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Der Brief
von Wilhelm Stählin

LeerSchweizer Freunde haben ihre Besorgnis darüber ausgesprochen, daß in unserer Zeitschrift, so z. B. in den Buchbesprechungen des Michaelisbriefes, wiederholt mit einer betonten Ausschließlichkeit von der lutherischen Kirche und Theologie die Rede gewesen sei, von den Aufgaben, die der lutherischen Theologie etwa durch das Buch von Max Lackmann gestellt worden seien, oder von der nötigen Abgrenzung gegen die römische wie gegen die reformierte Sakraments-Auffassung. Unsere Schweizer Freunde fragen - und vielleicht wird der noch kleine Kreis unserer Freunde in Holland bald die gleiche Frage an uns stellen -, ob denn jenes Gesamtverständnis des Evangeliums, dem wir in unserer Bruderschaft und mit unserem Schrifttum dienen wollen, auf die sich lutherisch nennende Kirche beschränkt sei, und ob wir etwa vergessen hätten oder verleugnen wollten, daß sich innerhalb der reformierten Kirche - jedenfalls in der Schweiz, in Frankreich, in Holland, in Schottland, vielleicht am wenigsten in Deutschland - ein durchaus paralleler Aufbruch vollzogen hat.

LeerNun stammen allerdings viele oder die meisten der von uns besprochenen theologischen Bücher aus dem Raum des Luthertums und erheben den Anspruch, mit ihrem Anliegen gerade von lutherischen Theologen beachtet und verstanden zu werden, und da wir selbst zum weitaus größten Teil in der Tat nicht nur aus der lutherischen Kirche stammen, sondern in ihr unsere Wirkungsstätte haben, ist es begreiflich, wenn das Gespräch, das heute innerhalb dieser lutherischen Kirche in Gang gekommen ist, und an dem wir äußerlich und innerlich aufs Stärkste beteiligt sind, auch in unserem Schrifttum eine erhebliche Rolle spielt.

LeerDaß wir uns nicht in dem engen Raum einer könfessionalistischen Sicherheit und Inzucht beheimatet fühlen, wird freilich, wie wir meinen, an der Gesamthaltung unserer Zeitschrift, gerade auch an den Beiträgen und Berichten des ersten Quatember-Heftes, hinreichend deutlich. Trotzdem ist es gut, wenn wir von Zeit zu Zeit ausdrücklich daran erinnert werden, daß wir vom Beginn unserer Arbeit an, und fast möchte ich sagen je mehr und mehr, jener neu sich formenden Front verpflichtet und eingefügt sind, die heute quer über die Grenzen der von der Geschichte her gegeneinander stehenden „Konfessionen” hinweg durch die ganze Christenheit hindurchgeht.

LeerAn welchem Punkt wir immer durch Geburt und Überlieferung stehen, immer kann dieser Standort nur der Ausgangspunkt für eine Betrachtung, für Erkenntnisse und Lebensformen sein, die über den Rahmen jener sich verhärtenden Konfessionen hinausführen zu einer Gestalt des christlichen Denkens und Seins, die heute in der ganzen Welt der Ökumene in den Anfängen erkennbar ist. ]e mehr heute die christliche Kirche - wie zumeist nach Jahren großer Katastrophen - von einer neuen Welle rückwärtsgewandten Sicherungsstrebens, von einer Verhärtung in dem angeblich bewährten und gesegneten Erbe bedroht ist, desto entschiedener fühlen wir uns all denen verbunden und verpflichtet, die in diesen ängstlich gegeneinander abgegrenzten Konfessionen nicht mehr ihre geistliche Heimat finden.

LeerUm es ganz unmittelbar verständlich zu sagen: Wir fühlen uns den Brüdern in Taizé und den Schwestern in Grandchamp, oder den anglikanischen Kreisen, die dort das devotional life pflegen, oder der Iona Community in Glasgow, näher verbunden als dem unerschütterten Gewohnheitschristentum mancher ihrem „Bekenntnisstand” nach lutherischen Gemeinden, und der consensus de doctrina kann uns nicht darüber täuschen oder darüber beruhigen, daß das Walten des Heiligen Geistes, des dominus vivificans, neue Scheidungen vollzieht und neue Zusammenhänge stiftet. - Ist das nun deutlich genug geredet, nicht um unsere reformierten Freunde zu beruhigen, sondern um in uns selbst die notwendige Unruhe wach zu halten?

