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Die Erntezeiten des Kirchenjahres
von Simon Stricher

LeerDa ein neuer Jahrgang beginnt, der unserer Zeitschrift, wie wir zuversichtlich hoffen, neue Freunde zuführen wird, glauben wir keiner Entschuldigung zu bedürfen, wenn wir an dieser Stelle ebenso wie in den Heften des ersten Jahrgangs jeweils etwas über die Bedeutung des Namens Quatember sagen oder zitieren. Die folgenden Ausführungen entnehmen wir einem von der Abtei Maria Laach herausgegebenen liturgischen Volksbuch „Die betende Kirche” (Sankt Augustinus Verlag, Berlin), und zwar dem von Simon Stricher verfaßten Abschnitt: Das heilige Jahr der Kirche (S. 257,402).

LeerDie Quatember, die zum schönsten und ehrwürdigsten des römischen Kirchenjahres gehören, sind mit dem Kirchenjahr aufs engste verknüpft. Sie waren ursprünglich Erntefeste und wurden daher nur dreimal im Jahre gefeiert, zu den Zeiten nämlich, da am Mittelmeer die drei Haupternten, die Weizen-, Wein- und Ölernte beendigt wurden. Als später (im fünften Jahrhundert) die Frühlingsquatember der ersten Fastenwoche hinzukamen, war jede der vier Jahreszeiten durch sie besonders geweiht. Bei dieser Feier gaben die Gläubigen für den Unterhalt der Kirche, der Geistlichen und Armen den kirchlichen Zehnten der Ernte ab. Die Quatember stellten daher jedesmal einen größeren Opfergang im Kirchenjahr dar. Und gerade Weizen, Wein und Öl sind ja als die Elemente des eucharistischen Opfers und der Sakramente für die Kirche von hoher praktischer und sinnbildlicher Bedeutung. Die Christen hatten das Bewußtsein , daß auch diese Gaben und alle Früchte ihrer opfervollen Arbeit, ja diese Arbeit selbst, in Christi Opfer fließen müssen, um Gott wahrhaftig wohlgefällig und für die Menschen gesegnet zu sein. Dem Geiste nach bedeuten die Quatember heute noch dasselbe. Ihre Feier umfaßt jeweils den Mittwoch, Freitag und Samstag der betreffenden Woche, nämlich der dritten Adventswoche, der ersten Fastenwoche, der Pfingstwoche, und der Woche nach Kreuzerhöhung (14. September).

LeerDie Hauptfeier gehört dem Samstag. Sie wurde früher in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag gehalten, vorzüglich als der eigentliche Sonntagsgottesdienst für alle verpflichtend. und wurde überall festlich begangen. Die Vormesse, die eine eigentliche Vigil (Nachtwache) war, hatte früher 12 lange Lesungen. Seit sie auf den Sonntagmorgen verlegt worden ist, hat sie deren nur noch sechs kürzere. Die fünfte Lesung ist immer die Erzählung von den drei Jünglingen im Feuerofen. Sie will den Lobgesang, den jene inmitten der Flammen anstimmten, einleiten und uns in den Mund legen. Den ersten Christen galt sie, wie Katakombengemälde zeigen, als Bild des glorreichen Martyriums, der Auferstehung und Verklärung. Der Quatembersonntag wurde im Laufe der Zeit der regelmäßige Termin der Priesterweihe. Die Kirchenfarbe an den Quatembertagen ist heute, ausgenommen in der Pfingstwoche, violett.

LeerDas Fasten der Quatember knüpft durch die Wahl des Mittwochs und Freitags an die früher in Rom bestehende Gewohnheit an, die wohl bis ins apostolische Zeitalter hinaufreicht, an jedem Montag, Mittwoch und Freitag außerhalb der österlichen Zeit zu fasten. Es hat nicht nur aszetischen, sondern auch gottesdienstlichen Charakter. Das ergibt sich vor allem aus der Tatsache, daß auch der Samstag Fasttag wurde, obwohl er nicht zu den alten Fasttagen gehörte. Schon von den ersten Jahrhunderten an pflegten die Christen vor der Feier der Eucharistie nüchtern zu bleiben, um die göttliche Speise als die erste des Tages zu genießen. An den Quatember- und Fasttagen kamen sie erst am Abend, ja an den Quatembersamstagen erst in der Nacht zum Gottesdienst zusammen und mußten sich daher den ganzen Tag der Nahrung enthalten. Dadurch sollten die Seelen der Christen geläutert werden. Auch sollten die Gläubigen nicht nur aus dem Überfluß geben, sondern in wahrer Nächstenliebe sich am eigenen Munde etwas absparen. Das Fasten und seine Früchte waren eine besonders wertvolle Gabe beim Opfergang der Fasttage zum Dank für den Abschluß der Obst- und Weinernte, und zur Erinnerung daran, daß Israel auf seinem Weg ins gelobte Land vierzig Jahre in der Wüste unter Zelten gewohnt hatte, lebte das Volk während dieser Tage in Hütten aus belaubten Baumreisern im Freien.

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LeerIn die erste Fastenwoche fallen die Frühlingsquatember. Sie gehören zum Fastenbeginn und wollen uns tiefer in die heilige Weihe dieser Zeit einführen.

LeerIn der Pfingstwoche werden die Sommerquatember gefeiert, weil um diese Zeit im Süden die Weizenernte statthat und früher der kirchliche Zehnt abgegeben wurde. Gerade der Weizen ist als Element des eucharistischen Brotes für die Kirche von größter praktischer und symbolischer Wichtigkeit. In den Texten herrscht das Pfingstmotiv des heiligen Geistes vor. Bemerkenswert ist, daß an allen folgenden Tagen von der Austreibung der bösen Geister und von Krankenheilungen die Rede ist. Mag sein, daß dies in Rom einen praktischen Hintergrund im Malariafieber und in anderen schweren Krankheiten hatte, die dort im Sommer auftreten. Die Lesungen der Samstagnacht sind den Vorschriften des Moses über die jüdische Pfingstfeier entnommen und zunächst auf die Ernte und die Abgabe des Zehnten von Weizen bezogen, zugleich Erinnerungstag an die Gesetzgebung auf Sinai und Fest der „Gesetzesfreude”.

LeerDie Herbstquatember werden zu Anfang des Herbstes, am ersten Mittwoch nach dem 14. September beginnend, gefeiert. Ehedem wurde an ihnen der Zehnt der Wein- und Obsternte abgeliefert, die um diese Zeit beendet wurde. Die Weinabgabe war für die Kirche wegen der Eucharistie von besonderer Bedeutung. Um dieselbe Zeit feierten die Juden den Neumond des siebenten Monats, sowie das Versöhnungs- und das Laubhüttenfest. Das Neumondfest galt als besonderer Freudentag, weil mit ihm das bürgerliche Jahr begann. Das Versöhnungsfest war mit Sabbatruhe und strengem Fasten verbunden. Das Laubhüttenfest war ein großes Freudenfest im Herbst, wie Ostern im Frühling.

LeerDie Winterquatember der dritten Adventswoche bildeten den Abschluß und die Zehntabgabe der Ölernte. Sie sind zugleich der älteste Termin der Priesterweihe.

Quatember 1954, S. 62-63

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-11-02
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