen Verteidigung zu verzichten und als neutrales Land zwischen Ost und West die Möglichkeit auf sich zu nehmen, eines Tages vom Osten her überrannt zu werden, dann müßten wir schweigend alle Folgen auf uns nehmen. Das aber kann nur derjenige, der sehr tief im Glauben wurzelt und der weiß, daß „mir nichts geschehen kann, als was Gott hat ersehen”. Der glaubende Christ weiß, daß alles Leiden und selbst das Sterben für den Menschen zwar etwas Furchtbares ist, im Haushalt Gottes aber durchaus einen anderen Wert erhält: Seit Jesus am Kreuz starb, wissen wir, daß Leiden und Sterben vor Gott die Meilensteine zum Segen und zum Leben sind. Nur wer das weiß, könnte in dem Grauen eines kommenden Krieges schweigend ertragen, was über ihn und die Seinen hereinbricht.

LeerIn solchem Grauen freilich dürfen wir wissen, daß auch das andere möglich ist, daß Gott uns durch die größten Schrecken hindurchleiten kann und uns dabei kein Haar gekrümmt wird. Gott m u ß das aber nicht tun, und unser Gebet kann ihn dazu nicht zwingen. Solange er eben G o t t ist und damit der unbedingte Herr bleibt, müssen wir es ihm überlassen, ob er uns erretten will oder ob er uns leiden und sterben läßt. Immer aber sind wir in seiner Hut geborgen, und unser Sterben ist ebenso der Durchgang zum neuen Leben in einem neuen geistlichen Leib, wie einmal der Untergang der Welt der notwendige Durchgang zu Gottes Neuschöpfung und Vollendung sein wird. Wer das weiß und in diesem Glauben lebt, der kann ganz und gar getrost der dunklen Zukunft entgegengehn. Ihr Ziel ist aber die Herrlichkeit Gottes. -

LeerWie sollen wir uns nun aber als Christen in dieser Lage verhalten? Wir dürfen nie vergessen, daß Christus der Herr ist über a l l e Lebensbereiche, und daß er den Seinen den Auftrag gegeben hat, das Evangelium allen Völkern zu verkündigen. Das nötigt uns, auch in die Bereiche des täglichen Lebens, also auch des Staates hinein, durch unser Wort und unser Verhalten das Evangelium zu verkündigen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, daß wir zwar „in der Welt” leben, aber nicht „von der Welt” sind. In der „Welt” gelten andere Lebensordnungen als in der Kirche. Jesus sagt: „Ihr wisset, daß die weltlichen Fürsten herrschen und die Oberherren haben Gewalt; so soll es nicht sein unter euch” (Matth. 20, 25, 26). „Welt” in diesem Sinn ist aber nicht nur im Raum eines heidnischen Volkes, sondern auch im „christlichen Abendland”, in dem zwar fast alle Menschen auf dem Papier Christen sind, aber nicht als Christen leben. Im Bereich des Staates gelten andere Ordnungen als unter den Nachfolgern Jesu.

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LeerWer nun aber als Christ im Staat verantwortlich handelt, sei es als Minister oder als gewöhnlicher Bürger, wird immer vor der Frage stehen, wie weit er seine christliche Haltung verwirklichen kann.

LeerDie politischen Fragen müssen auf der einen Seite entschieden werden nach dem Maß der persönlichen Einsicht und auf Grund eines klugen Abwägens dessen, was möglich ist. Auf diesem Wege aber können Christen durchaus zu einer verschiedenen Entscheidung kommen. Für den Christen muß es nun möglich sein, daß er erträgt, daß der Bruder eine andere Lösung für richtig hält als er selbst. Darüber darf die Glaubensgemeinschaft nicht zerbrechen, und es muß möglich sein, gemeinsam im brüderlichen Gespräch zu einer Lösung zu kommen.

LeerDas Evangelium gibt über die Frage des Kriegsdienstes keine bindende Regel. Auch zu der Frage der Wiederaufrüstung Deutschlands wird man aus dem Evangelium eine eindeutige Antwort nicht herauslesen können. Es mag sein, daß ernste Christen einen Beitrag zur europäischen Verteidigung selbst auf dem Wege deutscher Truppeneinheiten für richtig halten, während andere Christen anstreben, das gesamte und wieder geeinigte Deutschland zu einer neutralen Zone zwischen Ost und West zu machen unter Verzicht auf jede eigene Wehrmacht. Man kann nicht sagen, daß die eine Lösung die christlichere sei und die andere darum dem Evangelium widerspreche. Aber das ist wichtig, daß Christen, die über diese Dinge miteinander reden, es in brüderlicher Weise tun, ohne denjenigen zu verketzern, der eine andere politische Meinung hat. Dementsprechend müßten auch Christen innerhalb der verschiedenen Parteien brüderlich miteinander reden können. Darum sagt die Kundgebung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland anläßlich des Evangelischen Kirchentages in Essen auf der einen Seite: „Jedes geordnete Staatswesen bedarf eines ausreichenden Polizeischutzes gegen die, die -Ordnung und Frieden zu untergraben versuchen, und wer sich als Christ in seiner Verantwortung vor Gott gedrungen weiß, in den Dienst dieser Aufgabe zu treten, darf sich dabei eines guten Gewissens trösten.” Auf der anderen Seite heißt es dort: „Einer Remilitarisierung Deutschlands können wir das Wort nicht reden, weder was den Westen noch was den Osten anlangt... In jedem Falle aber muß derjenige, der um seines christlichen Gewissens willen den Dienst mit der Waffe verweigert, die Freiheit haben, sein Gewissen unverletzt zu erhalten.”