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LeerDer Hamburger Hauptpastor D. Paul Schütz, auf dessen Schriften wir öfters auch in diesen Jahresbriefen hingewiesen haben, ist vor einiger Zeit in den Ruhestand getreten, weil er mit dem Bekenntnis der lutherischen Kirche in Konflikt geraten war; genauer gesagt: weil ihm von der Leitung der Hamburger Kirche mitgeteilt worden war, daß seine weitere Amtsführung durch jenen Dissensus unmöglich geworden sei. Paul Schütz hat im Deutschen Pfarrerblatt (Nr. 17 vom 1. September 1952), von dessen Schriftleitung dazu aufgefordert, eine Erklärung zu diesem Schritt gegeben, und es scheint uns, daß diese Begründung, fast mehr noch als jener Schritt selbst, die größte Aufmerksamkeit verdient. Entscheidend ist die hier vertretene These, daß die Verpflichtung auf die lutherischen Bekenntnisschriften mit der Bindung an die Heilige Schrift als die alleinige Norm der Lehre unvereinbar sei. „Meine eigene Entwicklung”, hatte Schütz an die Hamburger Kirchenleitung geschrieben, „hat sich immer mehr auf die altkirchlichen großen Symbole zubewegt und mich in ihnen das gültige Zeichen für die Totalität der biblischen Offenbarung erkennen lassen, die ich in den Bekenntnisschriften nicht zu erkennen vermag”.

LeerDie reformatorische Rechtfertigungslehre enthalte nicht das ganze Evangelium; „es ist die besondere Erleuchtung der alten Väter gewesen, daß Gottes Weisheit die Fülle der Offenbarung nicht in einem, sondern in drei Artikel verwahrt hat”, während die Beschränkung der reformatorischen Lehre auf die Sünden- und Gnadenlehre das Heil von der „Welt”, welche Gott geliebt hat, auf den Menschen verlagere, und durch die Beschränkung auf die Lehre von Christus die Fülle der Trinität, das „corpus trinitatis”, auflöse. - Die Bekenntnisschriften aber „erlauben nur, die Heilige Schrift nach Maßgabe des in ihnen sanktionierten Verständnisses auszulegen”; damit aber werde tatsächlich die Schrift dem Bekenntnis unterworfen. Wenn das Bekenntnis, obwohl es mit seinem sola fide (allein durch den Glauben) der Fülle der biblischen Offenbarung nicht gerecht wird, als eine kirchenrechtlich verbindliche Lehrnorm angesehen und gebraucht wird, so ist damit das „sola scriptura” (allein die Schrift) geleugnet und aufgehoben; und um die Gefahr der Anarchie zu bannen, wird praktisch die Norm durch ein theologisches Prinzip usurpiert.

LeerDiese durch die eigene existenzielle Entscheidung bekräftigte Erklärung greift nun wirklich an die Wurzel unserer eigenen kirchlichen Existenz. Man wird freilich zunächst daran erinnern dürfen, daß die Bekenntnisschriften selbst (in der Einleitung zur Concordien-Formel) mit aller wünschenswerten Deutlichkeit die Heilige Schrift jedem geschichtlichen Bekenntnis überordnen, und daß darum jeder, der von der Fülle der biblischen Offenbarung her auf Grenzen und Mängel der Bekenntnisbildung des 16. Jahrhunderts und der späteren theologischen Entwicklung hinweist, einen auf dem Boden eben dieses Bekenntnisses notwendigen Dienst leistet. Die Meinung, daß wir ein für allemal an jene Auffassungen der Offenbarung gebunden seien, die in den lutherischen (oder irgend welchen anderen) Bekenntnisschriften des 16. Jahrhunderts niedergelegt sind, widerspricht diesem Bekenntnis selbst und stellt, sehr im Widerspruch mit den Reformatoren, die traditiones humanae über die Urkunde der Offenbarung selbst. Oder will irgend jemand mit Ernst behaupten, daß es in der evangelischen Kirche ein kirchlich allein legitimiertes Verständnis der Bibel gäbe, eine befohlene und daneben eine verbotene Exegese? Dann vermöchte ich nicht zu erkennen, was in dieser Hinsicht die evangelische Kirche gerade von dem unterscheidet, was wir an der römischen Art, von Schrift und Tradition zu reden, als falsch bekämpfen.

