|
von Horst Schumann |
In der Novembernummer der Herderkorrespondenz wird unter der Überschrift „Die Eucharistie im reformierten Kloster Taizé” mit einigem Erstaunen und mit einem Seitenblick auf die Michaelsbruderschaft über zwei theologische Äußerungen zum Sakrament berichtet, die aus dieser Gemeinschaft hervorgegangen sind: Eine Studie - Le sacrifice eucharistique selon les theologiens réformés francais du XVIIe siècle von Pierre-Yves Emery (Verbum Caro, Heft 5l) -, die den Nachweis erbringe, daß die heutige reformierte Theologie viel von den liturgischen Erkenntnissen verloren habe, die es damals über den Opfercharakter der Eucharistie noch gegeben hätte, und eine ausführliche Sakramentstheologie - L'Eucharistie. Mémorial du Seigneur. Sacrifice de grace et d'intercession von Max Thurian (Delachaux et Niestle, Neufchatel 1959) -, über die zu berichten sich wohl lohnen würde. Nun liegt die Meßagende von Taize selbst vor, in Großformat, sehr schön, schwarz-rot gedruckt: „Eucharistie à Taizé”, (Verlag Les Presses de Taizé, 8 sfrs), eine Agende, deren Studium aufschlußreich und hocherfreulich ist. Es bestätigt sich dabei, was die Herder-Korrespondenz von Thurians Buch berichtet, daß hier sehr realistisch vom Sakrament gelehrt wird und offenbar ein sehr beachtlicher Mittelweg zwischen römisch-katholischer und landläufig protestantischer Sakramentsauffassung beschritten worden ist. Diese Liturgie ist katholisch im Ursinne dieses Wortes. Man spürt in jedem Satze den weiten Raum der durch alle Zeiten hindurch lebenden Kirche, in dem die betende Gemeinde sich bewegt, besonders im sogenannten Memento und in den Fürbitten, wie auch in den wundervollen Präfationen. Es fällt auf, daß ernsthaft und deutlich vom Opfer der Gemeinde geredet, aber doch meist unterschieden wird zwischen dieser offrande und dem einen, einmaligen Opfer Christi (sacrifice). Und es ist schließlich wohltuend zu beobachten, wie hier unser oft ausgesprochener Wunsch erfüllt ist, daß der zweite Glaubensartikel nicht isoliert werden darf. Das Gedächtnis des Christusopfers wird begangen in der Anrede an den Vater; zugleich aber ist die Liturgie immer wieder durchzogen von der Bitte: „Komm Heiliger Geist!” Die Messe beginnt mit dem Eingangspsalm „Im Namen des Vaters . . .” und mit dem Sündenbekenntnis, wo an Stelle der Aufzählung der Heiligen in der Römischen Messe sehr schön von der communion des saints du ciel et de la terre gesprochen wird. Weniger überzeugend ist die Übersetzung von „mea culpa” mit „c'est ma faute” und die Verbindung des Kyrie und Gloria mit eben diesem Bekenntnis und der Lossprechung. Das erinnert schmerzlich an die von uns bekämpfte Verkoppelung dieser Stücke mit dem Sündenbekenntnis und Gnadenspruch. Auf das Gloria folgen Gruß, Kollekte und drei Lesungen mit sehr schönen und sinnvollen Einleitungsformeln, eine Lesung aus dem Alten Testament, die Epistel und das Evangelium. Danach - von den einzufügenden Gesängen abgesehen - Predigt und Credo. Hinter dem Credo steht ein großes, aber ausgezeichnet aufgegliedertes Fürbittengebet („Intercession”), in dem der Kirche, der Lebenden, der Heiligen, der Entschlafenen, der Sünder, der Einheit, des Reiches („Royaume”) gedacht wird. Das Gedächtnis des Festgeheimnisses und freie Fürbitten werden an bestimmter Stelle eingefügt. Die Fürbitten werden Gott „dargeboten” (nous te les offrons). Es wird der Gottesmutter, Johannes des Täufers und der Apostel namentlich gedacht, das Mémoire du Royaume lautet: „Komm, Heiliger Geist der Liebe (charité), erfülle die Herzen Deiner Gläubigen und entzünde sie mit dem Feuer Deiner Liebe (amour). Komm, Herr Jesu, komm bald. Maranatha - der Herr kommt.” Nach einem Opferlied und einem ganz kurzen Darbringungsgebet (offrande) folgt eine der 2l Präfationen, die kunstvoll und schön, und, soviel ich sehe, durchaus ursprünglich sind, darunter außer den Festpräfationen solche für die Kirche, das Reich, die Einheit, Christkönig, Maria, ferner für die einzelnen Apostel und die Heiligen- und Märtyrertage. Nun eilt die Messe verhältnismäßig rasch dem Ende zu: Vaterunser, Brotbrechen („Das Brot, das wir brechen . . . Ein Brot ist's so sind wir viele ein Leib . . ”), Agnus Dei, Friedensgruß und Kommunion. Der Friedensgruß wird eingeleitet durch die Berufung auf das Wort „Den Frieden lasse ich euch, Meinen Frieden gebe ich euch . . .” und enthält eine Bitte um Einheit der Kirche. Vor der Kommunion steht das „Sancta sanctis”, das sich in der französischen Form etwas seltsam ausnimmt: „Les choses saintes sont pour les saints”. Die Kommunion des Celebranten wird von denselben, aus der römischen Ordnung stammenden Gebetsworten begleitet, wie in der Deutschen Messe. Auf die Kommunion folgt ein kurzes Dankgebet und der Segen. Neben der hier geschilderten Ordnung für Sonn- und Festtage steht noch eine Werktagsform der Eucharistie, in der Kyrie, Gloria, eine Lesung, Predigt und Credo wegfallen. Wenn ich noch hinzufüge, daß das große Fürbittengebet durch eine Kyrie-Litanei oder durch ein anders geformtes „Memento” ersetzt werden kann, die beide mit der Bitte um den Heiligen Geist und dem Maranatha enden, so habe ich das Wesentliche aus der 64 Seiten umfassenden Agende wiedergegeben. Sie ist es sicher wert, daß man sie sich anschafft und der theologischen Bedeutung dessen nachspürt, was hier feiernd und anbetend vor Gott ausgesprochen wird. Quatember 1960, S. 80-81 |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 16-01-09 Haftungsausschluss |