LeerViel schwieriger ist es nun, wenn wir es als Christen im politischen Raum mit solchen Menschen zu tun haben, die eben nicht christlich denken und handeln. Aber auch dann müßten wir uns als Christen bewähren. Von da aus ist es nicht angängig, jedes Angebot der Verhandlung, das etwa aus dem Osten kommt, ohne weiteres als unglaubwürdig abzulehnen. Ebenso ist es für einen Christen unerträglich, zu beobachten, wie von den Abgeordneten der vereinten Nationen etwa über Korea verhandelt wird: Jeder macht der anderen Seite unaufhörlich Vorwürfe, und jede Seite ist für Vermittlungsvorschläge unzugänglich, vor allem dann, wenn sie von dem Gegner kommen. Es ist hier nicht anders wie bei Pilatus, dem der Herr Jesus sagt: „Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht wäre von oben herab gegeben” (Joh. 19, 11): wir müssen uns klar sein, daß uns der politische Gegner von Gott gegenübergestellt worden ist.

LeerAls Christen haben wir deshalb auch den politischen Gegner ganz ernst zu nehmen und müssen jederzeit bereit sein, uns mit ihm an den Verhandlungstisch zu setzen. Auch müssen wir bereit sein, auf ihn zu hören, seine Einwände zu beachten und unter Umständen ihm um der Einigung willen entgegenzukommen und nachzugeben.

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LeerEndlich aber dürfen wir wissen, daß wir eine Waffe haben, die stärker ist als alle Panzer, Flugzeuge und Atombomben: u n s e r  G e b e t. Von dieser Waffe machen wir noch viel zu wenig Gebrauch und trauen ihr zu wenig zu. Wir sollten wissen, daß alle irdischen Kämpfe, auch der blutige Krieg, die irdischen Schatten jener Kämpfe sind, die im Bereich der unsichtbaren Welt ausgetragen werden und von denen uns das 12. Kapitel der Offenbarung kündet: „Und es erhob sich ein Streit im Himmel: Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen und der Drache stritt und seine Engel und siegte nicht; auch ward ihre Stätte nicht mehr gefunden im Himmel.” Der eigentliche Kampf vollzieht sich ja im Bereich dessen, was uns unsichtbar bleibt; und es ist letztlich die Frage, auf welcher Seite wir mitkämpfen. Lassen wir uns hereinziehen in die Mächte der Lüge, des Mißtrauens, des Hasses und der Angst? Oder stehen wir gelassen und getrost auf der Seite Michaels und begnügen uns mit den Waffen des Geistes, mit dem „Schild des Glaubens, dem Helm des Heils und dem Schwert des Geistes” (Eph. 6, 16, 17) und mit dem Gebet? Mit d i e s e n Waffen dienen wir d e m Frieden, den nur allein Christus uns geben kann, nie aber die Welt.

LeerWer in diesem Kampfe im Reiche des Unsichtbaren steht, kann auch in allen irdischen Kämpfen seine Pflicht erfüllen, selbst als Politiker oder als Soldat. Die Härte irdischer Kämpfe bleibt ihm nicht erspart. Er weiß, daß Gott ihn wunderbar hindurchtragen kann; er weiß aber auch, daß, wer das Schwert nimmt, durchs Schwert umkommt, und er weiß endlich, daß auch der umkommen kann, der auf alle Gewaltanwendung verzichtet und durch die Grausamkeit des anderen zertreten wird. Aber der Blick auf das Kreuz von Golgatha läßt uns nie vergessen, daß alles Leiden und Sterben der Durchgang zum Leben ist, wenn dieser Weg in der Nachfolge Christi gegangen wird, mitten in allen Kämpfen.

LeerWenn uns also das Evangelium auch keine Antwort gibt auf die politischen Fragen des Krieges, der Wiederaufrüstung oder der Auseinandersetzung zwischen Ost und West, so ist uns doch sehr klar gezeigt, wie wir als Christen in all diesen Auseinandersetzungen zu stehen haben. Es wäre nur zu wünschen, daß noch sehr viel mehr evangelische Männer und Frauen mit allem Ernst den Versuch machen würden, sich in diesem Sinn im Bereich des politischen Lebens einzusetzen. Es könnte sein, daß es davon abhängt, ob die Geschichte der Menschheit sehr schnell ihrem Ende zueilt oder ob Gott uns noch einmal eine Gnadenfrist schenkt. In jedem Fall aber werden wir uns vor dem ewigen Richter darüber zu verantworten haben, ob wir auf dieser Erde den Auftrag erfüllt haben, den der Herr Christus den Seinen gegeben hat. Wir haben unser Verhalten immer wieder daran zu messen, ob wir dieses unser Verhalten vor ihm glauben verantworten zu können. Wir wissen wohl, daß wir das nie vollkommen fertig bringen und immer wieder versagen; aber im Vertrauen auf Gottes Gnade können wir auf diesem Weg getrost gehen, bis wir aus dieser Welt abberufen werden.

Evangelische Jahresbriefe 1951, S. 147-152

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 15-11-30
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