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Der Lukasorden
von Klaus Thomas

LeerDer „Internationale Kirchliche Lukasorden für Krankenseelsorge durch Wort und Tat” (Order of Saint Luke, the Physician, International) wurde 1947 in USA gegründet mit dem Ziel, die aktiven Mitglieder der „Lukasgemeinschaft” (Fellowship of Saint Luke), Geistliche, Ärzte und vorgebildete Krankenseelsorger zu einer ordensähnlichen Fürbitt- und Arbeitsgemeinschaft zusammenzuschließen.

LeerDamals regte Dr. Glenn Clark, ein in Amerika bekannter Arzt und Autor an, aus dem Kreis der Bischöfe, Geistlichen und Ärzte der Lukasgemeinschaft den aktiv tätigen Lukasorden zu gründen, der seine Tätigkeit alsbald unter der Leitung des im Juni vorigen Jahres verstorbenen Rev. Dr. John Gayner Banks (+ 30.6.1953) aufnahm.

LeerDie Geschichte der Lukasgemeinschaft und des Lukasordens ist so sehr mit dem Lebenswerk dieses Mannes verbunden, daß zunächst der Blick auf sein Leben erforderlich scheint. Als gebürtiger Engländer ging er nach kurzer Tätigkeit als Angestellter in die Vereinigten Staaten, wo er als Glied der Congregational Church Theologie studierte. Er wurde dann Pfarrer in der Episcopalian Church.

LeerFür sein Lebenswerk wurde entscheidend die Begegnung mit dem Pfarrer Frazer, der die Emanuelbewegung gegründet hatte. Diese Bewegung hatte sich die Zusammenarbeit von Pfarrern, Ärzten und Psychologen auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung und durch praktische Arbeit im Sinn eines Team work zum Ziel gesetzt. Zu Beginn des Jahrhunderts übernahm der junge Pfarrer Banks erst die Stelle des zweiten Vorsitzenden, später die alleinige Leitung. Er baute diese Bewegung zur Lukasgemeinschaft aus.

LeerDurch dreißig Jahre hindurch hat er als leitender Geistlicher der Episcopalian-Kirche den Gedanken einer geistlich vertieften Krankenseelsorge, der Fürbitte für die Kranken und der biblischen Handauflegung als Krankenseelsorge, der engen Zusammenarbeit mit Psychiatern, Ärzten und Psychologen nicht nur in Amerika gedient. Er bereiste von Amerika aus dreizehnmal Europa und mehrfach die ganze Welt, um mit den verschiedenen Zweigen der „Arbeitsgemeinschaft Arzt und Seelsorger” und den Krankenseelsorgebestrebungen und ihren führenden Persönlichkeiten Verbindung zu gewinnen. Besonders zählen dazu die verschiedenen englischen Arbeitsgruppen: Guild of Health, Guild of Saint Rafael, Healing mission (von J. Maillard in Milton Abbey).

LeerJohn Gayner Banks hat selbst Psychologie studiert und den Grad eines D. T. S. erworben (Dr. der Psychologie). Er arbeitete eng mit Dr. Fritz Künkel in Los Angeles zusammen, nachdem dieser bekannte Psychologe 1939 von Berlin dorthin übergesiedelt war. John Gayner Banks rief die Zeitschrift „Sharing” ins Leben, die in der ganzen Welt die Anliegen der Krankenseelsorge vertritt. Bis zu seinem Tod war er Herausgeber dieser Monatsschrift, in der er regelmäßig einen Beitrag zu dem Gebiet der Pastoral-Psychologie von beachtlicher Bedeutung beisteuerte. Die letzte Rüstzeit, die er in Europa zur geistlichen Vertiefung und fachlichen Ausbildung von Krankenseelsorgern hielt, wurde 1952 in Milton Abbey (England) von Teilnehmern aus verschiedenen europäischen Ländern, auch aus Deutschland, besucht.

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LeerAus den Kreisen des Lukasordens und anderer ihm nahestehender Verbände ist in den letzten Jahren eine umfangreiche Literatur in den angelsächsischen Ländern entstanden, die die Fragen der Glaubensheilungen nüchtern und positiv behandelt. Es würde hier zu weit gehen, auf dieses umfangreiche Schrifttum näher einzugehen. das ebenso beachtenswert ist wie die englischsprachigen Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Seelsorge.

