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Hört Gott alle Gebete?
von Hans Baritsch

Leer... Mein prinzipieller Einwand gegenüber dem Artikel „Gott hört alle Gebete” (Heft 3, 51. Jg./ 1987) geht von der Frage aus: Wer oder was ist im Zusammenhang des Artikels mit Gott gemeint, von dem es heißt, daß er alle Gebete erhöre. Ist das wirklich unser dreieiniger Christengott, den Christen seit eben dem Pfingstereignis, und dann voll ausformuliert seit dem Konzil von Nicäa bekannt haben, der, den Gott der Vater uns durch den Heiligen Geist in Seinem Sohn, unserem Herren Jesus Christus geoffenbart hat? Oder ist so etwas gemeint, daß über und jenseits alle „Götter” steht, heißen diese nun Allah, Shiva oder Demeter, ein Gott der Philosophen gleichsam, Erfindung menschlichen Denkens?

LeerWäre letzteres der Fall, dann wären wir bei einem Aufklärungs-Rationalismus ä la Lessing gelandet, schön friedensfördernd, da völlig unkontrovers (oder unverbindlich - das käme hier auf das gleiche heraus). Doch wäre in dem Fall die Aussage, daß Gott alle Gebete erhöre, redundant, da schon in der denknotwendigen Allwissenheit des Gottes der Philosophen implizit.

LeerIst aber der trinitarische Gott der Christen gemeint, nun, so gälten auch Matthäus 10,34 und 12,30: „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.” Der dieses sagt, ist DER, der uns zu beten gelehrt hat: „Geheiliget werde dein Name”, ist DER, von dem Paulus sagt: „Gott hat ihm den Namen gegeben, der über allen Namen ist” (Philipper 2,9). Weil sich das so verhält, geht es, wo immer Christengottesdienst ist, wo wir uns um Wort und Sakrament versammeln, immer auch darum, daß sein NAME geheiligt werde - der Name des dreieinigen Herren: als der Name dessen, der so sehr die Welt geliebt hat, daß Er ihr Seinen eingeborenen Sohn gab. Würde man das näher ausführen, so käme man zu einer Theologie des Namens.

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LeerDarauf kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, nur so viel: Name ist nicht lediglich Schall und Rauch, ist nicht eine Art von Etikett (mit dem dann auch Etikettenschwindel getrieben werden könnte), ist nicht etwas Beliebiges und letztlich Gleichgültiges. Die christlichen Denker der Scholastik und ihre Vorgänger haben das gewußt, arabische Muslim wissen das heute noch. Nein, der Name unseres Herren soll geheiligt werden. Damit ist eine Beliebigkeit ausgeschlossen: Man kann eben nicht, wie ich glaube, so zu unserem Herren Jesus Christus beten, daß es anstatt Christus” auch „Allah” heißen könnte. Das heiligende Bekenntnis zu ihrem Herren Jesus Christus impliziert einen Gegensatz zu anderen, entweder menschengedachten oder usurpatorischen Göttern, das haben Christen je gewußt. Und dieses Bekenntnis konstituiert eine nun fast 2000jährige Geschichte der Christenheit.

LeerIch gebe zu, daß es in der proklamierten neuen Weltzeit des „Aquarius” eine gewisse Tendenz dahingehend gibt, daß es auf den Namen nicht ankomme. Doch was dabei herauskommt, ist ein gefühliger Synkretismus, dem es schließlich gleichgültig wird, welcher denn nun der Name des Herren sei. Nach meinen Erfahrungen wird solcher Synkretismus aber zumal in den Ländern des Islam durchaus nicht praktiziert - als Beispiel sei hier nur auf das verwiesen, was sich im Sudan abspielt. Und kein Muslim käme auf den Gedanken, den Namen Allahs dadurch klein zu machen, daß er an Gebeten zu einem Gott teilnimmt, der über oder hinter Allah stände - es sei denn, zum Zwecke der Proselytenmacherei sollten wesentliche Unterschiede verwischt werden.

LeerHört Gott alle Gebete? Unser dreieiniger Gott? Es ist nicht an uns, darauf eine Antwort zu geben, denn „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken” (Jesaja 55,8) - doch wie immer dem sei: uns ist gesagt, an welchen Namen und in wessen Namen wir unsere Gebete zu richten haben.

LeerMir will scheinen, daß die Evangelische Michaelsbruderschaft von ihren Anfängen her eine Gemeinschaft von Menschen ist, die sich unzweideutig, und unter Umständen auch gegen modische Zeitströmungen, zu ihrem Herren Jesus Christus bekannt hat. Ich kann nicht umhin, mich zu fragen, ob dieses Bekenntnis noch gegeben sei, wenn gefragt wird: „Wer steht mir näher, ein Christ, der nicht betet, oder ein Nicht-Christ, der betet?”, und zwar auf eine solche Weise, daß insinuiert wird, es sei der betende Nicht-Christ. Ich stehe nicht an zu sagen: Mir steht der Christ näher, auch dann, wenn er nicht betet. Denn er steht mir ja nicht nahe wegen dessen, was er tut oder nicht tut. Er steht mir nahe, wegen dessen, was ER, Jesus Christus, an ihm getan hat. Er ist getauft, wie auch ich, Christus hat an ihm gehandelt, wie an mir. Er ist mein Bruder in Christo.

Quatember 1988, S. 107-108

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-14
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