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„Apostolischer Glaube heute”
von Hans Mayr

Leer„Als wir vor 23 Jahren anfingen, hier auf dem Kirchberg ökumenische Gesprache zu halten, war der Name ‚Kirchberger Gespräch’ noch nicht erfunden.” So erzählte Reinhard Mumm in seinem Grußwort als Ältester der EMB zur Eröffnung des 14. Kirchberger Gesprächs. Damals, kurz vor dem II. Vatikanischen Konzil, waren es neun Manner: Fünf Michaelsbruder und vier römisch-katholische Theologen. Die fünfzig Teilnehmer des 14. Kirchberger Gesprächs vom 7. - 11. März 1984 vertraten 12 Länder (Schweiz, Griechenland, Österreich, USA, Schweden, England, Finnland, Norwegen, Holland, Frankreich, die Bundesrepublik und die Deutsche Demokratische Republik) und alle christlichen Konfessionen bzw. Denominationen: Orthodoxie, Römische und Alt-Katholische Kirche, Anglikaner, Lutheraner, Reformierte, Unierte, Methodisten, Baptisten und die Heilsarmee. Auch einige Frauen und Nicht-Theologen waren dabei. Allein die Begegnungen und Gespräche, die so möglich wurden, hatten die Zusammenkunft gelohnt.

LeerDas Programm der Tage stand sozusagen auf zwei Beinen: Theologische Vorlesung mit Aussprache und gottesdienstliche Gemeinschaft.

LeerLukas Vischer, Berater der Helvetischen Konvente, hatte dem ökumenischen und theologischen Arbeitskreis bei der Sitzung in Kappel am Albis (s. Quatember Jg. 47/ 1983, S. 106-108) geraten, sich der Studie des Ökumenischen Rates, „Apostolischer Glaube heute”, zuzuwenden. Nachdem er zusagen konnte, selbst die einleitenden Referate zu halten, fanden sich auch die weiteren Referenten: Der Katholik Winfried Gruber und der Orthodoxe Grigor Larentzakis, beide aus Graz; der Anglikaner Ernest Gordon aus England; dann die Michaelsbrüder Alexander Völker, Heino Gaese und Horst Schulze; schließlich Per Lönning vom norwegischen Ordo Crucis, zur Zeit Professor am Ökumenischen Institut in Straßburg. Unverhofft kam noch Hans Georg Link dazu, der z. Zt. bei „Glaube und Kirchenverfassung” in Genf an der Studie arbeitet und über die aktuellen Planungen berichten konnte. Was die Vorlesungen und die Diskussion (in der Albrecht Peters besondere Akzente setzte) erbrachten, hat Heino Gaese kurz zusammengefaßt (siehe S. 145).

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LeerWeniger leicht in Worte zu fassen ist die Erfahrung der gottesdienstlichen Gemeinschaft. In ihr kam die ökumenische Spiritualität der Bruderschaften, Orden und Kommunitäten am deutlichsten zum Ausdruck, von der das Gespräch getragen war. Fur die Stundengebete und die Feiern der Eucharistie hatte Reinhard Brandhorst eine Ordnung der Lesungen, Gebete und Gesänge ausgearbeitet, die sowohl der Kirchenjahreszeit (zwischen Aschermittwoch und Sonntag Invocavit) in den verschiedenen konfessionellen Traditionen als auch dem gemeinsamen Thema der Tagung Rechnung trug. Die Eucharistiefeiern wurden gehalten nach bruderschaftlicher Ordnung (unter lutherisch-reformierter Leitung, mit Predigt von Ludolf Müller), in anglikanisch-altkatholischer Konzelebration (mit Predigt von Daniel Conklin), nach katholischer Ordnung (mit Predigt von Pater Beda Müller OSB, Neresheim), am Sonntag schließlich in festlicher Form nach der Ordnung von Lima 1982 (unter evangelisch-anglikanischer Leitung, mit Predigt von Pater Gerhard Voss OSB, Niederaltaich). Jedesmal war eucharistische Gastfreundschaft angeboten, ohne daß sich jemand zur Kommunion genötigt fühlen mußte: „Wie der Glaube keinen Zwang verträgt, so auch der Gottesdienst. Nur wo das Herz frei ist, können wir frei und unbeschwert handeln”, hatte Reinhard Mumm in seinem Grußwort gesagt. Und im Schlußwort konnte er feststellen: „Wir sind einander so nahe gekommen in der Gestalt der Gottesdienste, daß wir ein Stück der una sancta catholica et apostolica ecclesia bereits erleben”.

LeerAls gottesdienstlicher Höhepunkt war auch das Abendgebet zu erleben, das als ökumenischer „Hesperinos” mit vielen orthodoxen Stücken gestaltet war. Um zu sehen, welchen „sichtbaren Ausdruck” der Glaube annimmt, war am Freitag nachmittag eine Ausfahrt zu kirchlichen Stätten in der Umgebung des Klosters Kirchberg unternommen worden: Zur Domkirche der Diözese Rottenburg und zur evangelischen Diakonieschwesternschaft Herrenberg, einer hohen gotischen Hallenkirche, am Abhang des Berges gelegen, stets vom Einsturz bedroht, weil der Untergrund sich bewegt, jetzt wieder einmal baulich gesichert und renoviert, von Dekan Glasche eindrücklich erläutert. Die Kirche steigt vom Schiff zum Chor in mehreren Stufen an und lädt zur Prozession ein. So zog die Versammlung hinauf, nahm im Chorgestühl Platz, sang Friedens- und Bittlitanei: „Gewähre, o Herr!”. Die griechischen Freunde sangen in ihrer Sprache das „Phos hilaron”, und alle wiederholten es in deutscher Ubersetzung: „Heiteres Licht heiliger Herrlichkeit”.

LeerSo geschah wieder ein kleiner Schritt in der ökumenischen Bewegung. Bestärkt wurde, nocheinmal mit Reinhard Mumms Worten gesagt, die „Erfahrung, daß Gottes Geist am Werk ist und das Ziel hell leuchtet, dem wir entgegen gehen”

. Quatember 1984, S. 167-169

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-09-08
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