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Ohne Marienlieder
von Gertrud Senkel

LeerAlbert Brandenburg überrascht in dem Artikel „Ohne Marienlieder?” durch die Zwiespältigkeit seiner Logik.

LeerBei seinem Vorschlag, auf katholisches Liedgut, die „Marienlieder”, zurückzugreifen, stützt er sich auf die Tatsache der vor 40 Jahren erfolgten Übernahme protestantischer Lieder in das Büchlein „Gemeinsame Kirchenlieder”. Diese Liedauswahl sei von der Kirche und Gemeinde (röm.-kath.) „rezipiert”, also aufgenommen worden. Er ermutigt nunmehr „zum Zugriff der Ökumene auf alte Werte aus dem Katholischen”.

LeerHierbei macht er zunächst noch einen Unterschied in bezug auf den Inhalt solcher Lieder, die mit der lutherischen Heilsverkündigung übereinstimmen. So schlägt er das „Stabat mater dolorosa” (Christi Mutter stand mit Schmerzen) für den evangelischen Gottesdienst vor. Er wählt vorsichtigerweise nur solche Lieder aus, die die Gottesmutterschaft Marias oder die „schmerzhafte Mutter unter dem Kreuz” betonen. Andere Marienlieder, welche die „Himmelskönigin” als „Vermittlerin aller Gnaden” preisen („Spender” der Gnaden ist der Hl. Geist - so die römische Dogmatik), überläßt er ihrem katholisch-ideologischen Bereich, wohl wissend, daß diese Lieder bei Protestanten „nicht ankommen” würden. So schreibt er weiter: „Die Marienverehrung, so wie sie im Konzil inauguriert ist, kann nicht mehr ein ernstzunehmendes Streitobjekt sein”. Diese Behauptung ist aber relativ, ausgehend von dem jeweiligen Blickpunkt, unter dem man sie betrachtet.

LeerNunmehr geht aber die Kühnheit seiner Wünsche weiter, unter Außerachtlassung der bei den „Liedern” noch eingehaltenen Zurückhaltung:

LeerSo will er Lieder, „die die Jungfrauengeburt bekennen”, in die neuen Liedreihen aufnehmen. Die „Jungfrauengeburt” aber wird von einem großen Teil der heutigen evangelischen Theologen ad absurdum geführt durch die Erklärung, statt „Jungfrau” müsse es eigentlich „Junge Frau” heißen. So erfolgt zwar die Geburt „ex Maria”, aber die göttliche Schöpferkraft kann Gott auch auf Menschen übertragen und somit die Zeugung von diesen ausgehen lassen.

LeerNunmehr versteigen sich die Wünsche des Autors sogar zur „Aufnahme des römischen Meßformulars” und der römisch-katholischen Totenmesse („Requiem”) in das neue Liederbuch. Wenn das Hl. Meßopfer in seiner Darbietung ein Gedächtnis an den göttlichen Opfertod auf Golgatha ist, wenn im „Offertorium” neben rauchenden und schwingenden Weihrauchfässern gebetet wird, „de ore leonis libera eas - vorm Rachen des Löwen (Fürsten der Unterwelt) bewahre sie”, so trägt die Opferhandlung in der Wandlung die Krone der Versöhnung und des Erlöstseins der Menschheit in Gott, umsäumt von der Fürbitte der Gottesmutter und der Fürsprache der Heiligen, auf den Altar, von dem in der Communio den Gläubigen das „Brot des Lebens” gespendet wird. Hier nun wird ihm der Protestant nicht ganz folgen können oder auch wollen.

LeerEin „zugebrachtes Einbringsel” in Form der Messen in das neue Liederbuch wäre aber kein Gewinn, wenn das eingebrachte Glaubensgut beim Lesen überschlagen würde, sehr zum Leidwesen des ökumenischen Nachbarn, mit dem wir uns ja gerade in Christus vereinigen sollten.

Quatember 1974, S. 247-248

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-12-12
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