LeerVon deutschsprachigem Schrifttum sei hier nur mitgeteilt, daß die Zeitschrift „Der Weg zur Seele” (Verlag Vandenhoeck und Ruprecht in Göttingen) seit ihrer Gründung vor fünf Jahren immer wieder in vielen Beiträgen diese Fragen verfolgt und über die Tagungen des Lukasordens laufend berichtet hat. Von den Hauptbeiträgen nennen wir:
  • Die Abgrenzung der Glaubensheilungen gegen die „Christliche Wissenschaft” (in Heft 7, 1952);
  • eine grundsätzliche Arbeit über den Lukasorden und Glaubensheilungen (in Heft 10, 1952)
  • sowie die Hefte der Zeitschrift „Der Weg zum Kranken” (Verlag Vandenhoeck und Ruprecht), die sich seit ihrem Bestehen, seit einem Jahr, mit den Anliegen der Krankenseelsorge und des Lukasordens befaßt.
  • Im Septemberheft 1953 findet sich dort eine Arbeit über „Psychotherapie und Glaubensheilungen” als Beurteilung der Heilungsvorgänge von medizinischer Psychotherapie her, die als Vortrag auf der internationalen Tagung für Glaubensheilungen in Holland gehalten wurde.
LeerWährend zur Lukasgemeinschaft mehrere tausend Mitglieder gehören, umfaßt der Lukasorden nur wenige hundert Glieder in aller Welt, vorwiegend in den angelsächsischen Ländern, darunter führende amerikanische Bischöfe (von Chicago, Pittsburgh, Los Angeles, Erie und West-Texas), sowie Ärzte und Gelehrte. Deutschland ist eines der ganz wenigen Länder, in denen der Orden fast keine Anhänger zählt.

LeerDer Orden hat nichts mit der katholischen „Sankt Lukas-Gilde” zu tun, die die ärztlichen Bestrebungen der katholischen Kirche vertritt; der Lukasorden arbeitet vielmehr auf ökumenischer Grundlage in jeweils möglichst enger Verbindung mit den jeweiligen Kirchen und Konfessionen zusammen. Er erstrebt damit eine auch äußerlich sichtbare deutliche Abgrenzung gegen alle sektiererischen und schwärmerischen Bestrebungen (wie „Christian Science” und manche Pfingstsekten), die in Deutschland der Arbeit einer künftigen Lukasgemeinschaft besondere Aufgaben stellen.

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LeerWährend nämlich im Ausland unbekümmert viele Gruppen als „Healings Missions” (wörtlich „Heilungsmissionen”) unter Anerkennung und Förderung der höchsten kirchlichen und medizinischen Autoritäten auf dem Gebiet der Glaubensheilungen praktisch arbeiten, würden in Deutschland mit seiner besonderen religionsgeschichtlichen Lage und theologischen Tradition schon die Worte „Heilung” und „Handauflegung” zu dem Verdacht kurpfuscherischer Schwärmerei führen, so daß in mehreren Besprechungen die leitenden Brüder des Lukasordens zu dem Entschluß kamen, im deutschen Sprachbereich von einer „Krankenseelsorge durch Wort und Tat” zu sprechen und die Anliegen der Kranken-Seelsorge in den Vordergrund der Arbeit zu stellen.

LeerNach der Überzeugung der Glieder des Lukasordens ist das Herzstück der kirchlichen Arbeit die Seelsorge und das Herzstück der Seelsorge die Krankenseelsorge, da die Kranken für rechten Seelsorgedienst besonders bedürftig und empfänglich sind. Hier ist auch gerade in Deutschland ein weites Feld, auf dem auch arbeitswillige Laien sich im kirchlichen Dienst betätigen können und sollten. Seit einigen Jahren wurde die Mitgliedschaft des Lukasordens auch auf Laien mit besonderer Ausbildung und Berufung in der Krankenseelsorge ausgedehnt.

LeerJe klarer in der Krankenbetreuung der Seelsorger um die Grenzen seiner Aufgaben und Möglichkeiten weiß, um so leichter wird die notwendige Zusammenarbeit mit dem Arzt werden, dessen wissenschaftliche Erfahrung ebenso wie die des Psychotherapeuten und des Psychologen im Sinne einer Arbeitsgemeinschaft gesucht und geachtet wird.

LeerDie Krankenseelsorge sowie jede andere Seelsorge auch hat zwei Grundlagen: die pneumatische und die psychologische. Wer also in der Krankenseelsorge tätig sein will, bedarf eigener, selbsterfahrener Seelsorge, bedarf des täglichen Studiums der Schrift und einer geregelten Fürbitte, durch die die Krankenseelsorger sich untereinander und miteinander ihre Kranken tragen. Die Glieder suchen sich daher in dieser Arbeit untereinander kennen zu lernen und von der Gemeinschaft in Wort und Sakrament her für ihren Dienst zu stärken. Hinzu kommt die psychologische Seite des Dienstes, der es erfordert, daß der Seelsorger, - gleich, ob theologischer Fachmann oder Laie, - nicht länger den Fragen der Seelenkunde, der Psychotherapie und anderer wissenschaftlicher Kunde vom kranken Menschen unwissend gegenüberstehen darf. Dabei braucht der Seelsorger seine psychologischen Kenntnisse nur zum Verstehen, nicht etwa zum Behandeln der Kranken. Seine Tätigkeit ist und bleibt vielmehr rein seelsorgerlich.