LeerIch möchte glauben, daß auch unsere nicht-theologischen Leser uns nicht den Vorwurf machen werden, daß wir sie hier mit internen theologischen Streitigkeiten behelligen, von denen der einfache und einfältige Christ sich nicht beunruhigen zu lassen braucht. Wir alle sind mitgetroffen, wenn durch die historisch bedingten Konfessionen und ihre polemischen Formulierungen begrenzt sein soll, was wir aus der Heiligen Schrift vernehmen dürfen und was nicht. Gerade weil wir die Bekenntnisschriften unserer Kirche wahrhaft lieben, weil wir mit dankbarer Ehrfurcht und lernbegieriger Treue daraus die Stimme unserer Väter, ihres Glaubens und ihrer Erkenntnis vernehmen, wehren wir uns dagegen, daß sie an einen Ort gerückt werden, der ihrer eigenen Intention widerstreitet.

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LeerEs ist nicht üblich, daß der Autor auf Besprechungen seiner Bücher antwortet oder sich verteidigt gegen die Kritik, die gegen ihn erhoben wird. Aber da, wo es um die letzten Fragen unserer christlichen Existenz geht, mag einmal eine Ausnahme erlaubt sein. Ich wundere mich nicht, daß die Auslegung, die ich in meinem Buch „Zusage an die Wahrheit” dem Satz von der einen und allgemeinen Kirche (Una et Catholica Ecclesia) gegeben habe (S. 183 ff.), von katholischen Beurteilern besonders beachtet und als ein bedenklicher Mißton in meiner sonst lobenswerten Schrift kritisiert worden ist, um dessen willen das Büchlein Katholiken traurig mache. Ich kann es nicht bedauern, jenen für katholische Leser anstößigen Satz geschrieben zu haben. Welchen Sinn hätte es, zu verbergen, daß wir nicht gleichzeitig den Glauben an die Una Sancta Catholica et Apostolica Ecclesia bekennen und der römischen Kirche das Recht auf Alleingebrauch des Wortes „katholisch” zubilligen können? Die Reaktion römischer Repräsentanten auf diese Stelle meines Buches scheint mir nur darzutun, daß es auf unserer Seite vielfach versäumt worden ist, das mit einer unüberhörbaren Deutlichkeit auszusprechen.

LeerAber nun fragt einer dieser Kritiker (O. Simmel S. J. in den „Stimmen der Zeit” Band 151, Heft 2, Seite 156), „ob denn der Wille Christi damit erfüllt ist, daß alle ‚Kirchen’ Glieder sind der einen und allumfassenden Kirche Jesu Christi”. „Im Neuen Testament ist von einer solchen Auffassung sicher nichts zu finden”. Ich finde nichts anderes im Neuen Testament. Der von P. Simmel als Zitat wiedergegebene Satz würde allerdings für seine Leser nur dann unmißverständlich sein, wenn die Anführungsstriche, zwischen die schon in meinem Buch der Plural „Kirchen” gestellt war, dadurch erläutert würden, daß auch mein vorangehender Satz mitgeteilt würde, daß das Wort Kirche zu jenen Worten und Begriffen gehört, die eigentlich nicht im Plural gebraucht werden können, und daß es im Grunde nicht mehrere Kirchen nebeneinander geben kann.