LeerSeit jeher hat der Lukasorden versucht, durch geeignetes Fachschrifttum und vor allem durch Rüstzeiten und Konferenzen beiden Anliegen Rechnung zu tragen: der geistlichen Vertiefung und der psychologischen sowie seelsorgerlichen Weiterbildung.

LeerDer Lukasorden läßt sich nicht mit wenigen Worten einer bestehenden und in Deutschland bekannten theologischen Richtung zuordnen. Doch hat er einige deutliche Kennzeichen:
  • Er ist ökumenisch-kirchlich.
  • Er hat Kennzeichen eines glaubensinnigen Pietismus mit der Pflege persönlicher Frömmigkeit und der Betonung des Gebetslebens; doch läßt er dessen Züge gesetzlicher Enge und Weltfremdheit sowie der Geringschätzung der Wissenschaft und der Sakramente vermissen.
  • Er zeigt ordensähnliche Züge, wie sie etwa in Deutschland von der Michaelsbruderschaft vertreten werden; doch wird das Schwergewicht weniger bei den liturgiscben Formen gesehen als in der Wertschätzung und dem häufigen Gebrauch des Sakramentes mit der Betonung, daß die wertvollen geschichtlichen Formen des Gottesdienstes nur Ausdruck, nie aber Ersatz persönlicher Frömmigkeit sein dürfen.
LeerIm September 1953 trafen sich leitende Vertreter des Lukasordens aus aller Welt in Holland und erließen von dort eine Grußbotschaft an ihre Heimatkirchen und an die Kirchen in aller Welt. Darin wird angeknüpft an die Geschichte des Urchristentums und die Heils- und Heilungstaten der großen Heiligengestalten der Kirche. Aus Deutschland wurden die Namen Martin Luther, Johann Christoph Blumhardt, aus der Schweiz Samuel Zeller und Otto Stockmeier, aus England John Wesley und George Fox, in Amerika James More Hickson und John Gayner Banks genannt. Es wird hervorgehoben, in wie starkem Umfang gegenwärtig eine Erweckung durch die Verkündigung der vollen Heilsbotschaft von Jesus Christus für den ganzen Menschen auch die leibliche Genesung zur Folge habe. Der Aufruf schließt mit einer Betonung der Zusammenarbeit von Arzt und Seelsorger entsprechend dem Aufruf der British Medical Association (die oberste Vertretung der Ärzteschaft des britischen Weltreiches), die allen Ärzten die Zusammenarbeit mit diesen kirchlichen Krankenseelsorgebestrebungen empfiehlt. Die Nahziele der Arbeiten des Ordens wurden abschließend wie folgt gekennzeichnet:
  • Der 18. Oktober oder nächstgelegene Sonntag sollte als „Lukastag der Krankenseelsorge” in allen Kirchen und Krankenhäusern mit besonderen Gottesdiensten als Zeichen der fürbittenden Verbundenheit der Gemeinde von Kranken und Gesunden begangen werden (Hebr. 13, 3).
  • Freiwillige Helferkreise zum Besuch- und Fürbittdienst für die Kranken (prayercircle) sollten aufgerufen werden (Matth. 25, 36; Jak. 5, 16).
  • Geistliche, Ärzte und Laien sollten in Rüstzeiten durch geistliche Vertiefung und die Vermittlung der erforderlichen Kenntnisse für die Aufgaben der Krankenseelsorge vorbereitet und mit besonderem kirchlichem Auftrag entsandt werden (Kol. 3, 16; Luk. 10, 1.9).
  • Die Heilsbotschaft des Evangeliums gilt dem ganzen Menschen nach Leib, Seele und Geist. Sie ist weder auf die Vergangenheit des ersten Jahrhunderts beschränkt noch auf die Zukunft der „Auferstehung des Fleisches”. sondern gilt dem Kranken von heute als umfassende Hilfe von dem „Heiland”. der derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit und der sagte: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.
LeerAm 18. Oktober, dem Lukastag, beten die Church of England und amerikanische Kirchen mit der übereinstimmenden Fassung des Common Prayer Book und des American Prayer Book:
„Allmächtiger Gott, der du deinem Knecht Lukas, dem Arzt, deinen Heiligen Geist gegeben hast, daß er das Evangelium der Liebe und der heilenden Kräfte deines Sohnes zur Tat werden lasse, wirke in deiner Kirche die gleiche Kraft und Liebe, daß wir nach Leib und Seele geheilt werden durch denselben deinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn.”

Quatember 1954, S. 101-103

[Der Lukasorden im Internet: www.orderofstluke.org]

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-10-17
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