LeerWill P. Simmel im Ernst bestreiten, daß im Neuen Testament alle ecclesiae Glieder und Erscheinungsfarmen der ihrem Wesen nach einen und allumfassenden ecclesia sind? Das Gespräch hinüber und herüber über das, was Kirche ist, gehört zu den schwierigsten, aber auch notwendigsten und verantwortungsvollsten Aufgaben, die uns gestellt sind; aber P. Simmel schließt seine Besprechung mit der Frage: „Wie kann noch ein Gespräch über die Kirche stattfinden, wenn man nicht bereit ist, die evangelischen Berichte in ihrem schlichten Sinn anzuerkennen?” Also: Wir „Katholiken” „sitzen in der Schrift” und ihr „Nicht-Katholiken” sitzt daneben! Ich frage: Welche evangelischen Berichte sind wir - die wir so denken, wie ich es in meinem Buch ausgesprochen habe - „nicht bereit, in ihrem schlichten Sinn anzuerkennen?”

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LeerDie zufällige Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse macht erschreckend sichtbar, in welches Maß von Unklarheit und Verwirrung auch wichtige Fragen unserer Kirche getaucht sind. In der Generalsynode einer lutherischen Kirche wird mit Stimmenmehrheit festgelegt, daß Frauen nicht in die Synode gewählt werden können, weil nämlich das Amt des Synodalen ein Amt des Herrschens in sich schließe, zu welchem die Frau als solche nicht berufen sei; in einer anderen Landeskirche wird gleichzeitig eine Theologin zum vollen geistlichen Amt einschließlich Sakramentsverwaltung ordiniert. Natürlich werden in beiden Fällen biblische Begründungen für diese Entscheidungen gegeben oder wird erklärt, warum die biblischen und theologischen Argumente der entgegengesetzten Auffassung nicht stichhaltig seien. Aber wird in der Uneinigkeit, die hier innerhalb der evangelischen Kirche in Deutschland besteht, nicht offenbar, daß es hier an einer tieferen von der Sache her gespeisten Besinnung und Einsicht mangelt?

LeerEin Satz, der sich in einer Studie über Frauenämter in der anglikanischen Kirche findet (zit. nach van Wijck „Zweisam ist der Mensch” S. 10), trifft in vollem Maß auch auf unsere Verhältnisse zu: „Was man auch an Gründen anführen könnte, so ist jedenfalls klar, daß diese Gründe nicht dazu dienten, eine diskutable Streitfrage zu lösen, sondern daß sie nur eine Argumentation abgeben für eine Praxis, die als unumstößlich richtig betrachtet wurde.” Man kann ohne Schwierigkeit Bibelstellen finden, die zur Rechtfertigung einer aus anderen Wurzeln kommenden Entscheidung dienen. Denn diese hier und dort im entgegengesetzten Sinn gefällten Entscheidungen stammen nicht aus einer gründlichen theologischen Besinnung auf das Wesen des kirchlichen Amtes und über den Anteil, den die Frau daran haben kann; sondern sie kommen aus rational-zweckmäßigen Erwägungen und aus der Anwendung von Grundsätzen, die sich im politischen Leben durchgesetzt haben, auf die Amts- und Lebensformen der Kirche.

LeerWeil in Zeiten besonderer Not weibliche Theologen als „Vikarinnen” mit großer Treue und zum unbestreitbaren Segen der Gemeinden verwaiste Pfarrstellen und den ganzen, dem Träger des Amtes zukommenden Dienst verwaltet haben, darum haben die Theologinnen sozusagen ein Gewohnheitsrecht auf das volle geistliche Amt erlangt; und wer wollte das Auge verschließen vor der Treue, dem Geschick und dem gesegneten Ernst, mit dem Vikarinnen ihren Dienst getan haben und tun, und „warum denn auch nicht?” Auf der anderen Seite ist der Wunsch der männlichen Synodalen so begreiflich, daß sie „unter sich sein möchten” und gern jene Rücksichten sich sparen möchten, die eine Männergesellschaft alsbald üben muß, wenn eine Frau dazu gehört. Es ist sehr notwendig, daß diese Frage einmal in einer ganz anderen Dimension gestellt und beantwortet wird:

LeerWenn der Apostel Paulus in dem nicht umkehrbaren Verhältnis der Geschlechter dem Mann die Christus-Rolle, der Frau aber die Rolle der Gemeinde zuweist: Ist das eine an keine bestimmte Zeit gebundene allgemein christliche Regel, oder drückt sich darin noch die antike Abwertung der Frau gegenüber dem allein vollberechtigten Mann aus? Und wenn das so ist, welches Amt (das also nicht im gleichen Sinn Christum repraesentat) kommt ihr dann im Gefüge der kirchlichen Ämter und Dienste zu? Ist das Amt des Synodalen überhaupt in diesem Sinn ein biblisch begründetes „Amt”? Vielleicht ist es uns möglich, dazu einmal ein begründetes Wort zu sagen. Diese kurze Bemerkung soll-nur darauf hinweisen, wie wenig diese Fragen geklärt sind, und wie sehr es also einer grundsätzlichen und klärenden Besinnung bedarf.

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LeerDie „Neue Schau” brachte in ihrer Nummer vom November 1952 die verkleinerte Wiedergabe einiger Bilder aus dem Buch von Jean Effel (Francois Lejeune), 84 Bilder über die „Schöpfung der Welt”, auf dem Umschlag als ein „Bilderbuch für frohe Erdenbürger” bezeichnet (Rowohlt-Verlag, Hamburg, DM 9.80). Die „Neue Schau” hatte jene Kostproben mit der Aufforderung an ihre Leser begleitet, zu diesen Bildern Stellung zu nehmen. Es lag mir daran, unbeeinflußt durch das sofort mit lebhaftem Für und Wider einsetzende Gespräch mir einen eigenen Eindruck von dem ganzen Buch zu verschaffen. Niemand kann bestreiten, daß der Zeichner witzige Einfalle hat, insbesondere das Grotesk-Komische mancher Tiergestalten mit wirklichem Humor herausgestellt hat. Man kann an manchen dieser Bilder seinen Spaß haben, aber man kann an dem ganzen Buch keine Freude haben.

LeerAuf die Gefahr hin, von den Freunden dieses Bilderbuches zu den Leuten gerechnet zu werden, die „keinen Spaß verstehen” und also nicht zu den „frohen Erdenbürgern” gerechnet werden können, will ich mit jeder wünschenswerten Deutlichkeit gesagt haben, daß hier der Spaß aufhört. Es gibt Dinge, von denen die Witzbolde oder die, die sich dafür halten, die Finger lassen sollten. Soll ich gestehen, daß ich bei der Durchsicht dieses Buches zum erstenmal einige Sympathie mit dem von der Reformierten Kirche festgehaltenen Bilderverbot des Alten Testamentes verspürt habe? Jenes Bilderverbot war der Ausdruck einer grenzenlosen Ehrfurcht; diese Bilder sind der Ausdruck einer ebenso unbegrenzten Respektlosigkeit. Ich hörte von einem kleinen Jungen, der, nachdem er diese Bilder gesehen hatte, gesagt haben soll: Wenn der liebe Gott so aussieht, kann man doch nicht zu ihm beten. Nein, das kann man nicht.

LeerDas Schlimmste ist das Vorwort von Kurt Kusenberg, welches behauptet, der Zeichner habe sich „mit dem lieben Gott auf Du und Du gestellt”, und eben das hätten die religiösen Legenden des Volkes und die Krippenspiele getan: „und da der verweltlichte Gott (!) ein Gott der Liebe ist, will es nicht viel besagen, ob er majestätisch, leutselig oder gar als ein guter Hausvater ins Spiel tritt”. „Effels lieber Gott aber ist fraglos ein Gott der Liebe”. Jeder Satz ein respektsloser Mißbrauch mit Worten, die anderen Menschen heilig sind. Nein, hier verstehen wir keinen Spaß; und wenn jemand deswegen meint, wir seien also nicht zu den fröhlichen Erdenbürgern, sondern zu den „pharisäischen Epigonen des struppigen Satan” (wie von einem begeisterten katholischen Pfarrer die Kritiker benannt werden) zu zählen, so werden wir darüber fröhlich lachen, während dieses Bilderbuch gar nicht zum Lachen ist.

Quatember 1953, S. 117-121

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-29
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